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Transnistrien: Im Kerker der Separatisten

Simion Ciochina / Robert Schwartz28. Mai 2015

Die Republik Moldau kommt nicht zur Ruhe. Menschenrechtler geraten immer stärker unter Druck durch Separatisten aus der abtrünnigen Republik Transnistrien. Die schrecken auch vor Entführungen nicht zurück.

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Wappen Transnistriens (Foto:Simion Ciochina, DW)
Nirgendwo auf der Welt anerkannt: die Farben TransnistriensBild: DW/S. Ciochina

Wer kein Lösegeld zahlt, der bleibt in Haft. In Kerkern in der abtrünnigen Republik Transnistrien sitzen zahlreiche moldauische Bürger - ohne rechtliche Grundlage oder Gerichtsentscheid. Entführungen durch Angehörige der transnistrischen Miliz haben sich zuletzt gehäuft. Medien in der moldauischen Hauptstadt Chisinau berichten auch von Übergriffen und Folter. Die Familien der Gefangenen werden angehalten, teils sehr hohe Summen zu bezahlen, damit ihre Angehörigen im Gefängnis einigermaßen human behandelt werden.

Entführungen als Geldquelle

In einem Bericht der moldauischen Nichtregierungsorganisation (NGO) Promo-LEX heißt es, dass für den Erhalt eines Lebensmittelpakets 20 Euro an die Gefängnisverwaltung bezahlt werden müssen, für eine Umarmung des "Häftlings" durch Angehörige 40 Euro. Die Verlängerung des Aufenthalts im Gefängnishof um eine halbe Stunde kostet dem Bericht zufolge 60 Euro. Der Freikauf des Gefangenen schwankt zwischen 20.000 Euro bei "normalen" Bürgern und 200.000 Euro bei Geschäftsleuten.

Kein Staat der Welt erkennt die Republik Transnistrien an. Anfang der 1990er Jahre sagte sich der gerade einmal fünf bis 35 Kilometer breite und 200 Kilometer lange Landstreifen von der Republik Moldau los. Seitdem herrscht dort ein Parallel-System, das nach eigenen Regeln aufgebaut wurde und alle Normen der moldauischen Verfassung sowie des internationalen Rechts missachtet. Auf die wiederholten Menschenrechtsverletzungen in Transnistrien haben mehrere lokale NGOs aufmerksam gemacht, deren Aktivität allerdings wird inzwischen von den Behörden blockiert.

Karte Moldawien Regionen Transnistrien und Gagausien (Foto: DW)
Auch in der Region Gagausien gibt es separatistische TendenzenBild: DW

Ein letztes Opfer der Separatisten ist jetzt die Organisation Promo-LEX mit Sitz in Chisinau. Ihre Mitglieder setzen sich aktiv für den Schutz der Menschenrechte in der gesamten Region - also auch in Transnistrien - ein und sind somit ein Dorn im Auge der dortigen Machthaber. Bereits im April hatte der transnistrische Geheimdienst KGB eine Erklärung veröffentlicht, in der es heißt, dass gegen Mitglieder von Promo-LEX Strafanklage erhoben wurde. Die Gründe: ausländische Finanzierung aus dem Westen (Rumänien) und Gefährdung der regionalen Sicherheit. Den moldauischen Menschenrechtlern wird vorgeworfen, mit lokalen anti-transnistrischen Organisationen zusammen zu arbeiten, um die Menschen "ideologisch zu beeinflussen".

Der Druck auf die NGOs wächst

Promo-LEX agiert seit 12 Jahren in der Region und hat zahlreichen Menschen zu ihrem Recht verholfen, die durch das separatistische Regime Unrecht erlitten hatten. Ion Manole, Direktor der NGO, äußerte sich im DW-Gespräch besorgt über die jüngsten Entwicklungen. Der Druck auf Menschenrechtsorganisationen und auf die Zivilgesellschaft in der Region Transnistrien sei unerträglich: "Mehrere NGO-Mitglieder und Journalisten sind Einschüchterungen und Verleumdungen ausgesetzt, nur weil sie sich für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen", sagt Manole. Er ist davon überzeugt, dass der neue Gesetzentwurf der Behörden in Transnistrien "gegen ausländische Agenten" ein totales Verbot der NGOs zum Ziel hat.

Inzwischen haben sich fast 40 Organisationen und Vereine der Zivilgesellschaft mit einem Aufruf an die moldauische Regierung in Chisinau gewandt und ihre Unterstützung für Promo-LEX ausgedrückt. In dem Schreiben zeigten sie ihre "Besorgnis um die Sicherheit und Unversehrtheit der Personen, die im Namen der NGO in der Region Transnistrien aktiv sind".

Angst von dem Ukraine-Szenario

Bislang hat sich die Republik Moldau in der Affäre zurückgehalten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Zentralregierung in Chisinau vor dem Hintergrund der angespannten Lage in der gesamten Region keine weiteren Gegenreaktionen aus Tiraspol oder Moskau riskieren will. In der Republik Transnistrien sind rund 2.000 russische Soldaten sowie schwere Waffen stationiert. In Chisinau befürchten nicht wenige eine Ausweitung des Ukraine-Szenarios auf die Republik Moldau.

International wurde das Vorgehen der separatistischen Behörden in Tiraspol, der Hauptstadt Transnistriens, kritisiert. So schrieb der Generalsekretär der Weltorganisation gegen Folter, Gerald Staberock, die öffentliche Erklärung des transnistrischen Geheimdienstes gegen Promo-LEX sei ein neuer Versuch der Lokalverwaltung, jede unabhängige Menschenrechtsorganisation mundtot zu machen.

Vertrauen soll zerstört werden

Inzwischen hat sich auch der Präsident der abtrünnigen Republik Transnsitrien, Jewgeni Schewtschuk, zu Wort gemeldet. In einer TV-Talk-Show sagte er, seine Behörden hätten klare Verbindungen zwischen Promo-LEX-Mitgliedern und dem rumänischen Geheimdienst feststellen können. "Alle Beweise deuten darauf hin, dass die Mitglieder dieser NGO an Sabotage-Aktionen gegen Transnistrien beteiligt waren", so Schewtschuk.

Direktor Ion Manole ist davon überzeugt, dass diese Anschuldigungen nur ein Ziel haben: das Vertrauen der Lokalbevölkerung in die NGOs zu zerstören. Auch der moldauische Politologe Ruslan Schewtschenko glaubt, dass die Behörden in Transnistrien weiterhin verzweifelt versuchen werden, die Aktivität der NGOs wegen ihrer pro-europäischen und demokratischen Haltung zu behindern: "Die Nichtregierungsorganisationen in Transnistrien sind in einer schwierigen Situation. Weil sie der Bevölkerung eine klare Alternative bieten, wird das Unrechts-Regime in Tiraspol sie weiterhin verfolgen", sagt Schewtschenko.

Ion Manole, Geschäftsführer Organisation Promo-Lex in Transnistrien (Copyright: Vitalie Calugareanu)
"Behörden Transnistriens wollen ein totales Verbot der NGOs", sagt Ion ManoleBild: Vitalie Calugareanu