Tücken bei der Weihnachtsbaumauswahl
24. Dezember 2014Es gibt eine klare Nummer Eins. Die Nordmanntanne ist der Lieblingsweihnachtsbaum der Deutschen - mit einem Anteil von 90 Prozent aller in der Weihnachtszeit verkauften Bäume. Der Hauptgrund für dessen Beliebtheit: Er verliert kaum Nadeln. Die Frage aber, woher der Baum kommt, dürfte kaum jemand einfach so beantworten können. Denn die Bäume werden zwar hier gepflanzt, gezüchtet und geerntet, die Samen dafür aber werden aus Georgien importiert.
Neben der Nordmanntanne werden auch noch ein paar Fichten und noch weniger Kiefern für Weihnachten geschmückt. Und das, obwohl beide im deutschen Wald zu Hause sind. Aber auch das ist nur bedingt richtig: Die Fichten wachsen zwar hierzulande, "haben aber in Deutschland nicht ihren natürlichen Standort. Sie wurden von den Preußen nach Deutschland eingeführt", erklärt Simon Keelan vom Botanischen Garten der Bonner Universität. Dieser veranstaltet schon viele Jahre eine Weihnachtsbaum-Aktion. Dabei werden in der Eifel - einem Naturpark in der Nähe Bonns - Nadelbäume in einem Mischwald geschlagen, damit Laubbäume ungehinderter wachsen können. Andere Bäume stammen von Naturschutzflächen, die renaturiert werden. Die abgeholzten Bäume werden gegen eine Spende abgegeben.
Kein Nebenprodukt der Forstwirtschaft mehr
So, wie die Weihnachtsbaum-Aktion in der Eifel vorgeht, so war es bis zum zweiten Weltkrieg: Weihnachtsbäume fielen als Nebenprodukt der Forstwirtschaft an. Die Nadelbäume in Weihnachtsgröße wurden da, wo sie sehr dicht stehen, entfernt, damit sie sich nicht gegenseitig beim Wachsen behindern. Dies hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnten total verändert. Heute stammen beinahe alle Weihnachtsbäume aus Weihnachtsbaumkulturen.
Dafür werden große Flächen im Wald, aber auch außerhalb des Waldes genutzt. Obwohl der Boden wie bei einer Ackerbaukultur umgebrochen wird und Dünger und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, zählen die Flächen in vielen Bundesländern als Waldfläche und nicht als Ackerfläche. "Wenn aber so eine Fläche im Wald eingezäunt wird, dann ist sie nicht mehr durchgängig für Wildtiere. Damit ist das meiner Meinung nach keine Waldfläche mehr," merkt Keelan an. Die Frage könne man sich grundsätzlich stellen: "Ist das nötig, dass ackerfähige Standorte mit Weihnachtsbäumen aufgeforstet werden, wo sie eigentlich dazu dienen könnten, Lebensmittel oder Futtermittel zu produzieren?"
Tödlicher Beruf
Doch aus der Eifel zurück zur Nordmanntanne. Die Samen für die rund 45 Millionen Bäume, die jährlich in Deutschland verkauft werden, stammen hauptsächlich aus dem Kaukasusgebirge in Georgien. Um zu den heiß begehrten Samen zu gelangen, klettern georgische Zapfenpflücker im Herbst in die Wipfel der bis zu 60 Meter hohen Bäume - oft ohne Sicherungseinrichtung. Tödliche Unfälle sind nicht selten. Hohes Risiko bei wenig Lohn: Die Zapfenpflücker verdienen weitaus weniger als der landesübliche Durchschnitt, der in Georgien bei rund 2200 Euro pro Jahr liegt.
Alternative: Fair und Bio
Doch es gäbe eine Lösung, die auch etwas mit dem deutschen Weihnachtsbaum-Käufer zu tun hat. Sie heißt: Fairer Handel. Die Bereitschaft, mehr Geld zu zahlen, um fair gehandelte Produkte zu kaufen, wächst auch in Deutschland. 2013 kauften die Deutschen Fairtrade-zertifizierte Produkte im Wert von mehr als einer halben Milliarde Euro. Das sind 23 Prozent mehr als im Jahr davor, berichtet die Organisation Fairtrade auf ihrer Internetseite.
Seit 2012 werden auch fair gehandelte Weihnachtsbäume in Deutschland angeboten. Die Samen für die Bäume stammen von "Fairtrees", einer Stiftung, die 2007 von der dänischen Tannensamenhändlerin und Baumproduzentin Marianne Bols gegründet wurde. Nach Deutschland gehen über die Hälfte der von Fairtrees vertriebenen Samen, aus denen dann in Deutschland die Bäume gezüchtet werden.
Die Baumhändler zahlen 1,25 Euro pro Fairtree-Aufkleber, wovon 67,5 Cent von der Fairtree-Stiftung in Sozialprojekte in der Herkunftsregion der Nordmanntannen investiert wird. Die Stiftung stellt den Zapfenpflückern Kletterausrüstungen zur Verfügung und finanziert ihnen eine Unfallversicherung. Das alles mit "einer kleinen Summe, die fast jeder von uns sich leisten kann und für die Einwohner dieser Region in Georgien sehr viel ausmacht", fügt Bols im Gespräch mit DW hinzu.
Mehr als 80.000 fair gehandelte Weihnachtsbäume wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. Mit nur einem Prozent Marktanteil bleibt "Fairtrees" zwar noch eine Nische. Bols sieht das aber positiv und sagt: "Immer mehr Konsumenten wissen von unserem Projekt. Mit steigender Nachfrage für fair gehandelte Weihnachtsbäume werden sich mehr Weihnachtsbaumzüchter an das Projekt anschließen." Sie prognostiziert einen Marktanteil von 10 Prozent für "Fairtrees" in den nächsten Jahren.