Tour de France: Die Jugend fährt nach vorn
4. Juli 2019Verschwitzt und noch gezeichnet von den Strapazen des Rennens, stand Maximilian Schachmann vergangenen Sonntag oben auf dem Siegerpodest. Auf dem Sachsenring bei Chemnitz hatte er sich in einer Hitzeschlacht bei 35 Grad seinen ersten Deutschen Meistertitel erkämpft. Der 25-Jährige steht beispielhaft für die neue Generation im deutschen Radsport. "Er überlässt nichts dem Zufall, geht sehr analytisch in jedes Rennen", charakterisiert ihn sein Teamchef Ralph Denk.
Für Schachmann, der vor der Saison vom belgischen "Quickstep"-Team zum deutschen Rennstall "Bora-hansgrohe" wechselte, läuft es bisher prima. Fünf Saisonsiege hat er bereits auf dem Konto, mehr als im gesamten Vorjahr. “Bei mir ist es jedes Jahr vorangegangen. Immer ein Stück aufwärts. Wie bei einer Treppe", beschreibt der gebürtige Berliner lächelnd seine Entwicklung.
Allrounder wie Schachmann sind gefragt
Maximilian Schachmann gilt als ziemlich kompletter Fahrer. Er kann ordentlich sprinten, ist ein respektabler Zeitfahrer und kommt vor allem in den Bergen gut zurecht. Wie jeder Tour-Neuling wird er zuerst Helfer-Dienste verrichten müssen. Das heißt, alles zu tun für den Fahrer, der die besten Siegchancen hat. Ganz ohne eigene Ambitionen jedoch ist er aber nicht. "Ich will immer etwas erreichen", sagt er der DW. "Sollte ich mal mit einer Ausreißer-Gruppe wegkommen, möchte ich schon um den Tagessieg mitkämpfen." Die besten Chancen bieten sich ihm auf den mittelschweren Etappen.
Lange Zeit setzten sich deutsche Fahrer bei der Tour nur auf flachen Etappen oder im Zeitfahren in Szene. 32 Tagessiege feierten sie so von 2011 bis zum letzten Jahr. Zu einem vorderen Platz in der Gesamtwertung reichte es seit 2006 nicht mehr. Damals war Andreas Klöden als Dritter der Letzte auf dem Treppchen. Das könnte sich in diesem Jahr ändern.
Emanuel Buchmann will unter die besten Zehn
Die größten Hoffnungen verbinden sich mit Schachmanns Teamkollegen Emanuel Buchmann. "Ein Platz unter den ersten Zehn ist mein Ziel und das ist vollkommen realistisch", verkündet der 26-Jährige selbstbewusst vor seiner vierten Tour. Buchmanns Vorteil: Er ist ein exzellenter Bergfahrer. Ohne diese besondere Qualität ist bei der "großen Schleife" nichts mehr zu gewinnen. In den Vogesen, Alpen und Pyrenäen warten Gipfel von 2000 Metern und mehr auf die Fahrer.
Seine ausgezeichnete Form bewies Buchmann noch im Juni. Beim Critérium du Dauphiné, einer achttätigen Rundfahrt, die mit Einzelzeitfahren, Sprintetappen und Bergankünften als wichtige Generalprobe für die Tour gilt, wurde er Dritter der Gesamtwertung. "Emanuel ist ein Mega-Talent", charakterisiert Bora-Chef Denk seinen diesjährigen Tour-Kapitän. "Für seine Erfolge hat er in den letzten Jahren jedoch auch sehr hart gearbeitet."
Positive Entwicklung im Nachwuchs
Die deutschen Hoffnungsträger bei dieser 106. Tour de France sind aber nicht nur im grün-schwarzen Rennanzug des "Bora"-Teams unterwegs. Der Name Nils Politt, Jahrgang 1994 wie Maximilian Schachmann, vom Team "Katjuscha-Alpecin" fällt oft, wenn von der neuen Radsport-Generation gesprochen wird. Mit dem zweiten Platz beim Klassiker Paris-Roubaix hatte Politt im Frühjahr für Aufsehen gesorgt.
Beim Rennstall "Sunweb“, wie "Bora" mit deutscher Lizenz ausgestattet, setzt man auf Nikias Arndt und Lennard Kämna. Experten sehen beim 22-Jährigen ein großes Potential. "Ich freue mich riesig, es ist eine coole Sache", sagt Kämna. "Ich will alles aufsaugen, ich hoffe auf ein paar schöne Erfahrungen." Bei seinem Tour-Debüt wird es für ihn allerdings zunächst einmal ums Ankommen in Paris gehen.
"Diese Entwicklung macht uns sehr glücklich", blickt Patrick Moster, Leistungssport-Direktor im Bund Deutscher Radfahrer auf die jungen deutschen Fahrer im Tour-Starterfeld. "Das schafft uns erfreuliche Perspektiven für die Weltmeisterschaft in diesem Jahr und für die Olympischen Entscheidungen in Tokio 2020."