Todesfall nach Corona-Reinfektion?
21. Januar 2021In Deutschland ist womöglich zum ersten Mal ein Mensch nach einer wiederholten Corona-Infektion gestorben. Eine Sprecherin des Robert-Koch-Instituts (RKI) sagte, sie halte die Einschätzung für "plausibel", wonach aus Baden-Württemberg der deutschlandweit erste Todesfall nach einer Reinfektion gemeldet wurde.
Weltweit seien solche Fälle äußerst selten. Dem RKI seien verschiedene Fälle mit einer neuen Infektion nach überstandener erster Corona-Infektion übermittelt worden, die derzeit untersucht würden. Ob darunter auch Todesfälle seien, lasse sich derzeit nicht sagen.
"Sepsis mit Mulitorganversagen"
Nach einem Bericht des Rechercheverbunds aus NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" hatte sich der aus dem Landkreis Freudenstadt stammende Patient im April erstmals mit Corona infiziert. Im Dezember habe sich der 73-Jährige, der auch an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litt, erneut angesteckt. Er sei vor eineinhalb Wochen an einer COVID-19-Lungenentzündung und einer "Sepsis mit Multiorganversagen" gestorben, schreibt der Rechercheverbund unter Berufung auf das Regierungspräsidium Stuttgart.
Die stellvertretende Leiterin der Infektionsüberwachung beim Landesgesundheitsamt, Christine Wagner-Wiening, sagte, da der Mann eine lange symptomfreie Phase gehabt habe und nun auch seine Ehefrau infiziert sei, gebe es "starke Kriterien" für eine tatsächliche Reinfektion. Ob sich der Patient beim mutmaßlich zweiten Mal mit dem gleichen Virus oder einer Variante infiziert habe, könne man nicht ermitteln. Die Probe der Erstinfektion vom April liegt laut Gesundheitsamt nicht mehr vor.
Kontakt zu Mutation B.1.1.7?
Im Landkreis Freudenstadt war die zuvor in Großbritannien entdeckte Virusmutation B.1.1.7 erstmals in Deutschland aufgetaucht. Das Landesgesundheitsamt sieht nach eigenen Angaben bislang "keinen epidemiologischen Hinweis" darauf, dass der Verstorbene mit dieser Mutation in Kontakt kam. Eine genaue Virusanalyse sei deshalb nicht in Auftrag gegeben worden. Eine Sequenzierung werde nur bei einer Reiseverbindung nach Großbritannien, Irland oder Südafrika veranlasst, sagte Wagner-Wiening.
Den Berichten zufolge soll es sich weltweit erst um den dritten bekanntgewordenen Todesfall nach einer Reinfektion handeln - nach Fällen in den Niederlanden und in Israel. Die Interpretation der Daten ist schwierig. "Das ist ein Ausnahmefall, nach dem ich keine Alarmglocken läuten lassen würde", sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, der Deutschen Presse-Agentur. In seltenen Fällen werde bei einer ersten Ansteckung keine ausreichende Immunität aufgebaut.
Experten hatten wiederholt darauf verwiesen, dass eine überstandene SARS-CoV-2-Infektion nicht zwingend gegen das Virus immun macht. Bisher gehen viele Fachleute davon aus, dass eine zweite Infektion, die in mindestens 15 Fällen als gesichert gilt, weniger schwer verläuft als die erste.
Unklar ist auch, was die Todesfälle nach Reinfektion für Menschen bedeuten, die eine Corona-Schutzimpfung erhielten. Die Impfung führt zu einer stärkeren Immunantwort als eine Infektion. Dennoch ist ungewiss, wie lange die Immunisierung anhält - auch mit Blick auf mögliche Mutationen. Zumindest die mRNA-Impfstoffe könnten nach Überzeugung der Wissenschaftler aber in vergleichsweise kurzer Zeit an neue Virusvarianten angepasst werden.
jj/rb (dpa, afp, wdr, ndr, sz)