Tropische Insel im Spreewald
19. Dezember 2004Die Einwohner von Brand, einer kleinen Gemeinde, 60 Kilometer von der Bundeshauptstadt Berlin entfernt, glauben wahrscheinlich, sie hätten schon alles gesehen. Während des "Kalten Krieges" beheimatete ihr Dorf einen der größten Luftwaffenstützpunkte der Sowjetunion im Ausland. Dann kam mit "CargoLifter" ein Unternehmen, das auf dem von den Russen verlassenen 500 Hektar großen Stützpunkt Transport-Zeppeline bauen wollte. Das mit öffentlichen Mitteln subventionierte Projekt scheiterte im Jahr 2002. Und hinterließ einen 107 Meter hohen Luftschiff-Hangar - die weltgrößte freistehende Kuppelkonstruktion.
Tausende tropische Pflanzen
Die Hinterlassenschaft weckte das Interesse von Colin Au, einem malaysischen Multi-Millionär mit Wohnsitz in Singapur. Au und seine Geschäftspartner vom malaysischen Konsortium "Tanjong PLC" planen, im Dezember 2004 auf der ehemaligen "CargoLifter"-Fläche einen 70 Millionen Euro teuren Erholungs- und Erlebnispark zu eröffnen. "Das Konzept würde zwar überall dort aufgehen, wo es kalt ist. Aber gerade die Deutschen lieben ja die Sonne", erklärt Au im Gespräch mit DW-WORLD. Der Geschäftsmann rechnet mit zwei Millionen Besuchern jährlich.
Nach dem Ende der Umbauarbeiten soll der 360 Meter lange silberne Hangar einzigartiger Schauplatz für tausende tropische Pflanzen sein - ergänzt durch einen Erlebnispark mit Schwimmbad. Der auf den Namen "Tropical Islands" getaufte Park wird jedoch nicht nur Orchideen und Palmen einen warmen Unterschlupf bieten, sondern auch verschiedene nachgebaute Dörfer aus tropischen Kulturen wie Borneo, dem Kongo und dem Amazonas beheimaten.
Spezialfolie garantiert Sonnenschein
An der Südseite der Kuppel - der weltweit größten freistehende Konstruktion ihrer Art - wird eine Spezialfolie die Sonnenstrahlen ins Innere leiten. Im tiefsten Winter soll die Lufttemperatur im Park so angenehme 25 Grad Celsius erreichen, die Wassertemperatur soll bei 30 Grad liegen.
Wird der Themenpark in Brand zu einem Erfolg, soll er das Flagschiff einer weltweiten Kette ähnlich gestalteter Parks werden. Allerdings wird keiner die gigantischen Ausmaße des deutschen Hangars annehmen, den Au und "Tanjong PLC" zum Schnäppchenpreis von 17,5 Millionen Euro erwerben konnten.
Verhaltener Optimismus
Angesichts einer Arbeitslosenrate von 20 Prozent zeigt sich die Regierung im wirtschaftlich angeschlagenen Brandenburg erleichtert. Man ist heilfroh Investoren mit einem tragfähigen Konzept für die CargoLifter-Halle gefunden zu haben. Der Park soll 500 dringend benötigte Arbeitsplätze in der Region schaffen. Dabei könnte sich aber vor allem das lahmende Wirtschaftswachstum zum größten Risikofaktor für das Projekt entwickeln. Potentiellen Besuchern liegt das Geld nämlich nicht mehr locker in der Tasche.
Hartmut Mertens von der Bankgesellschaft Berlin ist dennoch optimistisch, dass "Tropical Islands" zu einem Erfolg wird. "Die Investoren scheinen ein ziemlich neuartiges Konzept zu verfolgen", sagt Mertens im Gespräch mit DW-WORLD. Die Einwohner von Brand hingegen sind vorsichtig geworden. Sie haben sowohl die Sowjets als auch die Zeppelinbauer kommen und gehen sehen. Auch Imbiss-Inhaberin Carola Seidenfeuel, die einst Getränke und Essen an die Angestellten von "CargoLifter" verkaufte, ist skeptisch. "Es wäre toll, wenn es klappen würde. Aber wir sind nun einmal gebrannte Kinder."