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Politik

Türkei weist Merkel-Kritik zu Afrin zurück

22. März 2018

Gerade erst hat Kanzlerin Merkel den türkischen Militäreinsatz im nordsyrischen Afrin erstmals verurteilt, da meldet sich das Außenministerium in Ankara und verwahrt sich gegen die ungewöhnlich deutliche Rüge.

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Türkische Armee rückt in Afrin ein
Türkische Truppen nehmen wichtige Positionen im eroberten Afrin einBild: Reuters/K. Ashawi

Das türkische Außenministerium nannte die Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Militäroffensive in Nordsyrien "bedauerlich". "Wir halten diese bedauerlichen Äußerungen der deutschen Kanzlerin Merkel (...) über den Einsatz Olivenzweig, die nichts mit der Realität zu tun haben und auf Fehlinformationen beruhen, für inakzeptabel", erklärte das Ministerium. Es sei merkwürdig, dass "einige unserer Verbündeten die Lage mit den Augen von Terroristen betrachten".

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unterdessen von einem Telefonat zwischen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan. Beide hätten "die Bedeutung des gemeinsamen Kampfes gegen den Terrorismus" betont. Zudem hätten sie die Entschlossenheit betont, den bilateralen Beziehungen neuen Schwung zu geben. Demnach äußerten sich beide nicht zu den Aussagen Merkels.

Unmissverständliche Kritik

Zwei Monate nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Offensive gegen die kurdische YPG-Miliz erstmals in aller Deutlichkeit verurteilt. "Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei ist es inakzeptabel, was in Afrin passiert, wo tausende und abertausende von Zivilisten verfolgt sind, zu Tode kommen oder flüchten müssen", sagte die CDU-Vorsitzende im Bundestag. "Auch das verurteilen wir auf das Schärfste." Merkel verurteilte auch die Angriffe der syrischen Regierungstruppen in der nahe der Hauptstadt Damaskus gelegenen Region Ost-Ghuta und gab Russland eine Mitverantwortung. "Gerade in diesen Tagen erleben wir grauenhaftes Tun durch Bombardements zum Beispiel in Ost-Ghuta", sagte Merkel.

Deutliche Kritik am Vorgehen des türkischen Militärs in Afrin kam auch von Bundesaußenminister Heiko Maas. Insbesondere warnte er die Regierung in Ankara vor einer dauerhaften Besatzung der Kurdenstadt. Dies wäre sicher nicht mehr im Einklang mit dem Völkerrecht, sagte der SPD-Politiker im Bundestag in seiner Regierungserklärung als Außenminister. In dieser Frage müsse der Druck auf die Verantwortlichen des NATO-Partners Türkei aufrechterhalten werden. "Was immer die Türkei unternimmt, muss sich völkerrechtlich im Rahmen des Erforderlichen und des Verhältnismäßigen bewegen - und hier haben wir gerade in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen schon erhebliche Zweifel." Die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Andrea Nahles, hatte den türkischen Militäreinsatz bereits am Dienstag als völkerrechtswidrig eingestuft. Auch CDU-Abgeordnete sowie alle Oppositionsfraktionen teilen diese Einschätzung.

Berichte über Plünderungen

Am Wochenende hatten türkische Einheiten zusammen mit verbündeten syrisch-arabischen Milizen die Stadt Afrin in der gleichnamigen nordsyrischen Region eingenommen. Den Eroberern werden schwere Übergriffe auf Zivilisten sowie Plünderungen und Zerstörungen von Kulturgütern vorgeworfen. Helfer berichten inzwischen von einer dramatischen humanitären Lage in Afrin. Die Türkei zielt mit ihrer Offensive auf die syrische Kurdenmiliz YPG, die sie als verlängerten Arm der verbotenen Kurdenorganisation PKK in der Türkei betrachtet.

Derweil warnte die Grünen-Politikerin Claudia Roth den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan davor, syrische Flüchtlinge aus der Türkei nach Nordsyrien zu bringen. "Seit Wochen beobachten wir einen völkerrechtswidrigen Angriff der Türkei auf Afrin, auch mit deutschen Panzern", sagte Roth der Deutschen Presse-Agentur. Nun drohe eine "massenweise Rückführung in ein Kriegsland" und "eine aggressive und ethnisch motivierte Umsiedlungspolitik".

Was wird aus Afrin?

Die Kurden befürchten, dass die Stadt Afrin unter Kontrolle der mit der Türkei verbündeten Freien Syrischen Armee (FSA) bleiben könnte. Die türkische Führung betont seit Wochen, dass sie Afrin nicht dauerhaft besetzen will, hat aber auch ausgeschlossen, das Gebiet an die Regierung von Präsident Baschar al-Assad zurückzugeben. Mit Blick auf "die militärische Aggression der Türkei" forderte die frühere Grünen-Vorsitzende, die Bundesregierung müsse den Fall auf die Tagesordnung der NATO setzen – "mitsamt der Frage, welche Konsequenzen die Entwicklungen der letzten Wochen auf die NATO-Mitgliedschaft der Türkei haben sollten."

Die Türkei ist Partner Deutschlands in der NATO und setzt bei der Offensive Panzer aus deutscher Produktion ein. Die Bundesregierung hat seit dem Einmarsch der türkischen Armee in Syrien weitere Rüstungsexporte in die Türkei genehmigt. In den vergangenen zwei Monaten waren es 20 Genehmigungen im Umfang von 4,4 Millionen Euro.

kle/rb (dpa, rtr, afp)