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Trotz Tötung Al-Sarkawis kein Ende der Gewalt in Sicht

8. Juni 2006

US-Präsident Bush hat den Tod des Terroristen Al-Sarkawi als "einen Sieg im weltweiten Krieg gegen den Terror" bezeichnet. Bush rechnet jedoch nicht mit einem Rückgang der Gewalt im Irak.

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US-Militärsprecher William Caldwell erläutert das Vorgehen gegen Al-SarkawiBild: AP

Der nach Osama bin Laden meistgesuchte Terrorist der Welt ist tot: Abu Mussab al-Sarkawi (39) kam nach Angaben der irakischen Regierung durch einen Angriff der US- Luftwaffe nördlich von Bagdad ums Leben. Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki gab am Donnerstag (8.6.2006) bekannt, dass der jordanische Anführer der Gruppe "El Kaida im Zweistromland" und sieben weitere Menschen am Mittwochabend bei dem US-Bombenangriff in Hibhib 60 Kilometer nördlich von Bagdad getötet worden seien. Die USA und andere westliche Regierungen reagierten erleichtert, erwarten jedoch kein rasches Ende der Gewalt im Irak.

US-Präsident George W. Bush sprach von einem schweren Schlag gegen das Terrornetzwerk El Kaida und einem "Sieg im weltweiten Krieg gegen den Terror". Mit dem "Mörder Al-Sarkawi" sei einer "der sichtbarsten und aggressivsten Terroristen" getötet worden, der persönlich für Enthauptungen von Geiseln, Autobomben und Selbstmordanschläge verantwortlich gewesen sei. Zugleich äußerte Bush die Erwartung, "dass die Terroristen und die Aufständischen weitermachen werden, auch ohne ihn".

Auch Bushs wichtigster Irak-Verbündeter, der britische Premierminister Tony Blair, meinte, die Terroristen würden nicht aufgeben. Allerdings sei der Tod Al-Sarkawis ein wichtiger Schlag gegen El Kaida. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte bei einem Bundeswehrgelöbnis im pfälzischen Neustadt, es sei eine "gute Nachricht", dass Al-Sarkawi künftig nicht mehr "Drahtzieher menschenverachtender Anschläge" sein werde. Er sei einer der gefährlichsten Männer der Terrororganisation El Kaida gewesen.

Kopfgeld

Auf den Kopf Al-Sarkawis, dessen Terrorgruppe sich zu einigen der blutigsten Anschläge im Irak seit dem Sturz des Saddam-Regimes bekannte, hatten die USA ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt. Seine Terrorkommandos haben nicht nur im Irak Hunderte von Menschen getötet. Der gebürtige Jordanier soll auch die Selbstmordanschläge in drei Hotels in Amman im vergangenen Jahr angeordnet haben, bei denen 60 Zivilsten starben. Er war in seiner Heimat mehrfach in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.

Nach Angaben der US-Armee hatte sich Al-Sarkawi in einem isoliert gelegenen Haus in der Ortschaft Hibhib bei Bakuba nördlich von Bagdad versteckt. US-Generalmajor Bill Caldwell erläuterte in Bagdad, F-16- Bomber der US-Luftwaffe hätten das Gebäude mit zwei 500-Pfund-Bomben total zerstört. Zu den dabei zusammen mit Al-Sarkawi getöteten Menschen gehörten eine Frau, ein Kind sowie ein enger Berater des Terroristenanführers namens Scheich Abdel Rahman.

Möglicher Nachfolger

Das amerikanische Militärkommando erwarte, dass nun ein Ägypter mit dem "Kampfnamen" Abu al-Masri zum Anführer der El-Kaida- Terroristen im Irak bestimmt werde. Die US-Armee zeigte Bilder der Leiche Al-Sarkawis und ein Video von dem Luftangriff in Hibhib. Al- Sarkawi sei anhand von Fingerabdrücken und seiner Gesichtszüge identifiziert worden, hieß es.

Auf einer Internetseite von Islamisten tauchte ein Schreiben auf, das den Tod Al-Sarkawis bestätigt und eine Fortsetzung des Kampfes im Irak angekündigt, "so lange bis Gottes Wort über allem steht".

Bewohner der Kleinstadt Hibhib berichteten von einer präzisen Operation der Amerikaner. Die US-Luftwaffe habe ganz gezielt eines von zwei nebeneinander liegenden Häusern angegriffen. Nach dem Angriff sei die Region abgeriegelt und der Verkehr gestoppt worden.

"Der Tod Al-Sarkawis ist zweifellos ein wichtiger Ansporn für alle, die den Terrorismus bekämpfen und auch für die Politiker und das irakische Volk", erklärte Ministerpräsident Al-Maliki. US-Botschafter Zalmay Khalilzad sprach von einem guten Omen für die neue irakische Regierung. Al-Maliki beendete am Donnerstag seine Kabinettsbildung und besetzte die Schlüsselministerien Verteidigung und Inneres.

Annan: Kein Anschlag

UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte in New York: "Es lässt aufatmen, dass ein so gefährlicher Mann nicht mehr unter uns ist." Auf die Frage eines Journalisten, ob die gezielte Tötung Sarkawis mit den Genfer Konventionen vereinbar sei, antwortete Annan: "Irak ist eine Kriegszone. Sarkawi hat Krieg geführt." Vor diesem Hintergrund könne von einem "Attentat" wohl keine Rede sein.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte bei einer NATO- Tagung in Brüssel, er sei am Mittwochabend von General George Casey, Kommandeur der US-Truppen im Irak, unterrichtet worden: "Sie hatten Sarkawi verfolgt. Und sie waren zu der Entscheidung gekommen, dass sie ihn nicht einfach ergreifen konnten, ohne Gefahr zu laufen, dass er entkommt. Also entschlossen sie sich zu einem Angriff aus der Luft."

Loyal zu Bin Laden

Al-Sarkawi hatte nach dem Sturz des Saddam-Regimes im Frühjahr 2003 im Irak eine Terrororganisation mit dem Namen Al-Tawhid wa Al-Dschihad (Religiöse Einheit und Heiliger Krieg) gegründet. Im Sommer 2004 bekundete er seine Loyalität zu Bin Laden und benannte seine Gruppe in "El Kaida im Zweistromland" um. In den vergangenen Jahren war Al-Sarkawi mehrfach praktisch in letzter Minute seinen Verfolgern entkommen. Im Jahr 2004 war er nach amerikanischen Medienberichten von irakischen Sicherheitskräften sogar gefasst, aber dann wieder freigelassen worden, da die Polizei nicht wusste, wer er war.

Bei Anschlägen in Bagdad starben am Donnerstag mindestens 13 Menschen. (mas)