Trumps Überlegenheitsgesten im Corona-Taumel
4. Juli 2020Ungeachtet neuer Rekordzahlen an Corona-Infektionen hat US-Präsident Donald Trump die Überlegenheit der Vereinigten Staaten betont. Die USA seien "das gerechteste und außerordentlichste Land, das jemals auf der Erde existiert hat", sagte Trump bei einer Zeremonie zum Unabhängigkeitstag am Mount Rushmore in South Dakota.
Zu Trumps Rede vor der Kulisse der in Felsen gehauenen Portraits von vier US-Präsidenten hatten sich mehrere Tausend Menschen versammelt. Die wenigsten trugen Mund-Nasen-Schutz. "Noch vier Jahre", riefen zahlreiche Trump-Anhänger mit Blick auf dessen mögliche Wiederwahl im November. Andere jubelten: "Wir lieben dich!"
"Auslöschung unserer Geschichte"
Am Mount Rushmore machte Trump Stimmung gegen die landesweite Protestbewegung, die seit dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd Ende Mai Polizeigewalt und Rassismus anprangert. Es sei eine "gnadenlose Kampagne zur Auslöschung unserer Geschichte" im Gange, sagte der Präsident.
"Wütende Mobs" würden versuchen, Statuen der Gründerväter der USA zu Fall zu bringen, so Trump. Das "starke und stolze" amerikanische Volk werde aber nicht zulassen, dem Land seine Kultur zu rauben. Aus den Vereinigten Staaten solle ein Ort der "Unterdrückung, Herrschaft und Ausgrenzung" gemacht werden. "Aber wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen."
Die opulent inszenierte Veranstaltung in South Dakota war Auftakt der Feierlichkeiten zum Independence Day. Der Unabhängigkeitstag geht auf den 4. Juli 1776 zurück, als 13 vormals britische Kolonien erstmals in einem offiziellen Dokument als "Vereinigte Staaten von Amerika" bezeichnet wurden.
Vor Trumps Auftritt flogen Kampfjets über die 18 Meter hohen steinernen Präsidentenköpfe hinweg. Im Anschluss gab es ein Feuerwerk, was für Kritik sorgte. Seit 2009 war dort keine Pyrotechnik mehr gezündet worden - wegen der Waldbrandgefahr und aus Sorge, dass Schadstoffe ins Grundwasser gelangen können. Zudem protestierten Angehörige der Sioux gegen die Veranstaltung. Den Ureinwohnern ist der Gebirgszug der Black Hills im Westen des Bundesstaats heilig.
Kurz bevor der Präsident mit seiner Frau Melania am Mount Rushmore eintraf, hatte die Johns-Hopkins-Universität einen neuen Höchststand an bestätigten Corona-Infektionen in den USA gemeldet. Demnach wurden binnen 24 Stunden 57.683 neue Ansteckungen registriert. Insgesamt stieg die Zahl der Fälle in den Vereinigten Staaten auf 2,79 Millionen. 129.405 Menschen sind nach diesen Angaben mit dem Coronavirus gestorben - 728 mehr als am Vortag.
Während Trump die Lage herunterspielt und regelmäßig erklärt, die hohen Werte gingen auf eine Ausweitung der Tests zurück, sagte der oberste Gesundheitsbeamte der Regierung, Vizeadmiral Jerome Adams, die Todesfälle hinkten den Infektionszahlen mindestens zwei Wochen hinterher. Es gebe keinerlei Grund zur Entwarnung.
Vize-Gesundheitsminister Brett Giroir hatte am Donerstag mitgeteilt, der Anteil positiver Ergebnisse bei den Tests steige. "Das ist also eine tatsächliche Zunahme an Fällen." Kein Land auf der Welt ist stärker von COVID-19 betroffen als die USA.
Das Virus breitet sich vor allem im Süden und Westen des Landes aus. Besonders betroffen sind neben Texas, Kalifornien und Florida auch North Carolina, South Carolina und Tennessee. Floridas größte Stadt Miami verhängte vor dem Unabhängigkeitstag eine nächtliche Ausgangssperre zwischen zehn Uhr abends und sechs Uhr morgens. Diese gilt bis auf Weiteres. Die für Freitag geplante Wiedereröffnung von Casinos und Theatern wurde von Bürgermeister Carlos Gimenez gestoppt.
"Im Widerspruch zu den Richtlinien"
In Washington wird derweil groß gefeiert. An diesem Samstagabend will Donald Trump im Weißen Haus eine Ansprache an die Nation halten. Im Anschluss sollen die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag auf der National Mall beginnen. Höhepunkt soll auch dort das Feuerwerk am Abend sein. Zugleich sind mehrere Protestkundgebungen angemeldet.
Gegenwind kommt auch von offizieller Stelle: So beklagte die Bürgermeisterin der US-Haupststadt, Muriel Bowser, dass die Feierlichkeiten mitten in der Corona-Pandemie im Widerspruch zu den Richtlinien der Gesundheitsexperten stünden.
jj/AR (dpa, afp, rtr)