Tunesien ruft UN-Botschafter zurück
7. Februar 2020Der Diplomat Moncef Baati war erst im September zum UN-Botschafter des nordafrikanischen Landes ernannt worden. Als Grund für seine Abberufung nannte die staatliche Nachrichtenagentur TAP eine "schwache Leistung" und eine "mangelnde Koordination" mit dem Außenministerium in Tunis sowie mit Vertretern arabischer und islamischer Staaten bei den Vereinten Nationen. Dabei sei es um einen Resolutionsentwurf zum umstrittenen Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump gegangen, meldet TAP unter Berufung auf eine Quelle im tunesischen Präsidialamt.
Dagegen brachten mehrere Diplomaten in New York die Rückbeorderung des Botschafters gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Zusammenhang mit direktem Druck der US-Regierung auf die Regierung in Tunis. Damit wollten die USA den diplomatischen Widerstand im UN-Sicherheitsrat brechen. Nach dieser Darstellung war Baati in seiner Kritik am Plan Trumps weiter gegangen als von Staatspräsident Kais Saïed gewollt. Der Präsident befürchte, dass Baatis Engagement für die palästinensische Sache die Beziehungen seines Landes zu den USA beschädigen könnte. Dabei hatte Saïed den US-Nahost-Plan selbst als "Ungerechtigkeit des Jahrhunderts" kritisiert. Der 61-jährige Juraprofessor hatte als politischer Außenseiter die Präsidentenwahl im Oktober überraschend gewonnen und ist erst seit November im Amt.
Abbas kommt nach New York
Baati hatte zusammen mit Indonesien im Namen der Palästinenser für Dienstag eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates angefragt. Zu der Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums wird auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erwartet, ein heftiger Kritiker des Plans. Tunesien und Indonesien sind momentan Mitglieder des UN-Sicherheitsrates.
Am Dienstag könnte dabei auch der Resolutionsentwurf vorgestellt werden, der ebenfalls von Tunesien und Indonesien eingebracht wurde. Dieser wendet sich gegen den Ende Januar von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Nahostplan. Ein Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, beinhaltet eine Zwei-Staaten-Lösung unter Berücksichtigung der UN-Resolutionen und auf Basis der Grenzen von 1967. Er enthält außerdem eine direkte Ablehnung des Plans, den Trumps Schwiegersohn Jared Kushner ausgearbeitet hat. Kushner war am Donnerstag in New York, um den Botschaftern des Sicherheitsrates den angeblichen "Deal des Jahrhunderts" zur Lösung des Jahrzehnte alten Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern schmackhaft zu machen.
Friedensplan mit Schlagseite
US-Präsident Trump hatte vergangene Woche seinen Plan mit dem Titel "Frieden zu Wohlstand" vorgestellt, der eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser vorsieht. Ein künftiger palästinensischer Staat wird jedoch an strikte Bedingungen geknüpft. Unter anderem sieht der Plan die Annexion des Jordantals und von jüdischen Siedlungen im Westjordanland vor. Jerusalem soll außerdem "ungeteilte Hauptstadt Israels" werden. Palästinenser, die 1948 flüchteten, sollen nach Trumps Plan entweder in den künftigen Palästinenser-Staat ziehen, sich in die Aufnahmeländer integrieren oder sich in einem anderen Land niederlassen.
Der Plan war nach seiner Vorstellung in Washington vielerorts auf Ablehnung gestoßen - unter anderem bei der Europäischen Union und den Palästinensern -, vor allem, weil er die Palästinenser zu erheblichen Zugeständnissen an Israel zwingt. Ein Palästinenserstaat wäre mit harten Auflagen verbunden und der Traum der Palästinenser von einer Hauptstadt im historischen Ost-Jerusalem zunichtegemacht. Auch die Vereinten Nationen äußerten sich bestenfalls verhalten und betonten, dass sie eine Zwei-Staaten-Lösung auf Grundlage der UN-Resolutionen und den Grenzen von 1967 für notwendig halten. Die Palästinenser laufen Sturm gegen das US-Vorhaben. In den vergangenen Tagen nahm die Gewalt im Nahen Osten wieder spürbar zu.
kle/qu (dpa, afpe, rtre)