Trendwende der US-Notenbank
19. Dezember 2013Eine leichte Kurskorrektur, aber noch keine Neuorientierung: Die US-Notenbank Fed wird ab Jahresbeginn die Anleihenkäufe reduzieren. Bislang stützte sie die US-Wirtschaft mit monatlichen Ankäufen von langfristigen Staatsanleihen und von Immobilienpapieren im Wert von 85 Milliarden Dollar. Ab Januar werden nur noch Papiere für 75 Milliarden erworben.
Janet Yellen, die im Februar die Führung der Fed übernimmt, habe diese Entscheidung mitgetragen und werde die eingeschlagene Linie fortführen, betonte der scheidende Notenbankchef Ben Bernanke.
Leichte Erholung für die US-Wirtschaft
Der Ankauf von Anleihepapieren war Teil eines umfassenden Stabilisierungspaketes nach der geplatzten Immobilienblase in den USA und dem Zusammenbruch der internationalen Finanzwirtschaft im Jahr 2008.
Seither hatte die Fed die amerikanische Wirtschaftsleistung mit rund drei Billionen Dollar angekurbelt. Einige Analysten bewerten die Reduzierung der Anleihenankäufe deshalb als ein Zeichen, dass sich die US-Wirtschaft wieder erholt habe. "Die Fed zeigt, dass die US-Konjunktur stark genug ist", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, im DW-Gespräch. "Die Talsohle der Finanzkrise haben wir längst durchschritten. Die Entscheidung ist ein Vertrauensvotum in die Stärke der Konjunktur."
"Reparierte Bilanzen"
Tatsächlich gab es zum Jahresende Anzeichen für die Erholung der stärksten Volkswirtschaft der Welt: Im November war die Arbeitslosenquote in den USA auf nur sieben Prozent gesunken - der niedrigste Wert seit fünf Jahren. Auch hatte die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal stärker angezogen als zunächst erwartet. Das US-Handelsministerium korrigierte seine Prognose für die letzten drei Monate auf 3,6 Prozent nach oben; sie lag damit über ein Drittel höher als im vorangegangenen Quartal (2, 5 Prozent).
Finanzexperte Schmieding begründet diese Entwicklungen damit, dass in den fünf Jahren seit der großen Finanzkrise Haushalte, Unternehmen und der Staat "ihre Bilanzen repariert" und "ihre Finanzen zumindest halbwegs saniert" hätten. "Auf dieser neuen Basis können Unternehmen und Haushalte wieder Geld ausgeben. Die Zeit heilt einfach viele Wunden."
Weniger Anleihen, gleicher Leitzins
Zugleich kündigte der Fed-Chef allerdings an, den US-Leitzins noch bis 2015 oder länger auf dem historischen Tiefstand zwischen null und 0,25 Prozent zu halten. Von einem wirklichen "Aufschwung" sei daher noch nicht zu sprechen, meint Finanzanalyst Christoph Zwermann: "Die Talsohle ist noch nicht durchschritten“, widerspricht er seinem Kollegen, "denn sonst hätte man wesentlich konsequentere Maßnahmen ergriffen."
Die Reduzierung der Anleihenverkäufe könne jederzeit rückgängig gemacht und sogar noch erhöht werden. "Die Entscheidung der Fed ist ein Versuch, aber in keinster Weise eine Umkehr in der Zinspolitik."
Abwertung des Euro?
Einig sind sich die Analysten, dass die Senkung der Anleihenkäufe der Fed in Hinblick auf Eurozone und Weltwirtschaft positiv zu bewerten ist. Ein Blick auf die internationalen Finanzmärkte zeige, dass der Euro "weiterhin stark" sei, so Schmieding.
"Ich denke nicht, dass sich das grundlegend ändert, weil sich die Geldpolitik in den USA nur langsam anpasst und nicht schockweise - zum Beispiel mit frühen Zinserhöhungen - die Märkte durcheinander bringt."
Christian Zwermann bestätigt: "Was dem Euro wirklich schaden könnte, wäre eine weitere Zinssenkung durch die EZB", sagt er. "Die Maßnahme der US-Notenbank kann zu einer generellen Dollarerholung führen, aber beim Euro wird das vermutlich nur in die Richtung 1,35 US-Dollar gehen."
Bedeutung für die Weltwirtschaft
Eine stärkere Konjunktur in den USA, in Deutschland und in Großbritannien sei zudem für andere Länder die Möglichkeit, ihren Aufschwung durch mehr Ausfuhren zu kräftigen, glaubt Schmieding. Kurz vor Silvester blickt er daher zuversichtlich ins Jahr 2014: "Ich denke, dass wir in weiten Teilen der Welt ein sehr gutes Wirtschaftswachstum bekommen - für die Weltkonjunktur eine Wachstumsrate von etwas über drei Prozent, für die USA 2,7 Prozent, und für Deutschland mindestens 2,1 Prozent."