Eskalation in der Ukraine
18. Februar 2014Rund 20.000 Oppositionsanhänger waren zunächst friedlich Richtung Parlament gezogen, um erneut gegen die pro-russische Politik von Staatspräsident Viktor Janukowitsch zu protestieren. Sicherheitskräfte, die das Parlamentsgebäude weiträumig abgeriegelt hatten, hielten die Demonstranten aber auf. Im nahe gelegenen Marienpark eskalierte die Lage, als vermummte Demonstranten versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen.
Sie setzten Polizeiwagen in Brand und schleuderten Pflastersteine auf die Beamten. Diese antworteten mit Tränengas und feuerten Blendgranaten und Gummigeschosse auf die Protestierenden.
Gezielte Schüsse?
Mindestens drei Regierungsgegner seien erschossen worden, teilten Aktivisten zunächst auf Twitter mit. Mit Schüssen in Herz und Kopf habe man sie regelrecht niedergestreckt, hieß es. Später erklärte die Polizei, insgesamt seien neun Menschen bei den Straßenschlachten ums Leben gekommen. Sieben Zivilisten und zwei Sicherheitskräfte seien getötet worden, sagte ein Polizeisprecher der Agentur Interfax.
Auch in der Zentrale von Janukowitschs Partei der Regionen war es zu Krawallen gekommen, als rund 300 Regierungsgegner die Büros stürmten. Sie schleuderten Molotowcocktails, warfen Scheiben ein und verschafften sich schließlich mit einer Axt Zugang. Allerdings gaben sie das Haus wieder auf, als die Bereitschaftspolizei anrückte. Als Reaktion wurden in Kiew alle U-Bahn-Stationen abgeriegelt und das Aufgebot an Spezialkräften verstärkt.
Deutschland ruft zu Gewaltverzicht auf
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte in Berlin an die Konfliktparteien, auf Gewalt zu verzichten. Nach einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Leonid Koschara forderte Steinmeier, beide Seiten sollten in Gesprächen nach einer politischen Lösung suchen. "Eine Rückkehr zur Gewalt in der Ukraine ist mit Sicherheit kein Weg, um zu einem Ausgleich und zu einer guten Zukunft des Landes zu kommen." Deutschland werde seine Bemühungen für eine Lösung fortsetzen, kündigte er an.
Moskau sieht den Schuldigen im Westen
Russland machte den Westen für neuerliche Eskalation in der ehemaligen Sowjetrepublik verantwortlich. Westliche Politiker und europäische Institutionen verschlössen die Augen vor den aggressiven Aktionen radikaler Kräfte und duldeten deren Vorgehen, erklärte das Außenministerium in Moskau. An die ukrainische Opposition appellierte Russland, den Dialog mit der Regierung zu suchen, anstatt Drohungen zu äußern und Ultimaten zu stellen.
Amnestieabkommen in Kraft
Seit Monaten finden in der ehemaligen Sowjetrepublik regierungskritische Kundgebungen statt. Die Demonstranten fordern eine engere Anbindung an die Europäische Union. Am Wochenende hatte sich die Lage etwas entspannt.
Als Teil eines Amnestieabkommens räumten Regierungsgegner am Sonntag die Rathäuser von Kiew und Lemberg (Lwiw) und gaben die Blockade wichtiger Verkehrsverbindungen auf. Im Gegenzug kamen am Montag hunderte Demonstranten auf freien Fuß, die bei den blutigen Straßenschlachten im Januar festgenommen worden waren.
uh/qu (dpa,afp,rtr)