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Turbulente Handelsbeziehungen

Andreas Hartmann22. September 2002

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und der EU sind angespannt. Europäische Politiker und Unternehmer warnen sogar vor einem ausgewachsenen Handelskrieg.

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Strafzölle lähmen die WirtschaftBild: AP

Im März dieses Jahres beschloss die amerikanische Regierung, der heimischen Stahlindustrie mit Zöllen von bis zu 30 Prozent auf Stahlimporte unter die Arme zu greifen. Diese Schutzmaßnahme ist für drei Jahre angelegt. Die EU veranschlagt den daraus entstehenden finanziellen Schaden für die europäische Stahlindustrie mit 2,5 Milliarden Euro.

Pascal Lamy
EU-Handelskommissar Pascal LamyBild: AP

Als Vergeltungsmaßnahme kündigte die EU Strafzölle im Wert von knapp 380 Millionen Euro an. Diese wurden jedoch bis zum 30. September ausgesetzt, da die USA zahlreiche Ausnahmen für EU-Stahlexporte von den Schutzzöllen bewilligten. Außerdem ist ungeklärt, ob wirtschaftliche Vergeltungsmaßnahmen ohne einen Urteilspruch der Welthandelsorganisation WTO rechtens sind. Eine Entscheidung der WTO in dieser Sache wird jedoch nicht vor 2003 erwartet.

Steueroasen für US-Firmen

Die Stahlzölle sind nur ein Streitfall, der derzeit die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den USA belastet. Ein weiterer Konflikt schwelt seit Jahren. Es geht dabei um die amerikanischen Foreign Sales Corporations (FSC). Unternehmen wie Microsoft oder Boeing dürfen nach US-Recht in Steueroasen wie den Bermudas oder den Cayman-Islands Firmen einrichten, mit denen sie bis zu 15 Prozent Körperschaftssteuer sparen. Durch diesen Kniff können verschiedene amerikanische Produkte auf Exportmärkten preisgünstiger als europäische angeboten werden.

Zwar reformierte die amerikanische Regierung bereits im November 2000 ihr Steuerrecht. Doch die FSCs wurde nicht verboten. Mittlerweile hat selbst die WTO diese Praxis verurteilt. Sie legte Ende August fest, dass es sich dabei um verbotene Exportbeihilfen handele. Bei der Frage nach dem Strafmaß folgte die WTO den Einschätzungen der EU, die sich über diesen unlauteren Wettbewerb offiziell beschwert hatte und den Schaden durch die Begünstigungen auf ein Gesamtvolumen von vier Milliarden Dollar jährlich taxierte. Die USA gingen von nur einer Milliarde Dollar aus. Die EU hat bereits eine Liste mit US-Produkten vorgelegt, die mit Strafzöllen belegt werden könnten, um die Schieflage zwischen den Kontinenten zu beheben. Diese reicht von Bauteilen für Atomreaktoren über Agrarprodukte bis hin zu Kosmetika.

Sanktionen schaden eigener Wirtschaft

Es handelt sich bei den Gegenmaßnahmen der EU um die schärfste Sanktion in der Geschichte der WTO. Der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick bezeichnete sie sogar als wirtschaftliche "Atombombe". Wegen ihres exorbitanten Ausmaßes ist es fraglich, ob die EU tatsächlich die Sanktionen in die Tat umsetzen wird. Europäische Unternehmer und Politiker fürchten, sie könnten den gesamten transatlantischen Handel schwer schädigen. Dieser hat immerhin ein jährliches Volumen von 400 Milliarden Dollar. Die EU-Handelskommission und Washington führen deshalb weitere Verhandlungen, um den Streit friedlich beilegen zu können. Dabei ist auch mit Spannung zu erwarten, welche Entscheidungen über Strafzölle im Stahlhandelskonflikt gefällt werden.