"This Place“: Internationale Fotografen zeigen ihr Bild von Israel
Zwölf Fotokünstler waren zu dem Langzeit-Projekt eingeladen. Das Ziel: Israel aus sehr persönlichem Blickwinkel mit der Kamera zu erkunden. Jetzt sind die Foto- und Videoarbeiten im Berliner Jüdischen Museum zu sehen.
Wendy Ewald, At Home (photograph by Amal/2013)
Seit über vier Jahrzehnten arbeitet die US-amerikanische Fotografin Wendy Ewald mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Sie nimmt sich Zeit, um mit ihren Protagonisten ins Gespräch zu kommen und hört sich ihre Träume und Geschichten an. Dann gibt sie ihnen die Kamera in die Hand, damit sie ihre eigenen Aufnahmen machen können. Später stellt sie diese Fotos zu künstlerischen Tableaus zusammen.
Frédéric Brenner, Palace Hotel (2009)
Eine Riesenbaustelle mitten in Jerusalem: das frühere "Palace Hotel" - ehemals das Luxushotel der arabisch-libanesischen Welt wurde von einem Investor völlig entkernt. Der Fotograf Frédéric Brenner kam zufällig vorbei und hielt die Bauarbeiten mit der Kamera fest. Übrig blieb damals nur die leere Hülle der Fassade. Heute ziert sie das berühmte jüdische Fünf-Sterne-Hotel "Waldorf-Astoria".
Nick Waplington, ohne Titel
Der britische Fotograf Nick Waplington vertrat sein Land 2011 auf der Biennale von Venedig. Für das Projekt "This Place" beschäftigte er sich intensiv mit den israelischen Siedlern. In den besetzten Gebieten im Westjordanland bauen sie neue Häuser und Wohnungen und leben dort in strenggläubigen Communities. "Ich wollte wissen, warum diese Menschen dort sind und über Stereotype hinausgehen."
Martin Kollar, Field Trip/ Israel (2009-2011)
Kollar verbrachte das Jahr 2010 in Israel und reiste dort viel herum. Er erkundete mit der Kamera, wie und wo sich die andauernde subtile Präsenz der Kriegs- und Konfliktsituationen zwischen Israelis und Palästinensern im Alltag niederschlägt. Oft fand er seltsame Anordnungen, eigenartige Stilleben von Belagerungen und Sperren. Es obliegt der Fantasie des Betrachters, sie mit Bedeutung zu füllen.
Gilles Peress, Contact Sheet/Palestian Jerusalem (2013)
Peress, 1946 in Frankreich geboren, hat sich mit seinen Fotoarbeiten auf Ost-Jerusalem konzentriert. Er durchstreifte zu unterschiedlichen Tageszeiten die Siedlung Silwan, die hauptsächlich von Palästinensern bewohnt wird. Er machte Aufnahmen von Checkpoints, Zäunen, Mauern, von grenznahen Landschaften und Geschäftsstraßen. Und ordnete die Momentaufnahmen wie vergrößerte Kontaktbögen an.
Josef Koudelka, Route 60/Beit Jala, Bethlehem (2009)
Josef Koudelka, Jg. 1938, begann in den 1950er Jahren in der Tschechoslowakei zu fotografieren. Später arbeitete er für die berühmte Agentur "Magnum" in Paris. Den ausgebildeten Luftfahrtingenieur faszinieren bis heute Luftaufnahmen: malerische Landschaftsportraits, aufgenommen von einem erhöhten Standpunkt. Dieses Foto zeigt eine Aufnahme von Bethlehem von oben.
Rosalind Fox Solomon, Jerusalem (2011)
Solomon ist die Älteste unter den Künstlern dieses ambitionierten Projektes. 1930 in Illinois/USA geboren hat sie viel in Indien, Peru und auch im Süden der USA gearbeitet und dort fotografiert. Fünf Monate blieb Solomon 2010/11 in Israel, fuhr in Bussen über Land, fotografierte Pilger, Touristen, Flüchtlinge. Ihre Arbeiten zeigen Momente der Freude aber auch tiefer Traurigkeit.
Stephen Shore, St. Sabas Monestary, Judean Desert (2009)
Archaisch wie aus der Bibel wirkt diese Farbfotografie des New Yorker Stephen Shore (Jg. 1947). "Was mir in Israel und im Westjordanland auffiel, war ein verrücktes Netz an Energien, etwas ganz Eigenes, was dort vor sich ging", sagt er im Interview. Das griechisch-orthodoxe St. Sabas, im Jahr 483 in der Nähe von Bethlehem gegründet, ist das älteste Kloster Palästinas - und bis heute bewohnt.
Fazal Sheik, From the Desert (2011)
Der afghanisch-deutsche Fotograf Fazal Sheik (*1965 in New York) spürte in zahllosen Überland-Flügen über die israelische Negev-Wüste die Überreste verlassener Beduinen-Siedlungen auf. Er fotografierte die Überbleibsel der systematischen Vertreibung durch den israelischen Staat, die sich in den Wüstensand eingegraben haben. Seine Arbeit widmet er den Heimatvertriebenen dieser Welt.
Spektakulärer Museumsbau
Das jüdische Museum Berlin bekam durch den Anbau des US-amerikanischen Architekten Daniel Liebeskind eine völlig neue Anmutung. Die Dauerausstellung, die gerade neu konzipiert und überarbeitet wird, widmet sich jüdischen Leben früher und heute. Das Fotoprojekt "This Place", das schon in Tel Aviv, Prag und New York zu sehen war, ist noch bis zum 20. Januar 2020 im Jüdischen Museum zu Gast.