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Politik

Ankara verweigert Treffen mit Abgeordneten

5. Oktober 2016

Nach Incirlik durften die Parlamentarier reisen, Gespräche mit ihnen lehnt die türkische Regierung ab. Ist der Besuch auf dem Bundeswehrstützpunkt wirklich das Ende des diplomatischen Dramas zwischen Berlin und Ankara?

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Delegationsreise des Verteidigungsausschusses in die Türkei (dpa)
Besuch ja, Gespräche nein: Die Abgeordneten des deutschen Verteidigungsausschusses auf ihrem Weg ins türkische IncirlikBild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

Eine Stunde hatten sich die sieben Abgeordneten aus dem Bundestags-Verteidigungsausschuss für Gespräche eingeplant und bis zuletzt auf eine Zusage aus dem Außen- oder Verteidigungsministerium gehofft. Doch diese Stunde können sie nun anderweitig verbringen, die türkische Regierung lehnte ein Gespräch mit den nach Ankara und Incirlik gereisten Parlamentariern ab. Eine Begründung habe es dafür nicht gegeben, hieß es aus der Bundestagsdelegation.

Am Dienstagabend hatten die Abgeordneten allerdings mit Mitgliedern des türkischen Verteidigungsausschusses gesprochen. Delegationsleiter Karl Lamers (CDU) nahm die Absage der türkischen Regierung gelassen. "Das Gespräch gestern war so gut, dass wir sehr zufrieden sind, dass wir das Eis gebrochen haben", so Lamers.

Erster Besuch nach wochenlangem Drama

Nach vier Monaten Besuchsverbot konnten an diesem Mittwoch wieder Abgeordnete des Bundestags zu den deutschen Soldaten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik reisen. Die siebenköpfige Delegation mit Politikern aller Fraktionen machten sich ein Bild der Lage auf dem Bundeswehrstützpunkt und sprachen mit Soldaten. Auf dem Bundeswehrstützpunkt im Süden der Türkei sind 250 deutsche Soldaten stationiert, die sich mit Aufklärungs- und Tankflugzeugen am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak beteiligen.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold lobte nach dem Besuch in Incirlik die Zusammenarbeit der Bundeswehrsoldaten mit den Soldaten der anderen in Incirlik stationierten Länder  als gut. Das gelte ausdrücklich auch für die türkischen Kollegen, so Arnold, der Umgang sei immer "professionell und auftragsbezogen" gewesen. Insgesamt habe er von der Türkeireise bislang den "Eindruck, dass wir ein bisschen helfen konnten, dass die Eiszeit, die ein bisschen geherrscht hat, beendet ist", sagt der SPD-Politiker.

Einsatz-Verlängerung steht auf der Kippe

Die türkische Regierung hatte den Abgeordneten den Zugang zum Stützpunkt wegen der Armenier-Resolution des Bundestags monatelang untersagt. Im Juni hatte das Parlament die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord verurteilt. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs wehrt sich massiv gegen diese Einstufung. Die türkische Regierung hob das Besuchsverbot für die Abgeordneten erst auf, als die Bundesregierung klarstellte, dass die Resolution keine rechtlichen Folgen habe.

Mit der Abgeordneten-Reise ist nach Incirlik ist zwar das monatelanges diplomatisches Drama nun beendet. Die SPD besteht allerdings darauf, dass die Stippvisite kein Einzelfall sein dürfe. Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht forderte ein dauerhaftes Besuchsrecht. "Dies ist eine zwingende Voraussetzung für eine Verlängerung des Bundestagsmandats", sagte sie. Der Bundestag entscheidet im Dezember über eine Verlängerung des Einsatzes. Ohne eine Zustimmung der SPD müssten die Soldaten abziehen, weil die Union alleine keine Mehrheit im Bundestag hat und die Opposition schon bei der ersten Abstimmung dagegen war.

Linke spricht von Erpressung, Özdemir von Triumph

Der außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Aken, kritisiert den Incirlik-Besuch der Bundestagsabgeordneten und bezeichnete die Reise als Ergebnis einer "knallharten Erpressung" durch die Türkei. "Ich finde es beschämend, dass sich die Bundesregierung darauf eingelassen hat", sagte der Bundestagabgeordnete dem Fernsehsender Phoenix.

Türkei Ankara Bundestagsabgeordnete
Gruppenfoto in Ankara: Der Besuch der Parlamentarier soll auch die Beziehungen mit der Türkei verbessernBild: picture-alliance/abaca/M. Kamaci

Grünen-Chef Cem Özdemir wertete den Besuch hingegen als "leisen Triumph der Demokratie". Der Bundestag fasse seine Beschlüsse ohne Einflussnahme ausländischer Regierungen, dies hab nun auch Ankara erkannt, sagte Özdemir dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

cw/sc (dpa, afp)