Tiefe Trauer nach Tod von Wolfgang Schäuble
27. Dezember 2023Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den verstorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble als "herausragenden Staatsmann" und "Glücksfall für die deutsche Geschichte". "Mit Wolfgang Schäuble haben wir einen großartigen Menschen und leidenschaftlichen Politiker verloren, der Historisches für unser Land erreicht hat", schrieb Steinmeier in einem Kondolenzschreiben an die Witwe Ingeborg Schäuble.
Für die Einheit Deutschlands und Europas
"Wolfgang Schäuble wirkte maßgeblich an der Wiedervereinigung Deutschlands mit. Sein Engagement und seine Weitsicht bei der Ausarbeitung der Staatsverträge haben dazu geführt, dass die Deutsche Einheit vollendet werden konnte", schrieb Steinmeier weiter. Für Schäuble hätten die Einheit Deutschlands und die Einheit Europas immer zusammengehört.
Schäuble habe Deutschland "mehr als ein halbes Jahrhundert geprägt: als Abgeordneter, Minister und Bundestagspräsident", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Plattform X (vormals Twitter). "Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten."
Seine Verdienste wurden parteiübergreifend von Vertretern aus CDU, CSU, SPD, FDP, den Grünen und der Linken hervorgehoben.
Ein "politischer Lehrmeister"
Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Wolfgang Schäuble als überragende Persönlichkeit und Vorbild. "Ich trauere um einen Politiker, der unser Land in vielfältiger Weise geprägt hat", schrieb Merkel. Schäuble habe zu den "Architekten der Deutschen Einheit" gehört, sei Vordenker der deutsch-französischen Freundschaft und leidenschaftlicher Europäer gewesen. "Als junge Ministerin war Wolfgang Schäuble mir politischer Lehrmeister", ergänzte Merkel, die ebenso wie der promovierte Jurist in den 1990er Jahren der Regierung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) angehörte.
Als Innenminister und Finanzminister sei Schäuble wiederum "Anker" ihrer eigenen Kabinette gewesen, erklärte Merkel. "Gespräche mit ihm waren für mich immer eine intellektuelle Bereicherung", ergänzte die frühere Bundeskanzlerin. Sie habe seine Disziplin bewundert, "auch sich selbst gegenüber, die er trotz und mit seiner Querschnittlähmung nach einem Attentat aufbrachte". "Er wurde damit Millionen Menschen ein Vorbild", erklärte Merkel.
Ein "Freund Frankreichs"
Der französische Präsident Emmanuel Macron bezeichnete den gebürtigen Badener als "Freund Frankreichs". Er habe "zur deutschen Wiedervereinigung, zum Aufbau des Euro und zur europäischen Einheit beigetragen", schrieb Macron im Onlinedienst X. "Wolfgang Schäuble war ein Freund Frankreichs." Als solcher habe er die Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland gefestigt. "Mein Beileid für seine Angehörigen und das deutsche Volk", so Macron.
Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), betonte, Schäuble sei einer der einflussreichsten Politiker seiner Generation in Europa gewesen. Sie selbst habe persönlich sein Engagement für Europa, seinen intellektuellen Scharfsinn und seine staatsmännische Haltung erlebt, schrieb sie auf X.
"Von christlichen Idealen geprägt"
Die katholische Kirche bezeichnete Wolfgang Schäuble als "engagierten evangelischen Christen mit einer großen ökumenischen Gesinnung". Überzeugungen und Werte, die von christlichen Idealen geprägt waren, hätten seine gesamte Politik bestimmt, sagte der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten.
Der ehemalige Bundestagspräsident habe der katholischen Kirche stets viel Wertschätzung entgegengebracht, so Jüsten. Davon zeugten sein Besuch beim damaligen Papst Benedikt XVI., seine regelmäßigen Kontakte mit Bischöfen sowie seine Teilnahme an vielen Katholikentagen.
Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat den verstorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble als "durch und durch integren Politiker" gewürdigt. "Sein Mut und seine klaren Worte, seine Gelassenheit im Umgang mit den Überzeugungen anderer haben mich tief beeindruckt", erklärte die Hamburger Bischöfin. Mit ihm sei "eine Ära zu Ende gegangen, nichts weniger".
Der Zentralrat der Juden in Deutschland würdigte Schäuble als "engen Freund der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland". Das Internationale Auschwitz-Komitee hob Schäubles Engagement für den Erhalt der Gedenkstätte sowie für die Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrationslager hervor.
Schäuble war am Dienstag im Alter von 81 Jahren gestorben. Von 1972 bis 2023 war er 51 Jahre lang ununterbrochen Bundestagsmitglied und bei seinem Tod der dienstälteste Abgeordnete. In den Regierungen von Helmut Kohl und Angela Merkel gehörte er mehrmals dem Kabinett an, unter anderem als Chef des Kanzleramtes, als Finanz- sowie Innenminister.
haz/fab (dpa, epd, kna)