Kenias streitbarer Präsident
11. August 2017Kenias Wahlsieger hat einen großen Namen: Uhuru Muigai Kenyatta, Sohn des Staatsgründers und ersten Präsidenten Jomo Kenyatta, der das Land von 1964 bis 1978 regierte. Die Familie entstammt der Ethnie der Kikuyu, der größten Bevölkerungsgruppe Kenias, mit viel Einfluss in Politik und Wirtschaft. Der Vorname Uhuru - das Kisuaheli-Wort für Unabhängigkeit - ist alles andere als Zufall: Kenyatta wird am 26. Oktober 1961 geboren, als das ostafrikanische Land gerade mit der Kolonialmacht Großbritannien um seine Unabhängigkeit ringt.
Nach seiner Kindheit und Jugend in der Hauptstadt Nairobi arbeitet Uhuru Kenyatta zunächst in der kenianischen KCB-Bank und geht dann für ein Studium der Wirtschafts- und Politikwissenschaften in die USA. Nach seiner Rückkehr steigt er zunächst in das Geschäftsimperium seines Vaters ein. Erst ab 1996 sammelt er erste Erfahrungen in der Politik: Auf Wirken des damaligen kenianischen Präsidenten Daniel arap Moi wird er zum Vorsitzenden eines Flügels der Regierungspartei KANU gewählt.
Zu steil bergauf
Bei den Parlamentswahlen 1997 kandidiert der politische Neuling für den Wahlkreis Gatundu, den einst sein Vater vertreten hatte - und verliert. Den nächsten Posten, den Vorsitz der Tourismusbehörde, bekommt Uhuru Kenyatta dann wieder von seinem Ziehvater Moi zugeteilt. 2001 klappt der Einzug ins Parlament. Im gleichen Jahr ernennt Moi ihn zum Minister für die Lokalregierungen. Moi leitet seinen eigenen Rückzug aus der Politik ein und setzt den damals gerade erst 39-jährigen Kenyatta als Präsidentschaftskandidaten durch - ein Schritt, der damals viele überrascht.
Doch das Pokerspiel geht nicht auf. Gegenüber dem weitgehend unerfahrenen Präsidentenzögling, in dem viele nur Mois Marionette sehen, findet die Opposition zu seltener Einheit. Auch viele verbrämte KANU-Funktionäre wechseln die Seiten und unterstützen die "Regenbogen-Koalition" unter Führung von Mwai Kibaki - wie Kenyatta ein Kikuyu. Bei den Wahlen 2002 siegt Kibaki - und Uhuru findet sich kurzfristig in der Opposition wieder.
Durch die Hölle, an die Spitze
Fünf Jahre später entscheidet sich Kenyatta gegen eine erneute Kandidatur und stellt sich stattdessen hinter Präsident Mwai Kibaki, der sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Raila Odinga liefert. Als die Wahlkommission eilig Kibakis erneuten Sieg verkündet, wittern Odingas Unterstützer Betrug. Der ethnisch aufgeladene Machtkampf zwischen den beiden Kontrahenten führt zu einem Gewaltausbruch. In den folgenden Monaten sterben Tausende Menschen. Uhuru Kenyatta wird beschuldigt, Jugendmilizen zu Gewalt gegen Odingas Ethnie der Luoangestachelt zu haben und muss sich schließlich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten.
Es folgt ein Lehrstück in politischer Taktik. Kenyatta schließt ein Wahlbündnis mit William Ruto, der in dem gewaltsamen Konflikt als Strippenzieher für Odingas Lager angeklagt war. Die Gerichtsverhandlungen in Den Haag stellen die beiden als unangemessene Parteinahme des sogenannten Westens dar und gewinnen so als Duo die Präsidentschaftswahlen von 2013 gegen Raila Odinga. Als Präsident und Vize haben sie in den Haager Verfahren leichtes Spiel gegen die Anklage, der in den folgenden Jahren die Zeugen abhanden kommen, bis beide Verfahren schließlich eingestellt werden müssen.
In seiner ersten Amtszeit entwirft Kenyatta einen nationalen Entwicklungsplan, genannt "Vision 2030", zu dem die kostenlose medizinische Versorgung von Müttern ebenso gehört wie eine flächendeckende Grundschulbildung und die Ausstattung aller Schulkinder mit einfachen Laptops. Auch wenn die Umsetzung stockt, konnte Kenyatta seine Unterstützung im Land ausbauen. Kritik gab es hingegen für seine exzessiven Dienstreisen: 43 Auslandsbesuche absolvierte er bislang als Staatschef. Das Team "Uhuruto" - Kenyatta und Ruto - wie es im Land genannt wird, hat jetzt noch einmal die Chance, sich zu beweisen. Laut Verfassung wird es Kenyattas letzte Amtszeit sein.