Trumps Tanz im Vatikan
23. Mai 2017Hereinspaziert! Auch Donald Trump ist im Vatikan willkommen. Zwischen der Klagemauer in Jerusalem und dem NATO-Gipfel in Brüssel macht der US-Präsident diesen Mittwoch einen Abstecher zu Papst Franziskus nach Rom. Und bringt gleich zwei Frauen mit in den Vatikan: Tochter Ivanka und Ehefrau Melania.
Bereits 2013 versuchte Trump in der ihm eigenen Art, sich dem Papst zu nähern. "Der neue Papst ist ein bescheidener Mann, so ähnlich wie ich. Das erklärt, warum ich ihn so gerne mag", twitterte er am 25. Dezember 2013.
Der weihnachtliche Annäherungsversuch ging gründlich schief. Denn beim Thema Bescheidenheit liegen Welten zwischen den beiden Männern. Während der Papst den Heiligen Franziskus von Assisi, Gründer des gleichnamigen mittelalterlichen Bettelordens, verehrt, macht Trump Schlagzeilen mit Luxus und lockerem Lebensstil.
"Christen bauen keine Mauern"
Unüberbrückbare Gegensätze trennen die beiden Männer beim Thema Flüchtlinge. Während Franziskus nach seiner Rückkehr von der griechischen Insel Lesbos im April 2016 zwölf muslimischen Flüchtlingen Asyl im Vatikan gewährte, verhängte US-Präsident Trump kurz nach seiner Wahl ein Einreiseverbot für Bürger aus sieben "muslimisch geprägten" Ländern.
Ihren herbsten Schlagabtausch lieferten sich die beiden im Februar vergangenen Jahres. Als Papst Franziskus auf dem Rückflug seiner Mexikoreise von einem Journalisten gefragt wurde, ob Trump für Katholiken in den USA wählbar sei, fiel die Antwort eindeutig aus: "Eine Person, die darüber nachdenkt, eine Mauer statt Brücken zu bauen, egal, wo diese stehen, ist kein Christ."
Auf diese geballte päpstliche Kritik reagierte dann sogar der politische Dickhäuter Trump gereizt: "Wenn der Vatikan vom IS angegriffen werden würde, wäre Papst Franziskus der erste, der dafür beten würde, dass Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten wäre", lautete seine Retourkutsche via Twitter. Im Übrigen sei es ihm "völlig egal", was der Papst sage.
Militär und Mission
Auch wenn die Gegensätze zwischen dem calvinistisch geprägten Protestanten aus New York und dem lateinamerikanischen Armenpriester aus Buenos Aires größer kaum sein könnten – bei näherer Betrachtung ergeben sich auch einige erstaunliche Gemeinsamkeiten zwischen dem Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und dem Oberbefehlshaber der mächtigsten Militärmacht der Welt.
Beide Männer haben sich als Außenseiter gegen die Hierarchie in ihren Institutionen durchgesetzt und beide kämpfen mit Kritikern aus den eigenen Reihen. Auch Trumps Hang zu spontanen Entlassungen sind dem Vatikan-Chef nicht fremd.
So entließ Papst Franziskus im Januar 2015 den Kommandant der Schweizer Garde, Daniel Rudolf Anrig, weil ihm dieser angeblich zu militärisch ausgerichtet war. Und der schwule polnische Priester Krysztof Charamsa, Mitglied der theologischen Kommission der Glaubenskongregation im Vatikan, musste nach seinem Coming Out im Oktober 2015 gehen.
Offene Türen im Vatikan
Angesichts der zahlreichen Gegensätze und der überschaubaren Gemeinsamkeiten wird das Treffen der beiden alten Männer hinter den Mauern des Vatikans wohl ein Meinungsaustausch - mehr nicht.
"Es gibt immer Türen, die nicht ganz zu sind", wird der Papst im Vorfeld von Radio Vatikan zitiert. Man müsse stets über Gemeinsamkeiten sprechen und "Schritt für Schritt vorangehen". Er bilde sich "nie ein Urteil über eine Person, ohne sie anzuhören".
Begeisterung klingt anders. Franziskus lässt die Audienz über sich ergehen, so scheint es, denn nicht er hat den US-Präsident eingeladen, sondern Trump hat um eine Audienz im Vatikan gebeten.
Vielleicht will Trump vom Papst einfach nur einen Medien tauglichen Schnappschuss? Für den Vatikan jedenfalls bieten sich jenseits der diplomatischen Routine kaum politisch-strategische Anknüpfungspunkte durch den Besuch.
Trumps Mission ist schwer einzuordnen. Er taugt nicht als verlorener Sohn, der sich reumütig von seinem bisherigen Lebensstil verabschiedet. Mit seinen fünf Kindern aus drei Ehen taugt er auch nicht als konservatives Vorbild für katholische Familienideale oder Moralvorstellungen.
PR für Trump?
Als Friedensstifter dürfte Trump nach dem Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien auch nicht punkten. Bleibt die vage Hoffnung auf einen undefinierten religiösen und politischen Dialog im Nahen Osten, den Trumps jüdischer Schwiegersohn und Berater Jared Kushner anstoßen soll.
"Trumps Berater hoffen, eine Botschaft von 'Einheit, Frieden, Toleranz und Hoffnung' im Hinblick auf das Zusammenwirken der drei großen Religionsgemeinschaften Islam, Judentum und katholischer Kirche zu verbreiten, selbstverständlich unter der Regie des US-Präsidenten", schreibt der Rom-Korrespondent Julius Müller-Meiningen in der ZEIT-Beilage "Christ & Welt". "Das klingt so päpstlich und konterkariert auch die bisherige islamfeindliche Haltung der Trump-Administration, dass der Verdacht, es handele sich um eine PR-Maßnahme, kaum von der Hand zu weisen ist."