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Türkei blockiert erneut Online-Dienste

6. April 2015

Neue Attacke auf soziale Medien: Die Behörden in der Türkei haben landesweit den Zugang zu Facebook,Twitter und YouTube gesperrt. Die Blockade wurde aber nach einigen Stunden wieder aufgehoben..

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Symbolbild Türkei Twitter Sperrung Zensur (Foto: AFP)
Bild: AFP/Getty Images/OZAN KOSE

Die Sperren wurde von der Staatsanwaltschaft angeordnet, teilte ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan mit. Als Grund für die neuen landesweiten Sperren wurde die Verbreitung eines Fotos in sozialen Medien genannt, auf dem der Istanbuler Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz zu sehen war, den Linksextremisten in der vergangenen Woche in einem Gerichtsgebäude als Geisel genommen hatten und mit einer Pistole bedroht hatten. Kiraz und die beiden Geiselnehmer wurden getötet, als die Polizei das Gebäude stürmte, um ihn zu befreien.

Zunächst wurde auch der Zugang zu Facebook blockiert, doch wurde die Sperre nach kurzer Zeit wieder aufgehoben. Der Leiter der Behörde für Informationstechnologie, Tayfun Acarer, sagte der Zeitung "Hürriyet", Facebook sei ebenfalls zunächst von dem Gerichtsbeschluss betroffen gewesen, habe die Bilder von der Geiselnahme dann aber entfernt. Daraufhin sei die Sperre aufgehoben worden. Das Gleiche galt auch für Twitter: Nach Angaben eines Regierungsvertreters willigte das Unternehmen ein, die Bilder zu entfernen. Die Blockade wurde am Abend aufgehoben. Der Zugang zu YouTube blieb zunächst gesperrt.

Peinliche Indiskretionen

Im Februar 2014 war in der Türkei ein Gesetz in Kraft getreten, mit dem die Regierung ihre Kontrolle über das Internet verschärfte. Vor der Kommunalwahl Ende März 2014 hatte die Regierung den Kurznachrichtendienst Twitter und dann auch YouTube sperren lassen. Über soziale Medien waren zuvor Telefonmitschnitte verbreitet worden, die das Umfeld des damaligen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan unter Korruptionsverdacht brachten. Außerdem waren Mitschnitte eines vertraulichen Gesprächs ranghoher türkischer Regierungsbeamter über die Lage in Syrien aufgetaucht. Dabei ging es um eine mögliche militärische Intervention der Türkei in dem Bürgerkriegsland. Das Gesetz und die Blockade sozialer Medien wurden besonders von der Europäischen Union und den USA scharf kritisiert. Das Verfassungsgericht urteilte schließlich jedoch, die Sperre verletze das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.

In der zweiten Hälfte 2014 hat die Türkei mehr als fünf Mal so viele Anträge auf Löschung von Twitter-Inhalten gestellt als jedes andere Land. Das geht aus Daten hervor, die der Kurznachrichtendienst im Februar auf seiner Webseite veröffentlicht hat.

Internetzensur in der Türkei

Erst am Freitag hatte Staatspräsident Erdogan ein Gesetz unterzeichnet, das unter anderem eine schärfere Kontrolle des Internets ermöglicht. Es erlaubt Ministern, den Zugang zu Internet-Seiten zu beschränken, auf denen etwa zur Störung der öffentlichen Ordnung aufgerufen wird. Die Regierung in Ankara hat wiederholt erklärt, dass ihre Sicherheitsreformen darauf abzielten, die Gesetzgebung an die der europäischen Partner anzupassen. Menschenrechtsgruppen weisen dies jedoch zurück und werfen der regierenden islamisch-konservativen AK-Partei vor, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Die Partei strebt bei der Wahl am 7. Juni eine Zwei-Drittel-Mehrheit an, die ihr Verfassungsänderungen ermöglichen würde.

Auch Atheisten-Verband im Visier

Erst Anfang März ließ ein Gericht den Zugang zur Internetseite des ersten Atheisten-Verbandes des Landes wegen einer angeblichen "Beleidigung religiöser Werte" sperren. Die Website des Verbandes könne zu einer "Störung der öffentlichen Ordnung" beitragen, argumentierte das Gericht in der Hauptstadt Ankara, wie die Atheisten-Gruppe mitteilte. Der Verband nannte die Entscheidung "undemokratisch und illegal".

Der Verband war erst im vergangenen Jahr gegründet worden. Er kümmert sich unter anderem um rechtlichen Beistand für Atheisten, die sich diskriminiert fühlen. Die vorwiegend muslimische Türkei ist von der Verfassung her ein säkularer Staat, doch werfen Kritiker der islamisch-konservativen Regierung in Ankara vor, das Land nach ihren religiösen Vorstellungen umformen zu wollen. Der heutige Präsident Erdogan hatte einen Vergleich zwischen Atheisten und Terroristen gezogen.

kle/sti (afp, rtr, kna, Archiv)