Türkei schikaniert deutsche Diplomaten
8. Dezember 2016Nachdem eine türkische Politikerin am Kölner Flughafen zur Befragung festgehalten wurde, hat die Türkei die Kontrollen für deutsche Diplomaten am Istanbuler Atatürk-Flughafen verschärft. Die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, dass die verschärften Regeln seit Mittwochabend gelten. Demnach sei die Ein- und Ausreise an der Passkontrolle erst nach einer "detaillierten Prüfung und Untersuchung" erlaubt. Vier deutsche Diplomaten hätten daher bei der Ausreise ihren Flug verpasst. Die Nachrichtenagentur DHA meldete, die Maßnahmen gingen auf eine neue Anordnung der Regierung zurück. Bei der Einreise entstünden für deutsche Diplomaten rund einstündige Verzögerungen.
Hintergrund der Maßnahme ist ein Streit um die Behandlung der türkischen Abgeordneten Ayse Nur Bahcekapili. Die Vize-Parlamentspräsidentin von der regierenden AKP war am Montag bei der Ausreise am Flughafen Köln/Bonn stundenlang befragt worden, weil sie Medienberichten zufolge mit einem Behelfspass reiste, nachdem ihr normaler Pass in Deutschland mit ihrer Handtasche gestohlen worden war. In dem Behelfspass aber befand sich kein Visum.
Strafmaßnahme Erdogans
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich am Mittwoch in einer Rede empört über den Vorfall und hatte daraufhin gedroht, die Türkei werde das deutsche Verhalten "genauso erwidern". Erdogan sagte: "Ihr empfangt Terroristen als Gäste in Eurem Land. Aber die stellvertretende türkische Parlamentsvorsitzende dieses Landes und ihre Delegation lasst Ihr dort stundenlang an der Tür warten." Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin forderte von den deutschen Behörden eine "zufriedenstellende" Erklärung für die Behandlung Bahcekapilis. "Wir erwarten, dass sie ihrerseits ermitteln, wie sich der Vorfall zugetragen hat, und diesbezüglich die nötigen Schritte gegen die betroffenen Personen unternehmen", sagte er in Ankara.
Die Bundespolizei sprach von "maximal einer Dreiviertelstunde" Wartezeit für Bahcekapili. Die Abgeordnete habe nur vorläufige Papiere vorlegen können, aus denen aber kein Diplomatenstatus erkennbar war. Daher habe die Polizei Kontakt mit dem türkischen Generalkonsulat aufgenommen, um den Status zu überprüfen. Am Nachmittag wurde deshalb der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, einbestellt.
Mutmaßliche Deutsche entpuppen sich als Schweizer
Wenige Stunden nach Erdogans Drohung wurden zwei Korrespondenten des Schweizer Fernsehens SRF in der Türkei fälschlicherweise für Deutsche gehalten und deswegen nach eigener Aussage von der Polizei schikaniert. Die Türkei-Korrespondentin des SRF, Ruth Bossart, sagte der Deutschen Presse-Agentur, Polizisten am Flughafen in Diyarbakir hätten die beiden Teams am Vorabend "bis auf die Schmutzwäsche" im Gepäck durchsucht. Sie hätten dabei ausdrücklich Bezug auf die verzögerte Ausreise der Abgeordneten aus Deutschland genommen.
Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei sind seit Monaten angespannt. Ankara hat ungehalten reagiert auf Kritik aus Berlin an den Massenfestnahmen und -entlassungen infolge des Putsches am 15. Juli sowie am harten Vorgehen gegen Journalisten und kurdische Politiker. Die Türkei wirft Deutschland zudem vor, Aktivisten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Zuflucht zu gewähren, was die Bundesregierung entschieden zurückweist.
pab/stu (afpd, dpa)