Truppensteller-Konferenz lässt viele Fragen offen
29. August 2006Israel war in der Vergangenheit eher misstrauisch und ablehnend, wenn es darum ging, internationale Truppen einzusetzen, um Bedrohung und Gewalt zu reduzieren. Das scheint sich gründlich geändert zu haben: Außenministerin Zipi Livni fordert förmlich eine starke UNO-Truppe für den Südlibanon, sie kann sich sogar vorstellen, dass dies ein Vorbild werden könne für eine Regelung mit den Palästinensern, und nur im Fall eines Scheiterns warnt Livni, dass Israel gezwungen sein könnte, die Dinge wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Meinungsumschwung durch Ernüchterung
Hinter dem Meinungsumschwung steckt zuminderst teilweise die Ernüchterung in Jerusalem, dass der Krieg gegen die libanesische "Hisbollah" nicht erbracht hat, was man sich erhofft und was man der eigenen Bevölkerung versprochen hatte. Aber es gibt da doch auch eine spürbare Veränderung der israelischen Grundeinstellung - nämlich die plötzliche Bereitschaft, sich einbinden zu lassen in internationale Lösungen.
Solches ist sicher eine positive Entwicklung. Wenn sie nur begleitet wäre von wirklich entschlossenem und überzeugendem Handeln der internationalen Gemeinschaft. Genau daran aber mangelt es bisher. Trotz aller optimistischen Erklärungen aus New York. So hat eine neue Truppensteller-Konferenz nun endlich ergeben, dass man die erste Aufstockung der 2.000 Mann starken "UNIFIL" im Südlibanon um zunächst 3.500 Blauhelme vereinbart habe. Noch ist zwar nicht klar, wer wann wo zum Einsatz kommen wird, aber immerhin: Bei Beginn der brüchigen Waffenruhe vor vierzehn Tagen schien selbst die erste Ausbaustufe der UNIFIL in weiter Ferne.
Genaues Mandat der Truppe noch immer unklar
Aber auch jetzt ist mehr offen als geklärt: Das genaue Mandat der Truppe ist noch nicht festgelegt, auch wollen wohl die meisten Länder - wie Deutschland - lieber ihre Marine entsenden, um die Mittelmeerküste des Libanon zu kontrollieren. Beirut ist nicht begeistert davon: "UNIFIL" soll der libanesischen Armee beim Landeinsatz im Süden helfen und nicht plötzlich eine Seestreitkraft vor der libanesischen Küste zusammenziehen. Beirut möchte nicht noch mehr seiner Souveränität abtreten. Deswegen besteht es auch darauf, die Ostgrenze nach Syrien hin selbst zu kontrollieren und Waffenschmuggel dort selbst zu unterbinden.
Und deswegen wiederholt Ministerpräsident Fuad Siniora, dass er nicht an eine gewaltsame Entwaffnung von "Hisbollah" denke: Dies würde die Gefahr von Kämpfen heraufbeschwören, die die Armee nicht gewinnen würde. Statt dessen stellt der Regierungschef sich die langsame Integration von Hisbollah in die regulären Streitkräfte vor: Hisbollah ist kein Fremdkörper, sondern Teil des Libanon. Aber Hisbollah darf nicht länger Staat im Staat und unkontrollierte Miliz sein. Sie muss sich zur politischen Kraft wandeln und integrieren.
Das aber wird nicht mit Waffengewalt zu erreichen sein. Weder durch Beirut noch "UNIFIL". Hierzu ist geschicktes politisches Taktieren nötig. Und rasche Lösungen sind nicht zu erwarten. Es ist deswegen nicht abwegig, den Prozess - wenn er denn erst einmal beginnt - nicht auf Wochen und Monate anzulegen, sondern eher auf Jahre. Ein Grund mehr, dass in den meisten Staaten keine rechte Begeisterung aufkommt für ein massives Engagement bim Libanon.