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Transpazifische Partner in Not

Klaudia Prevezanos2. Juni 2004

Der Einsatz australischer Soldaten im Irak ist in "Down Under" Wahlkampfthema. Premierminister Howard will die Truppen im Land lassen, sein Herausforderer würde sie abziehen. Ein Besuch in Washington soll nun helfen.

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Australiens Premierminister Howard taktiert vor den WahlenBild: AP

Es gibt einige Parallelen zwischen George W. Bush und John Howard: Der US-Präsident und der australische Premierminister wollen beide in diesem Jahr wieder gewählt werden. Bis zu den Präsidentschaftswahlen am 2. November 2004 muss Bush die Lage im Irak unter Kontrolle kriegen. Und auch Howard gerät wegen des Themas zunehmend unter Druck. In der zweiten Jahreshälfte 2004 finden in Australien Parlamentswahlen statt - der genaue Termin steht noch nicht fest -, die auch über das Amt des Premierministers entscheiden. Howard will die eigenen Soldaten zur Unterstützung der USA im Irak lassen. Sein politischer Herausforderer von der oppositionellen Labor-Partei, Mark Latham, hat hingegen angekündigt, er würde als Regierungschef die Soldaten des Landes bis Ende des Jahres zurückholen.

Was wusste die Regierung von den Foltervorwürfen?

Bush und John Howard, Australien
John Howard (links) und George W. Bush in Australien 2003Bild: AP

Bislang spricht sich in Umfragen noch eine knappe Mehrheit der Australier dafür aus, die rund 850 eigenen Soldaten im Irak zu lassen - aber mit abnehmender Tendenz. Dies kann sich noch zuspitzen, wenn die Lage in dem Land zunehmend schwieriger wird. Erst Ende Mai hieß es in Medienberichten, dass australische Streitkräfte womöglich schon früher als bisher bekannt von Foltervorwürfen gegen US-Soldaten wussten. Laut der australischen Tageszeitung "Syndey Morning Herald" habe ein ranghoher Offizier in Kontakt mit dem Internationalen Roten Kreuz gestanden, als dort erstmals Misshandlungen gegen irakische Gefangene bekannt wurden. Das Verteidigungsministerium in Australien erklärt bislang, erst im April 2004 von den Foltervorwürfen erfahren zu haben.

Erst Bush dann Blair

Der Besuch Howards bei seinem Verbündeten Bush am Donnerstag (3. Juni 2004) ist darum für ihn wahltaktisch bedeutend - auch wenn der Wahlkampf auf dem fünften Kontinent offiziell noch nicht begonnen hat. Howard braucht Unterstützung für seine Irak-Politik, ähnlich wie der Bush-Partner Tony Blair. Den britischen Premierminister wird der Australier nach seiner USA-Reise treffen.

Mark Latham
Mark Latham von der australischen Labor-ParteiBild: AP

Doch bei dem transpazifischen Treffen in Washington geht es auch um wirtschaftliche Fragen: Anfang Februar 2004 hatten sich Delegationen Australiens und der USA nach einem Jahr der Verhandlungen auf gemeinsame Positionen für ein Freihandelsabkommen geeinigt. Verabschiedet ist der Handelsvertrag der beiden Staaten jedoch noch nicht. Howard will auf seiner Reise nach Washington auch erreichen, dass Bush das Abkommen noch vor den US-Präsidentschaftswahlen ratifiziert. Mit diesem Erfolg könnte der Australier Zuhause Wahlkampf machen. Aus den USA importierte Australien 2002 mit 18 Prozent Anteil die meisten Waren. Bei den Exporten ist das nordamerikanische Partnerland hinter Japan der größte Markt für Australien.

Wichtiger Wahltermin

Wie auch in den USA sind die wichtigsten Wahlkampfthemen in Australien der Irak und die Wirtschaft. Allerdings kann die Regierung in Canberra im Gegensatz zu Bush auf eine sehr erfolgreiche Wirtschaftspolitik und eine erfreuliche Konjunktur verweisen. Vielleicht ist das den Bewohnern von "Down Under" so wichtig, dass sie die konservativ-liberale Koalition unter Howard dafür auf dem Stimmzettel belohnen. Entscheidend wird sicher sein, wie sich die Situation im Irak nach der geplanten Machtübergabe Ende Juni entwickelt. Auch der Wahltermin in Australien wird sicher Einfluss nehmen - und den kann der Premierminister festlegen, er muss nur im Jahr 2004 stattfinden. Wenn Bush weiterhin wegen der Foltervorwürfe gegen US-Soldaten in Erklärungsnot bleibt, wäre Howard nicht gut beraten, die US-Wahlen Anfang November noch abzuwarten.