Türkei ruft Botschafter aus Wien zurück
22. August 2016Ankara habe die Rückkehr des türkischen Botschafters aus Wien veranlasst, "um unsere Beziehungen genau zu prüfen", teilte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu mit. "Leider sind die bisherigen Gründe für die Aufrechterhaltung unserer Zusammenarbeit mit Österreich entfallen", so Cavusolgu weiter. Zugleich warf er dem Land vor, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu unterstützen. Hintergrund dürfte eine Kurden-Kundgebung in Wien sein, die am vergangenen Samstag unter dem Motto "Demonstration gegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und die Isolation von (PKK-Führer) Abdullah Öcalan" stattfand.
Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei sind schon seit Wochen angespannt. Nach dem Putschversuch und dem massiven Vorgehen der Türkei gegen mutmaßliche Unterstützer hatte der österreichische Bundeskanzler Christian Kern unter anderem einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Ankara warf Wien daraufhin einen "radikalen Rassismus" vor, Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verglich die Türkei mit einer "Diktatur".
"Bild der Türkei befleckt"
Für große Empörung sorgte in Ankara zuletzt auch eine Schlagzeile der "Kronen Zeitung", die kurzzeitig auf Bildschirmen am Wiener Flughafen zu sehen war. Die darin enthaltene Behauptung, dass die Türkei Sex mit Kindern unter 15 Jahren erlaube, "befleckt das Bild der Türkei und ist falsch", betonte ein türkischer Diplomat.
Zur Einbestellung seines Geschäftsträgers in Ankara hatte das österreichische Außenministerium damals erklärt: "Wir nehmen die Reaktion der Türkei in dieser Angelegenheit zur Kenntnis, verweisen aber in diesem Zusammenhang zugleich auf die Pressefreiheit."
Die von der Türkei monierte Schlagzeile im Flughafen-Newsticker der "Kronen Zeitung" bezog sich auf ein Urteil des türkischen Verfassungsgerichts. Es hatte entschieden, dass ein Passus zur Ehemündigkeit im türkischen Strafgesetzbuch gekippt wird.
Das Verfassungsgericht gab damit dem Antrag eines Bezirksgerichts statt, das bemängelt hatte, das bestehende Gesetz sei zu weit gefasst. Kinder zwischen 12 und 15 Jahren seien in der Lage, die Bedeutung des sexuellen Aktes zu verstehen; das müsse strafrechtlich berücksichtigt werden, hieß es in dem Antrag. Zivilgesellschaftliche Gruppen, aber auch führende Politiker wie die schwedische Außenministerin Margot Wallström hatten die Entscheidung der Verfassungsrichter scharf kritisiert.
wa/jj (dpa, afp)