Tote und Ausschreitungen in Kiew
22. Januar 2014Ungeachtet der eisigen Temperaturen haben tausende Demonstranten die Nacht zum Mittwoch auf Straßen und Plätzen der Hauptstadt Kiew ausgeharrt. Gegen 7.00 Uhr Ortszeit begannen Einheiten der Polizei damit, Barrikaden der Oppositionellen im Zentrum Kiews zu durchbrechen. Die Milizionäre setzten Tränengas und Blendgranaten ein. Das gewaltsame Vorgehen war live im Fernsehen zu sehen.
Einige der Protestierenden schleuderten Steine und Brandsätze auf Polizisten, wie Augenzeugen berichten. Bei den Zusammenstößen wurden mindestens drei Menschen getötet. Die ukrainische Staatsanwaltschaft bestätigte, dass zwei Aktivisten während der Proteste von Kugeln tödlich getroffen wurden. Die dritte Person stürzte vom Dach des Dynamo-Stadions, in dessen Nähe seit Sonntag Demonstrationen stattfinden.
Treffen mit Janukowitsch
Die russlandfreundliche Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch und die pro-westliche Opposition machten sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich. Mitten in dieser hoch angespannten Atmosphäre kam am Mittwoch nun doch das Treffen des Staatschefs mit mehreren Führern der Opposition zustande. An dem Gespräch nahmen nach Angaben des Präsidialamtes Box-Champion Vitali Klitschko von der Udar-Partei, Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei und der Ultranationalist Oleg Tjagnibok teil. Das Treffen endete nach rund drei Stunden, zunächst ohne Kommentare der Beteiligten.
Asarow droht "Provokateuren"
Die Ukraine werde die "Gesetzesverstöße von Radikalen" nicht hinnnehmen, warnte Außenminister Leonid Koschara. Zuvor hatte der ukrainische Ministerpräsident Mykola Asarow im russischen Fernsehsender Rossija-24 deutlich gemacht, falls die "Provokateure nicht aufhören, werden die Behörden keine andere Wahl haben, als im Rahmen der Gesetze Gewalt einzusetzen, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten".
EU-Chefdiplomatin Chatherine Ashton forderte ein sofortiges Ende der Gewalt. Zugleich verlangte die Außenbeauftragte im Namen der EU, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ashton rief beide Konfliktparteien zu einem Dialog auf "höchster Ebene" auf, da Gewalt die politische Krise im Land nicht lösen könne. Auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso zeigte sich bestürzt über das Ausmaß der Gewalt in Kiew. Für eine Reaktion der EU sei es aber noch zu früh.
Janukowitschs Gegner fordern vorgezogene Präsidenten- und Parlamentswahlen sowie nun auch die Rücknahme umstrittener Gesetze. Die weitreichenden Einschränkungen bei Pressefreiheit und beim Versammlungsrecht waren am Dienstag in Kraft getreten. So drohen bei Blockaden von Verwaltungsgebäuden jetzt bis zu fünf Jahre Gefängnis.
se/sti/sc (ape, rtre, dpa, afp)