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Tianjin: Wut ersetzt Angst und Schrecken

17. August 2015

Die Bewohner der chinesischen Hafenstadt begehren auf: Sie verlangen Entschädigung und beschweren sich über die Ungleichbehandlung von Rettungskräfte. Die Bedrohung Tianjins hält an.

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Wütender Protest von Bewohnern von Tianjin die Schadenersatz für ihre zerstörten Häuser und Wohnungen verlangen (Foto: Reuters/Kim Kyung-Hoon)
Bild: Reuters/Kim Kyung-Hoon

Rund 200 Bewohner von Tianjin haben vom chinesischen Staat Entschädigungen für ihre bei dem Explosionsunglück zerstörten Wohnungen und Häuser gefordert. "Wir Opfer verlangen: Regierung, kauf' unsere Häuser zurück" war auf einem der Transparente zu lesen. Die Protestveranstaltung fand in der Nähe des Hotels in Tianjin statt, wo Behördenvertreter ihre täglichen Pressekonferenzen zum Stand der Ermittlungen abhalten. Auf anderen Schildern forderten die Demonstranten, Chinas Kindern "eine saubere Zukunft" zu garantieren. Nach den Explosionen mussten etwa 6300 Menschen der 15-Millionen-Metropole ihre Wohnungen und Häuser räumen.

Weiter Brände im Katastrophengebiet

Auch fünf Tage nach den verheerenden Explosionen in dem schwer zerstörten Industriegebiet gibt es dort weiter Brände. Nach einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua ereignete sich am Montag eine kleine Detonation. Kurz darauf waren Flammen zu sehen.

Derzeit sind die Rettungskräfte damit beschäftigt, rund 700 Tonnen der giftigen Chemikalie Natriumcyanid wegzuschaffen. Bis Montagabend soll die Arbeit weitgehend abgeschlossen sein, sagte Vizebürgermeister Hu Shushan. Die Behälter seien bei den Explosionen bis an den Rand des Unglückgebietes geschleudert worden. Die Fläche mit Trümmern sei 100.000 Quadratmeter groß.

Neue Gefahr durch Regenfälle

Die Aufräumarbeiten in dem Labyrinth von Containern des Hafengeländes werden insgesamt als "sehr kompliziert und schwierig" beschrieben. Mehr als 3000 Helfer sind nach Militärangaben im Einsatz. Neue Gefahr droht durch Regen, der für Montagabend und Dienstag angekündigt ist, da die Chemikalien zum Teil heftig auf Wasser reagieren und giftige Stoffe in einen nahe gelegenen Fluss gelangen könnten. Direkt an der Unglücksstelle wurden Dämme aus Sand und Erde errichtet, um im Falle von Regen einen Abfluss vergifteten Wassers zu verhindern, so Vizebürgermeister Hu weiter. An drei von 27 Messstationen im Wasser wurden bereits übermäßige Cyanid-Werte gemessen, die zum Teil das 24-fache des erlaubten Wertes überschritten, berichtete Xinhua.

Apokalyptische Zustände in Tianjin (Foto: Reuters)
Die Katastrophe von Tianjin - sie hat die chinesische Hafenstadt in einen fast apokalyptischen Zustand versetztBild: Reuters

Bei dem Unglück kamen bisher mindestens 114 Menschen ums Leben, 70 Menschen werden noch vermisst. In Krankenhäusern werden rund 700 Verletzte behandelt. Darunter sind 57 Schwerverletzte.

Premier Li sucht den Ausgleich

Bei einem Besuch am Unglücksort erwies Ministerpräsident Li Keqiang den getöteten Feuerwehrleuten mit einer Schweigeminute seinen Respekt und beschrieb sie als Helden. Nach Klagen empörter Familien über die Ungleichbehandlung der frei vom Hafenbetreiber angeworbenen Brandbekämpfer und der offiziellen Feuerwehrleute, die in China zum Militär gehören, betonte der Premier, alle hätte die gleiche Ehre verdient. Auch werde den Angehörigen die gleiche Entschädigung gezahlt. Anfangs waren die vermissten freien Löschkräfte nicht einmal mitgezählt worden, was Proteste auslöste.

Nach einer teils chaotischen Informationspolitik, die wenig zur Beruhigung der Bevölkerung beigetragen hat, forderte Li Keqiang, die Öffentlichkeit schnell zu unterrichten, damit sie sich ein klares Bild von der Lage machen könne, wie die Staatsagentur schrieb. Der Premier mahnte, dass die Ursache der Katastrophe eingehend untersucht und die Verantwortlichen streng bestraft werden müssten. Ein Ermittlungsteam des Staatsrates sowie die Generalstaatsanwaltschaft haben Untersuchungen eingeleitet. Landesweit wurden Inspektionen im Umgang mit gefährlichen Chemikalien und Explosivstoffen angeordnet.

sti/uh (afp, ap, dpa)