Trump und die Touristen
27. April 2017"Was für die USA spricht? Die Natur, die Geschichte, die Sonne, die netten Leute", schwärmen zwei Mitvierzigerinnen. Sie sind eben mit dem Flieger aus Miami in Berlin-Tegel angekommen. Beide in kurzen Outdoorhosen, braungebrannt. Sie waren in den Everglades und Florida. Einzige Kritik: "Gerade Florida ist übertrieben teuer."
An den beiden vorbei schiebt sich eine Familie mit Gepäckwagen, beladen mit großen Koffern. Müde nach dem 10-Stunden-Flug aus Miami reicht es beim Sohn für einen lässig hochgereckten Daumen für die USA. Doch dann dreht sich der Vater noch einmal um und strahlt: "Wir fahren da auf jeden Fall wieder hin."
Touristen-Schreck Trump?
Seit Donald Trumps Wahl zum neuen US-Präsidenten haben Experten gefürchtet, dass viele ausländische Gäste wegbleiben. Seine scharfe Rhetorik, seine von der US-Justiz geblockten Einreiseverbote hätten das Image der USA als gastfreundliches Land getrübt, so Fred Dixon, Präsident der Tourismusagentur von New York, noch im März.
Deutsche USA-Reisende hingegen scheinen unbeeindruckt. Auch Christiane Schraback. Seit 14 Jahren organisiert die Berliner Lehrerin jede Osterferien einen Schüleraustausch mit Missouri. Sie kennt viele Menschen in den USA und Deutschland, die Trump kritisch sehen. Sie sagt: "Ich werde mit dem Schüleraustausch trotzdem weitermachen".
Stresstest Einreise
Am meisten regt sich Christiane Schraback über das ESTA-Verfahren auf, das elektronische Einreiseformular. Mit dem können sie und ihre Schüler zwar einreisen, ohne ein Visum zu beantragen, aber: "Es wurde ständig verschärft, nicht erst seit Trump. Mit immer mehr Fragen: erst nach den Eltern, dann nach dem Arbeitgeber, jetzt nach Profilen in Sozialen Netzwerken. Wenn Europa das umgekehrt mit US-Bürgern machen würde, wäre das Geschrei groß."
Die Einreise am Flughafen in Chicago ist dieses Jahr gut gelaufen: "Bei mir wurde nur gefragt, warum ich einreise", so Schülerin Caroline. "Die Beamten bei der US-Einreise sind in den letzten zwei Jahren freundlicher geworden", bestätigt ihre Lehrerin.
Kunden buchen kurzfristiger
Auch im Reisebüro ist das ESTA-Verfahren ein Thema. Im Vorfeld können Antragsteller schon im Netz mit einem ESTA-Berechtigungsprüfer herausfinden, ob ihre ESTA-Bewerbung angenommen würde. Nadia Hönow, Inhaberin der Reiseagentur Reisen à la carte GmbH in Berlin, berichtet, dass viele ihrer Kunden sich beim Ausfüllen des Antrags dann lieber ließen. Ein Service, den sie gerne anbietet. "Wir haben dieses Jahr schon viele USA-Reisen vermittelt. Bisher habe ich von Kunden nichts Negatives gehört, eher Positives." Doch viele seien im Vorfeld zögerlicher und sagten nicht sofort ja, wenn es um die USA gehe. Eine weitere Tendenz beobachtet sie: "Unsere Kunden buchen kurzfristiger."
Unsicherheit und harte Zahlen
Der große Einbruch ist in der deutschen Reisebranche bislang ausgeblieben. Trumps Einreiseverbot für Reisende aus sechs vorwiegend muslimischen Ländern wurde von der Justiz gestoppt. Und das Mitnahme-Verbot für Laptops gilt nur für US-Direktflüge von acht Flughäfen im Nahen Osten. Faktisch also betreffen diese Einschränkungen nicht die Deutschen. Dennoch sind sie seit dem Amtsantritt von Trump skeptisch gegenüber USA-Reisen, wie die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) herausfand: Im Januar wollten 9 Prozent weniger Deutsche, die generell an einer USA-Reise interessiert sind, dort Urlaub machen. Dazu befragte die Gesellschaft nach eigenen Angaben 19.000 ausgewählte Haushalte. Bei den Umfragewerten habe es auch im Februar und März keine Trendwende gegeben, bestätigt GfK-Sprecherin Dörte Nordbeck.
Tilo Krause-Duenow, Gründer des alteingesessenen USA-Spezialreiseanbieters Canusa in Hamburg kann diese Tendenz für sein Unternehmen nicht bestätigen. Bei Buchungen und Anfragen habe es seit der Wahl Trumps im November stärkere und schwächere Wochen gegeben, so der Canusa-Chef. Am Monatsende sei aber immer eine einstellige Zuwachsrate von 5 - 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu verzeichnen. Aktuell steige die Nachfrage sogar vermehrt weiter. Krause-Duenow ist sich sicher: "Über 50 Prozent unserer Kunden reisen zum wiederholten Mal in die USA - die lassen sich von der Politik nicht so leicht aus der Ruhe bringen."
Dollarkurs erklärt nicht alles
Die Erfahrungen deutscher Reiseveranstalter sind im ersten Buchungsquartal 2017 unterschiedlich. Auf Nachfrage der DW bei fünf verschiedenen Anbietern reicht das Spektrum der Angaben zu den Buchungen vom guten Plus über stabile Zahlen bis zur Kaufzurückhaltung.
Peter Dorner hat sein Büro in New York und beobachtet die Entwicklung vor Ort genau. Er leitet die Geschäfte des deutschen Touristikkonzerns DER Touristik in den USA. "Die Nachfrage aus Europa und im speziellen aus Deutschland hat etwas nachgelassen. Ein Grund hierfür ist sicher der starke Dollar. Doch auch die Diskussionen rund um die Präsidentschaftswahlen sind keine guten Voraussetzungen für zusätzliches USA-Geschäft."
Sollte der Euro wieder stärker werden, würden die Flugzeuge in Richtung USA auch wieder voll werden, sagt Dorner, denn: "Auswirkungen für die Europäer gibt es vor Ort nicht. Die USA sind immer noch ein sehr sicheres Reiseland."
Reiseangebot vielfältig wie nie
Vor allem die US-Nationalparks sind bei Deutschen beliebt. "Deutsche Urlauber wollen Alltagsflucht, Abgeschiedenheit, Erlebnisurlaub", so eine Sprecherin der offiziellen Tourismusorganisation BrandUSA, die im Rahmen ihrer aktuellen Kampagne speziell deutschen Gästen noch mehr Angebote macht.
Auch führende deutsche Tourismuskonzerne wie TUI und Thomas Cook Deutschland haben ihr USA-Reiseangebot 2017 ausgebaut. Mit zwei Millionen Urlaubern jährlich sind die Deutschen die sechstgrößte Reisenation in den USA. Shopping in New York, Surfen in Florida, durch Kalifornien mit dem Campingmobil. Neu im Angebot sind Kreuzfahrten ab Florida in die Karibik oder von New York nach Kanada. Trotz des gedämpften Starts ins Reisejahr 2017 stehen die Zeichen so, dass die USA das beliebteste Fernreiseziel der Deutschen bleiben könnten - trotz Trump.