UBS übernimmt die Credit Suisse
19. März 2023Nach der mühsam ausgehandelten Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch die Schweizer Großbank UBS herrscht an internationalen Finanzmärkten weiter Unruhe. Die wichtigsten asiatischen Börsen haben am Montag überwiegend nachgegeben. Auch der deutsche Leitindex Dax startete mit deutlichen Verlusten in die neue Handelswoche. Vor allem Bankaktien rutschen weiter drastisch ab.
Sowohl der Milliardendeal in der Schweiz als auch die Maßnahmen mehrerer Notenbanken zur Liquiditätsversorgung des Finanzsystems konnten gegen die Ängste vor einer Bankenkrise nur wenig ausrichten. Die Stimmung für Banken bleibt angeschlagen, Anleger zogen sich weiter zurück. Der Euro reagierte am Montagmorgen zunächst kaum.
Details des Milliarden-Deals
Die UBS übernimmt den kleineren Lokalrivalen Credit Suisse für drei Milliarden Franken (gut drei Mrd Euro). Zusätzlich steht sie für Verluste von bis zu fünf Milliarden Franken gerade. Hinzu kommen eine staatliche Verlustgarantie von neun Milliarden Franken sowie Liquiditätszusagen im Umfang von bis zu 200 Milliarden Franken. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt die Transaktion mit Liquiditätshilfen und gewährt den Banken ein Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken.
Zusätzlich könne die SNB der Credit Suisse ein mit einer Ausfallgarantie des Bundes gesichertes Liquiditätshilfe-Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken gewähren, hieß es. Die Schweizer Regierung sicherte der UBS eine Garantie von neun Milliarden Franken zu. Andere Notenbanken begrüßten in einer ersten Reaktion die Maßnahmen.
Das Ziel: Eine globale Bankenkrise verhindern
Eine Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank Credit Suisse durch die größere UBS ist die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Sie bedeutet das Ende für die 167 Jahre alte Credit Suisse, deren Hauptsitz gegenüber der erbitterten Rivalin UBS am Zürcher Paradeplatz liegt.
Vorausgegangen war ein Verhandlungsmarathon, an dem die beiden Banken sowie Spitzenvertreter von Politik und Aufsichtsbehörden teilgenommen hatten. Staat und Aufsichtsbehörden ging es darum, einen Flächenbrand zu verhindern. Die Schweizer Regierung in Bern stand unter erheblichem Druck, die Lage zu stabilisieren und die Credit Suisse zu stützen. Denn Credit Suisse ist einer der weltweit größten Vermögensverwalter und gehört zu den 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das internationale Finanzsystem erschüttern würde.
Notenbanken reagieren positiv auf den Megadeal
Die Europäische Zentralbank (EZB) lobte das rasche Handeln der Schweizer Behörden. Es sei "entscheidend für die Wiederherstellung geordneter Marktbedingungen und die Gewährleistung der Finanzstabilität", erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Der Bankensektor des Euroraums ist nach Lagardes Worten widerstandsfähig und verfügt über eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung. "In jedem Fall ist unser politisches Instrumentarium voll ausgestattet, um das Finanzsystem des Euroraums bei Bedarf mit Liquidität zu versorgen und die reibungslose Übertragung der Geldpolitik zu gewährleisten", betonte Lagarde. Auch andere große Notenbanken wie die Fed in Washington oder die Bank of England in London begrüßen die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS.
Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset sagte, „der Bundesrat ist überzeugt, dass die Übernahme die beste Lösung ist, um das Vertrauen wiederherzustellen“. Credit Suisse habe Vertrauen der Kunden verloren, Liquidität habe gewährleistet werden müssen. Die Transaktion sei wichtig für die Stabilität des schweizerischen Finanzplatzes, hieß es weiter. SNB-Präsident Thomas Jordan betonte, die Reputation sei für die Volkswirtschaft der Schweiz zentral.
Keine staatliche Rettung - nur staatliche Garantie
Finanzministerin Karin Keller-Suter sagte, der Bund habe die Garantie von neun Milliarden Franken gegeben, um Risiken der Credit Suisse abzufangen. „Die Steuerzahler haben nur geringes Risiko“ - jedes andere Szenario hätte mehr Kosten verursacht. Man habe einen privaten Partner und eine solide Bank, die die Credit Suisse übernehme. Es handele sich nicht um eine staatliche Rettung, betonte die Ministerin. Der Bund habe lediglich eine Garantie übernommen.
UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher sprach von einer Riesenchance für UBS. Die Kombination beider Banken stärke die Position. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüßte die Übernahmelösung sowie die vom Bund und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ergriffenen Maßnahmen. Bei der Credit Suisse habe die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bestanden, auch wenn die Bank weiterhin solvent gewesen sei, hieß es weiter.
Die Credit Suisse hatte zuletzt unter erheblichem Vertrauensverlust der Anleger gelitten. Der Aktienkurs war auf ein Rekordtief gefallen, nachdem der größte Investor der Bank die Bereitstellung von weiterem Kapital ausgeschlossen hatte und das Institut weiter mit Geldabflüssen zu kämpfen hatte. Mit der Fusion zu einem neuen Branchenriesen soll laut UBS ein Finanzinstitut mit einem verwalteten Vermögen von mehr als fünf Billionen US-Dollar entstehen. Zu möglichen Stellenstreichungen könnten keine Aussagen gemacht werden, hieß es am Sonntagabend.
Zusammen beschäftigen beide Institute etwa 120.000 Mitarbeitende. Die Bilanzsumme der UBS mit mehr als 72.000 Beschäftigten belief sich 2022 auf umgerechnet 1.030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse mit gut 50.000 Beschäftigten auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. Die UBS hatte 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (aktuell 7,07 Mrd Euro) erwirtschaftet. Credit Suisse wies dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Mrd Euro) aus.
iw/hb (dpa)