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Politik

Cavusoglu will Neustart mit Deutschland

5. Januar 2018

Der türkische Außenminister Cavusoglu wirbt für einen Neustart in den bilateralen Beziehungen mit Deutschland. In einem Artikel spricht er die deutschen Häftlinge in der Türkei an, erwähnt aber nicht den Fall Yücel.

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Türkei Außenminister Mevlut Cavusoglu
Bild: picture-alliance/dpa/A. Deeb

Beide Seiten hätten daran ein Interesse, "da wir in einer Zeit voller Herausforderungen leben", schreibt Mevlüt Cavusoglu in einem Gastbeitrag für die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Beziehungen sollten "wie schon seit 300 Jahren, in Freundschaft und Zusammenarbeit" fortgeführt werden. Dies gehe aber nur, "wenn wir die gegenwärtige Krisenspirale in unserem Verhältnis durchbrechen".

Cavusoglu fordert, dass sich beide Länder "auf Augenhöhe" begegnen sollten. "Megafon-Diplomatie" sei fehl am Platz. Die inoffiziellen Treffen mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel seien Teil dieser Bemühungen. Das nächste Treffen der Minister steht am Samstag in Goslar an. "Es ist notwendig, gegenüber der anderen Seite eine empathischere Sprache zu entwickeln", fordert Cavusoglu. Das Trauma, das der Putschversuch vom 15. Juli 2016 in der türkischen Bevölkerung hervorgerufen habe, sei in Deutschland "nicht vollkommen nachvollzogen" worden. Die Türkei erwarte von den Deutschen, dass sie "die Situation, mit der die Türkei gegenwärtig konfrontiert ist, besser verstehen". Eine politische Verständigung werde "neue Horizonte" bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eröffnen, schreibt der Minister weiter. Vor allem bei den erneuerbaren Energien gebe es "beträchtliche Möglichkeiten".

Streit um deutsche Häftlinge

Cavusoglu erklärt, er wisse, dass "die Fälle einzelner Inhaftierter in der Türkei in der deutschen Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt" würden. Als "ein Gebot der Rechtstaatlichkeit" müsse man jedoch auf die unabhängige Justiz vertrauen. "Wir unternehmen aber alles, was politisch in unserer Macht steht, um juristische Verfahren zu beschleunigen." Der Minister nannte dabei keine konkreten Fälle.

Unter anderem befindet sich der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel seit Februar in Haft. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft dem "Welt"-Korrespondenten Terrorpropaganda vor, was Yücel abstreitet. Deutschland wiederum beschuldigt die Türkei, Yücel und andere Deutsche und Deutschtürken aus politischen Gründen festzuhalten. Die anhaltende Inhaftierung Yücels ohne Anklage belastet die deutsch-türkischen Beziehungen schwer. Die Bundesregierung dringt seit Anbeginn auf seine Freilassung, Außenminister Sigmar Gabriel bezeichnete ihn als "Geisel" der Türkei.

Neue Bewegung?

Zuletzt mehrten sich die Zeichen, dass in den Fall Yücel Bewegung kommen könnte. Das türkische Justizministerium legte eine Stellungnahme zu der Beschwerde des Korrespondenten beim Verfassungsgericht in Ankara vor. Wie die "Welt" berichtet, bekräftigt das Ministerium darin die Vorwürfe, dass sich Yücel mit seinen Artikeln für die Zeitung der "Terrorpropaganda" und der "Volksverhetzung" schuldig gemacht habe. Neue Vorwürfe oder Beweise würden aber nicht genannt.

Yücels türkischer Anwalt Veysel Ok sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei "die erste neue Entwicklung in dem Fall seit zehn Monaten". Er werde nun binnen zwei Wochen eine Antwort an das Verfassungsgericht schicken. Dann gelte es abzuwarten, sagte Ok. "Natürlich habe ich Hoffnung, dass sich nun etwas bewegt, doch es ist schwierig vorherzusehen, wann das Gericht eine Entscheidung in dem Fall trifft."

Im März reichte Yücel beim Verfassungsgericht Beschwerde gegen seine Inhaftierung ein. Sobald seine Anwälte auf die Stellungnahme der Regierung geantwortet haben, kann das Gericht über Yücels Freilassung oder seine weitere Inhaftierung entscheiden. Laut seinem Anwalt gibt es eine gewisse Hoffnung auf eine Freilassung, da das Verfassungsgericht in früheren, ähnlich gelagerten Fällen geurteilt habe, dass Presseartikel keine Inhaftierung rechtfertigen. Yücel hat auch beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg Beschwerde gegen seine Inhaftierung eingereicht. Mit einer Entscheidung wird aber erst in einigen Monaten gerechnet.

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Brief aus dem Gefängnis

Auch Yücel selbst äußerte sich inzwischen zu seiner Lage. In einer Erklärung, die der inhaftierte Journalist über seinen Anwalt verbreiteten ließ, reagiert er auf Äußerungen von Cavusoglu zum Jahresbeginn. Der Minister hatte der Nachrichtenagentur dpa gesagt, er rechne mit einer deutlichen Entspannung im Streit mit Deutschland. In dem Interview sagte er zum Fall Yücel, er sei "nicht sehr glücklich darüber, dass es noch immer keine Anklage gibt". Dazu erklärte Yücel: "Das hat mich sehr bekümmert. Schließlich möchte ich nicht, dass er meinetwegen unglücklich ist. Aber ich kann ihn trösten: Wenn ich mich daran gewöhnt habe, seit fast einem Jahr ohne Anklage als Geisel gehalten zu werden, dann schafft er das auch."

In diesem Zusammenhang schreibt der Journalist weiter, die Ermittlungsakten unterlägen "weiterhin der Geheimhaltung, sodass meine Anwälte noch immer nicht wissen, woran wir sind". Umso beruhigender sei es zu wissen, "dass wenigstens die türkische Regierung den genauen Durchblick hat".

kle/qu (dpa, afp, rtr, DW)