Träge Tour zur Agentur
27. Mai 2004Eigentlich ist die Idee uralt. Die EU-Rüstungsagentur geht auf eine deutsch-französische Initiative zurück. Im Grundsatz wurde das Projekt schon im Elysée-Vertrag von 1963 festgeschrieben. Beide Regierungen wollten sich bemühen, gemeinsame Programme "vom Stadium der Ausarbeitung geeigneter Rüstungsvorhaben und der Vorbereitung der Finanzierungspläne zu organisieren". Will heißen: Beide Armeen sollten ihre zukünftigen Waffen zusammen aussuchen und kaufen.
Ein erstes Ergebnis gab es dreißig Jahre später - in Form einer Erklärung zur Gründung einer deutsch-französischen Rüstungsagentur. Italien und Großbritannien gefiel die Idee ebenfalls und so richteten alle vier Staaten 1997 die OCCAR (Organisation Conjointe de Coopération en Matière d'Armement) ein. Dabei war das Projekt überfällig.
Halbgare Ideen
Moderne Waffen sind schon lange sündhaft teuer. Kein europäisches Land kann eigene Vorhaben noch finanzieren. Ein Projekt wie der Eurofighter verschlingt schon im Vorfeld der eigentlichen Fertigung Milliarden Euro. Notwendige Anschaffungen können also nur noch gemeinsam geschultert werden. Trotz der gewichtigen Gründe für eine gemeinsame Beschaffungsbehörde konnten sich die Regierungen aber nur auf das aller dringlichste einigen.
Zur Bündelung der Waffenprogramme wurde die OCCAR mit etwa 200 Mitarbeitern in Bonn eingerichtet. Die Staaten planen und entscheiden über ihre Ausrüstung weiterhin allein. Nur bei der Durchführung der Aufträge schließen sich die Regierungen zusammen. Die OCCAR funktioniert wie eine Kaffeemaschine, die jeder benutzen kann, damit jedoch mit seinem eigenen Pulver seine ganz spezielle Sorte brüht. So lassen Deutsche und Franzosen gemeinsam einen Kampfhubschrauber fertigen, Franzosen und Italiener wiederum zusammen Luft-Boden-Raketen.
Regelungs-Chaos
Daneben einigten sich die Regierungen innerhalb einer anderen Organisation, der Westeuropäischen Union (WEU), auf eine gemeinsame Rüstungsagentur hinzuarbeiten. Im November 1996 wurde die WEAO (Western European Armaments Organization) als Untereinheit des Verteidigungsbündnisses eingerichtet. Eigentlich sollte die Rüstungsgruppe den Weg zu einer Agentur ebnen. Letzlich versandete das Projekt jedoch und die WEAO entwickelte sich zu einem regelmäßigen Treff der Verteidigungsminister - ohne stringentes Programm und Ziel.
In der Folge vereinbarten die Staaten wichtige Regelungen für die Rüstungspolitik nur noch auf zwischenstaatlicher Ebene. Zahlreiche Rahmenabkommen wurden für den Waffenexport und die technologische Forschung abgeschlossen. Entnervt konstatiert ein Beobachter 1998: "Das Geflecht der Instanzen, die sich auf bilateraler, europäischer und NATO-Ebene um Rüstungskoopertaion kümmern, ist mittlerweile fast ebenso unüberschaubar geworden wie die Vernetzung der Industrien."
Schnelle Entscheidung
Umso erstaunlicher ist die Dynamik, die seit gut einem Jahr herrscht. In seinen Europäischen Verfassungsentwurf schrieb der Konvent das Ziel eines "Europäischen Amtes für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten". Bei ihrem Treffen in Thessaloniki nahmen sich die Staats- und Regierungschefs des Projektes an und einigten sich, bis spätestens Ende 2004 eine Agentur zu entwickeln. Mit oder ohne Verfassung. Mitte November 2003 beschlossen die Außen- und Verteidigungsminister der EU eine Arbeitsgruppe einzurichten, die bis spätestens 31. Dezember 2004 eine europäische Rüstungsagentur aufbauen soll.
Als dann einen Monat später noch eine "europäische Sicherheitsstrategie" gefeilt wurde, waren die Weichen für eine gemeinsame Rüstung endgültig gestellt. Anfang 2004 kamen zwölf Experten aus den Mitgliedsländern - das sogenannte Agency Establishment Team - zum ersten Mal in Brüssel zusammen. Vier Monate später stand bereits der Rohentwurf für die European Defence Agency - die Europäische Verteidigungsagentur. Der Bericht der Experten dient nun als Blaupause für ein europäisches Rüstungsamt. Am 17. Juni soll die Bildung der Agentur endgültig von den Staats- und Regierungschefs beschlossen werden.