Türkischer Aktivist Osman Kavala festgenommen
19. Oktober 2017Die Polizei nahm Osman Kavala nach seiner Rückreise aus dem südosttürkischen Gaziantep in Gewahrsam, wie sein Rechtsanwalt Ferat Cagil berichtet. Die Hintergründe der Aktion sind noch unklar.
Kavala ist unter anderem Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür, das auch mit dem deutschen Goethe-Institut in Istanbul zusammenarbeitet. Er ist außerdem im Vorstand mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen.
Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut
In türkischen Medien hieß es, Kavala habe in Gaziantep an einer Versammlung teilgenommen, um eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Goethe-Institut zu planen. Die Polizei habe ihn am Aussteigen gehindert und noch im Flugzeug festgenommen. Das Büro von Anadolu Kültür in Istanbul sei durchsucht worden.
Die Organisation engagiert sich dafür, die sozialen Spannungen in der Türkei durch Kultur und Kunst zu überwinden. Zudem fördert sie den Dialog mit Armenien, zu dem die Türkei wegen des Streits um die Bewertung der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich bis heute keine Beziehungen unterhält.
Sorge um zivilgesellschaftliches Engagement
Menschenrechtler reagierten besorgt auf die Festnahme des renommierten Aktivisten. Es handele sich um den "jüngsten Angriff auf die Zivilgesellschaft in der Türkei", schrieb Andrew Gardner von Amnesty International auf Twitter. "Osman Kavala hat sich unermüdlich für Versöhnung, Dialog und die Herrschaft des Rechts in der Türkei eingesetzt", erklärte Emma Sinclair-Webb von Human Rights Watch.
Auch das französische Außenministerium äußerte seine Besorgnis und rief Ankara zum Respekt der Menschenrechte auf. Kavala sei einer der "wichtigsten und angesehensten Vertreter der türkischen Kulturszene und Zivilgesellschaft" und arbeite regelmäßig mit der französischen Botschaft zusammen. Paris werde seinen Fall genau verfolgen, sagte eine Sprecherin. Die Berichterstatterin des Europaparlaments zur Türkei, Kati Piri, nannte die Festnahme "sehr beunruhigend" und kündigte an, mit EU-Abgeordneten sich für seine sofortige Freilassung einzusetzen.
Seit dem Putschversuch im Juli 2016 wurden in der Türkei Zehntausende inhaftiert. Präsident Recep Tayyip Erdogan macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch verantwortlich und geht seitdem gegen angebliche Anhänger aber auch gegen Oppositionelle vor.
uh/sti (dpa, afp, rtr)