Tokio: Olympische Spiele in Japan eröffnet
23. Juli 2021Pünktlich sind sie immer. 20 Uhr Ortszeit, Tokio - Olympiastadion. das Licht ist an - mit einem Jahr Verspätung beginnt die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele. An der Außenwand des Stadions ist noch die alte Jahreszahl zu sehen: 2020.
Doch dann kam die Pandemie. Und mit ihr die Sorgen vor einem Superspreader-Event, die Bedenken der japanischen Bevölkerung. Von den Problemen der Athleten ganz zu schweigen - mit dem Bild einer einsamen Sportlerin, der Boxerin Arisa Tsubata, beginnt die Eröffnungsfeier.
Nicht allein zieht an diesem Abend der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, in das Stadion ein - er kommt zusammen mit dem japanischen Kaiser Naruhito.
Sie sind nicht die einzigen namhaften Gäste der Eröffnungsfeier. Aus den USA ist die First Lady angereist, Jill Biden. Aus Paris kam der französische Präsident Emmanuel Macron.
Auch um die Eröffnungsfeier hatte es viele Diskussionen gegeben. Unmittelbar zuvor war der Zeremonienmeister Kentaro Kobayashi entlassen worden. In einem alten Sketch hatte er sich über den Holocaust lustig gemacht. Davon will natürlich an diesem Abend niemand etwas hören, als die Fahne des Gastgeberlandes gehisst wird.
Oft kommt das Feuerwerk erst zum Ende der Zeremonie. In Tokio hält man es anders.
Vergleichsweise schnell kommen die Athleten ins Stadion. Die meisten Teams sind der IOC-Empfehlung gefolgt, dass die Fahne von einer Sportlerin und einem Sportler gemeinsam getragen werden soll. Eine der ersten Mannschaften kommt aus Großbritannien: Die Seglerin Hannah Mills und der Ruderer Mohamed Sbihi gehen voran.
Was die Weltregie in den Fernsehbildern - natürlich - nicht zeigt: Viele Sportler nutzen die Möglichkeit des Schnelldurchlaufs und verlassen den Innenraum des Stadions nach dem Einzug umgehend wieder, bevor die Feier abgeschlossen ist. Andere, wie etwa der serbische Tennis-Star Novak Djokovic, haben sich die Veranstaltung ganz gespart. Die Hitze, die Pandemie - die Sache ist nicht nur schön, sondern auch stressig.
Und dann der große Moment, auf den viele Sportfans in Deutschland gewartet haben: Angeführt von der Beachvolleyballerin Laura Ludwig und dem Wasserspringer Patrick Hausding kommt die deutsche Mannschaft ins Stadion. Die mehr als 400 Athletinnen und Athleten haben seit Jahren auf dieses Ereignis hingearbeitet. Ihr Outfit, gehalten in Grün, Weiß und Schwarz, mit dem Schriftzug "Team D" - eher "Casual" als formeller Schick.
DW-Reporter Oliver Moody mit Eindrücken aus dem Stadion vom Einmarsch des "Team D":
Für einen kleinen Eklat sorgen die Sportlerinnen und Sportler aus Tadschikistan: Sie verzichten beim Einmarsch ins Stadion auf den obligaten Mund-Nasen-Schutz. Vor Aufregung vergessen? Wohl kaum.
Die USA sind, was diese Art von Skandalen angeht, unverdächtig - traditionell das größte Team und am Ende sicher auch im Medaillenspiegel vorne. Stars and stripes and good vibrations. Jill Biden auf der Tribüne jubelt den Sportlern zu.
Und dann der erste Höhepunkt aus Sicht der Gastgeber: Die japanische Mannschaft zieht als letzte Auswahl ins Stadion ein. Es sieht übrigens nur so aus, als würde die Fahne ausschließlich von einem Mann getragen: Yui Susaki und Rui Hachimura in der ersten Reihe wechseln sich ab.
Der formelle Teil: Zunächst spricht die Chefin des Organisationskomitees, Seiko Hashimoto, danach IOC-Präsident Thomas Bach. Beide danken ausdrücklich der japanischen Bevölkerung, dass die Wettkämpfe in ihrem Land stattfinden dürfen - trotz der Coronavirus-Pandemie. Danach erhält der Kaiser das Wort. Naruhito erklärt von der Tribüne aus die Sommerspiele für eröffnet.
Die japanische Geschichte und Tradition spielte immer wieder eine Rolle während der fast vierstündigen Eröffnungsfeier. Und auch die Atomkatastrophe von Fukushima wird thematisiert - danach war die Entscheidung für den japanischen Austragungsort gefallen.
Tradition und Moderne - das wird auch bei dieser Eröffnungsfeier symbolisiert. Piktogramme im Stadion stehen für die 33 Sportarten, bei denen Medaillen verteilt werden.
Und mit Hilfe von Drohnen wird die Weltkugel an den Nachthimmel Tokios gemalt.
Und dann ist es tatsächlich Tennis-Star Naomi Osaka, die das olympische Feuer entzündet. Kaum ein im Spitzensport steht weltweit so für Internationalität und Diversität: die Mutter Japanerin, der Vater Haitianer, verließ die junge Familie Japan, als Naomi drei Jahre alt war. "Zu Hause" hatte die Familie auch Anfeindungen erlebt, heute setzt sich Naomi Osaka gegen den Rassismus in den USA ein. Dass sie die letzte Fackelträgerin an diesem Abend ist und zu einem der Gesichter dieser olympischen Spiele werden soll, ist nicht nur eine gute Nachricht für ihr Management vom US-Vermarktungskonzern IMG. Es kann auch als Signal an die traditionsorientierte japanische Gesellschaft verstanden werden.