Aktuell: DRK startet Winterhilfe für die Ukraine
28. November 2022
Das Wichtigste in Kürze:
- Deutsches Rotes Kreuz startet Winterhilfe für die Ukraine
- Präsident Selenskyj rechnet nicht mit nachlassenden Raketenangriffen
- Außenminister baltischer und nordischer Staaten in Kiew
- Atomkraftwerk Saporischschja weiter in russischer Hand
- Der britische Premier Sunak bekennt sich zu internationaler Verantwortung
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat mit der Winterhilfe in der Ukraine begonnen. Nach der massiven Zerstörung der Wasser-, Energie- und Wärmeversorgung unterstütze man die Bevölkerung mit 7000 Heizöfen zum Wärmen und Kochen, 100 Generatoren und mehr als 20 mobilen Tankanlagen, teilte das DRK mit.
Über die Schwestergesellschaft des Ukrainischen Roten Kreuzes stelle man zudem Material und Gelder zur Verfügung, um Reparaturen und Hilfe an Unterkünften für Binnenvertriebene und für private Haushalte zu ermöglichen. Bei der Verteilung der Gerätschaften konzentriert sich das DRK auf stark von russischen Angriffen betroffene und sehr entlegene Regionen. Die Winterhilfe des DRK werde unter anderem durch das Auswärtige Amt unterstützt.
Polnisches Logistikdrehkreuz Lublin wird aufgestockt
Aufgrund möglicher neuer Fluchtbewegungen in den Wintermonaten habe man gemeinsam mit dem Polnischen Roten Kreuz die Bestände im Logistikdrehkreuz in Lublin aufgestockt und Nothilfegüter für die Überwinterung von mehr als 2000 Menschen beschafft. Dazu zählten unter anderem 2000 Feldbetten, 5000 Decken oder 2000 Schlafsäcke.
Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute auf einen harten Winter mit heftigen russischen Angriffen vorbereitet. "Solange sie Raketen haben, werden sie nicht ruhen", sagt Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Die ukrainische Armee bereite sich darauf vor, weiteren Beschuss abzuwehren.
Mit Blick auf die gezielten Angriffe Russlands auf ukrainische Strom- und Wärmekraftwerke ruft Selenskyj die Ukrainer auf, hilfsbedürftige Mitmenschen in der kalten Jahreszeit besonders zu unterstützen. Viele ukrainische Haushalte sind bei eisigen Temperaturen zeitweise oder sogar komplett ohne Heizung, Strom und Wasser. Nun sei Zusammenhalt gefragt, betont der Staatschef. "Zusammen werden wir alles überstehen."
Außenminister baltischer und nordischer Staaten in Kiew
Die Außenminister der baltischen sowie mehrerer nordischer Länder sind gemeinsam nach Kiew gereist. Er habe die Vertreter der drei Ex-Sowjetstaaten Lettland, Estland und Litauen sowie Finnlands, Norwegens, Schwedens und Islands empfangen, erklärte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal. Bei dem Treffen hätten die Regierungsvertreter über "die Verschärfung der Sanktionen, den Wiederaufbau der Energie-Infrastruktur und finanzielle Unterstützung" gesprochen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem Zeichen der Solidarität: "Ihr Besuch ist ein wichtiges Signal der Unterstützung und Solidarität von befreundeten Partnerländern der Ukraine, gerade in Zeiten der ernsthaftesten Herausforderungen", erklärte Selenskyj auf Telegram.
Präsidentengattin prangert sexuelle Gewalt an
Die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska fordert eine "globale Antwort" auf den Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe. "Jeder weiß von der großen Zahl an Vergewaltigungen" durch russische Soldaten im Ukraine-Krieg, sagte sie auf einer von der britischen Regierung ausgerichteten Konferenz zu sexueller Gewalt in Konflikten in London. Die russischen Soldaten "gehen sehr offen damit um".
Sexuelle Gewalt und Sexualverbrechen zählten inzwischen zum "Arsenal" der russischen Truppen, um "die Ukrainer zu demütigen", fügte Selenska hinzu. Die ukrainische Staatsanwaltschaft untersuche mehr als hundert solcher mutmaßlichen Verbrechen, die tatsächliche Zahl liege deutlich höher. Die Betroffenen scheuten sich jedoch oftmals davor, die Taten öffentlich zu machen, sagte die Präsidentengattin. Sie hätten Angst vor einer Stigmatisierung oder einer Rückkehr der Täter.
Fortschritte im befreiten Cherson
Die Ukraine hat weitere Fortschritte bei der Stromversorgung der kürzlich befreiten Gebietshauptstadt Cherson im Süden ihres Landes gemeldet. Mittlerweile seien rund 17 Prozent der Haushalte wieder ans Elektrizitätsnetz angeschlossen, sagt Gebietsgouverneur Jaroslaw Januschewytsch.
Nach mehreren Monaten unter russischer Besatzung hatte die ukrainische Armee die Stadt Cherson und weitere Orte des gleichnamigen Gebiets Mitte November zurückerobert. Seitdem kämpft die südukrainische Großstadt mit massiven Problemen bei der Strom-, Wärme- und Wasserversorgung und leidet unter massivem russischem Beschuss.
Das bestätigt auch das britische Verteidigungsministerium. Nach Angaben aus London beschießen russische Truppen Cherson vom gegenüberliegenden Ufer des Flusses Dnipro aus täglich mit Artillerie. Am Sonntag sei die Rekordzahl von 54 Angriffen gemeldet worden, heißt es unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse.
Die meisten Schäden richteten demnach Mehrfachraketenwerfer etwa vom Typ BM-21 Grad an. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.
Atomkraftwerk Saporischschja weiter in russischer Hand
Das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja bleibt nach Angaben der von Russland eingesetzten Verwaltung in Enerhodar unter russischer Kontrolle. Die Besatzungsverwaltung in der südukrainischen Stadt, in der das AKW liegt, reagiert damit auf Äußerungen des Chefs des ukrainischen Energieversorgers Energoatom. Dieser hatte am Sonntag gesagt, seit einigen Wochen erhalte man Informationen, wonach es Anzeichen dafür gebe, dass sich die russischen Truppen möglicherweise auf einen Rückzug vorbereiten. Er verwies auf russische Medienberichte, in denen eine mögliche Übergabe der Kontrolle über das AKW an die internationale Atomenergiebehörde IAEA als lohnenswert bezeichnet werde.
"Diese Informationen sind nicht wahr", erklärt dazu die Besatzungsverwaltung auf Telegram. Die Medien verbreiteten die falsche Information, dass Russland angeblich plane, sich aus Enerhodar zurückzuziehen und das AKW zu verlassen. Russland hat das AKW Saporischschja im März unter seine Kontrolle gebracht. Betrieben wird es weiterhin von ukrainischem Personal.
Sunak verspricht "dauerhafte britische Unterstützung"
Der neue britische Premierminister Rishi Sunak hält an den umfangreichen Hilfen für die Ukraine fest. In seiner ersten großen außenpolitischen Rede seit seinem Amtsantritt vor einem Monat bekennt er sich zu Großbritanniens internationaler Verantwortung. Das Land müsse "mehr tun, um seine Werte der Freiheit und Offenheit auf der Weltbühne zu verteidigen", heißt es in der von Downing Street auszugsweise veröffentlichten Grundsatzrede.
"Wir werden an der Seite der Ukraine stehen, solange das nötig ist. Und wir werden das Niveau unserer militärischen Hilfen im kommenden Jahr halten oder erhöhen. Und wir werden neue Hilfen für die Luftverteidigung geben", schreibt Sunak. Großbritannien ist mit umgerechnet 2,7 Milliarden Euro nach den USA das Land mit den größten Rüstungshilfen für die Ukraine.
"Russland verschleppt Getreide-Ausfuhren"
Die Ukraine beklagt beim Getreideexport verzögerte Schiffskontrollen durch Russland. "Es war üblich, 40 Inspektionen pro Tag durchzuführen, jetzt gibt es fünfmal weniger Kontrollen", schreibt der ukrainische Infrastrukturminister Olexander Kubrakow auf seiner offiziellen Facebook-Seite.
77 Schiffe warteten in der Türkei auf die Inspektionen, obwohl die drei Schwarzmeerhäfen nur zur Hälfte ausgelastet seien, schreibt Kubrakow weiter. Russland hatte die für die weltweiten Nahrungsmittel-Exporte wichtige Verlängerung des Getreide-Abkommens mit der Ukraine Mitte November bestätigt.
nob/uh/as/mak/rb/fw (AFP, AP, dpa, KNA, Reuters)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.