Trump sucht Indiens Nähe
24. Februar 2020Bereits der Empfang nach der Landung am Flughafen dürfte Donald Trump gefallen haben. Zehntausende von Menschen, viele mit indischen und amerikanischen Flaggen, säumten die Straßen, als Trump zum Sabarmati Ashram, dem Wohnort der indischen Freiheitsikone Mahatma Gandhi, reiste. Dementsprechend fand Trump auch warme Worte für seine Gastgeber: Indiens Demokratie sei eine Inspiration für die ganze Menschheit. In nur rund 70 Jahren seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien sei Indien "ein wirtschaftliches Schwergewicht und die größte Demokratie, die es je gab" geworden, sagte Trump bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem indischen Premierminister Narendra Modi. Indien mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern sei ein "Wunder der Demokratie".
Trump hielt sich jedoch nicht lange mit Lobhudeleien auf. Schnell wurde der US-Präsident konkret, warum es bei seiner Familienvisite (Kinder und Schwiegersöhne reisten mit) eigentlich geht. Die USA haben in Indien die wirtschaftlichen und strategischen Beziehungen im Blick. Kein Wunder, ist Indien doch ein Markt, den es noch in Teilen zu entwickeln gilt. Dementsprechend rückte Trump den baldigen Abschluss eines umfassenden Handelsabkommens in den Fokus seines Besuches.
Die Gespräche dazu befänden sich noch in einem frühen Stadium, sie könnten aber zu einem "fantastischen Handelsabkommen" führen, sagte Trump in der westindischen Stadt Ahmedabad bei einem gemeinsamen Auftritt mit Premierminister Narendra Modi. Indien biete "unglaubliches Potenzial", so Trump. Schon bald werde das Land die größte Mittelklasse der Welt haben, sagte Trump in einem Cricketstadion vor rund 100.000 Menschen.
Ursprünglich hatten beide Seiten gehofft, schon anlässlich Trumps zweitägigem Besuch in Indien zumindest ein begrenztes Handelsabkommen abschließen zu können. Bislang scheinen die Verhandlungen jedoch festgefahren. Modis Regierung hält an Handelsbarrieren fest und setzte zuletzt auf eine Erhöhung von Zöllen. Die USA sehen im aufstrebenden Schwellenland großes Potenzial. 2018 betrug das bilaterale Handelsvolumen der USA mit Indien nur rund 140 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Das entspricht etwa einem Zehntel der Waren und Dienstleistungen, die die USA mit der EU austauschen.
Wachstumsmarkt mit Hindernissen
Doch Indien gilt als spannender Wachstumsmarkt: Die jährliche Wirtschaftsleistung liegt der Weltbank zufolge pro Kopf bei 2000 US-Dollar mit Potenzial nach oben. Zum Vergleich, in den USA sind es 63.000 US-Dollar. Bis vergangenen März hatte Washington Neu-Delhi noch Vorzugsbedingungen für bestimmte Einfuhren in die USA gewährt, diese dann aber wegen Indiens Festhalten an Handelsbarrieren in vielen Sektoren gestrichen.
Bei dem Besuch geht es aber auch um strategische Fragen. So wollen die USA die indischen Streitkräfte bei ihren Einsätzen im Indo-Pazifik-Raum unterstützen, wo sich Indien mit Machtansprüchen Chinas konfrontiert sieht. Es gehe darum, die Freiheit im Indo-Pazifik "für unsere Kinder und viele Generationen danach" zu sicher, erklärte Trump. Heißt: nichts weiter als Waffengeschäfte: Die USA freuten sich darauf, Indien die weltweit "besten und am meisten gefürchteten Waffen" zur Verfügung zu stellen, so Trump. So sollen Indien unter anderem Flugabwehrakten, Kampfflugzeuge und Drohnen verkauft werden. Ein Vertrag zum Erwerb der neuesten Kampfhubschrauber sei bereits ausgehandelt. Indien kauft bisher auch in Russland und europäischen Staaten schwere Waffen.
Angst vor China
Die USA, die in Asien zahlreiche Militärstützpunkte unterhalten, wollen der wachsenden Macht des kommunistischen Chinas etwas entgegen setzen. Dafür setzt Trump wie schon seine Vorgänger auf die Atommacht Indien. Trump nannte China nicht explizit beim Namen, ließ aber mehrfach erkennen, wen er als Bedrohung im Indo-Pazifik sieht.
Aber nicht alle Inder sind begeistert von der Visite des US-Präsidenten. Vertreter linker Parteien protestierten gegen den Besuch. Allerdings hielt sich der Unmut im Vergleich zu Protesten in Europa in Grenzen.
Es ist der erste Besuch Trumps in Indien als Präsident und der vierte Besuch eines US-Präsidenten in den vergangenen zwei Jahrzehnten. In dieser Zeit haben sich die Länder angenähert. Während des Kalten Krieges war das anders, da pflegte Neu-Delhi gute Beziehungen zu Moskau.
cgn/qu (dpa, rtre)