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Politik

Aktuell: Spionagedrohnen über deutschem Truppenübungsplatz?

2. Oktober 2022

Steckt russische Spionage hinter der Drohnenaktion in Bayern? Verteidigungsministerin Lambrecht besucht die Ukraine. Präsident Selenskyj kündigt die Rückeroberung weiterer russisch besetzter Gebiete an. Ein Überblick.

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Circa 20 Soldaten auf einem Platz, dahinter Bundeswehrfahrzeuge
Werden sie ausspioniert? Soldaten auf dem Übungsplatz Wildflecken (Archivbild)Bild: Daniel Vogl/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ermittlungen nach Drohnen-Sichtung an Bundeswehr-Übungsplatz
  • Verteidigungsministerin Lambrecht ist erstmals in Odessa
  • Selenskyj will nach der Stadt Lyman weitere Gebiete zurückerobern
  • Erneut Explosionen auf einem Militärflughafen auf der Krim
  • Russland beschränkt Gastransport in die Republik Moldau

Unbekannte haben mehrere Drohnen über den Bundeswehr-Truppenübungsplatz im bayerischen Wildflecken fliegen lassen, wie eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums mitteilte. Die Polizei sei unmittelbar informiert worden und habe die Ermittlungen aufgenommen. Diese dauerten noch an.

Laut einem Bericht des Online-Mediums "Business Insider" wird hinter den Kulissen vermutet, dass sich Russland hinter der Aktion verbergen könnte. Dem Magazin zufolge bildet die Bundeswehr auf dem Übungsplatz ukrainische Soldaten an gepanzerten Fahrzeugen des Typs Dingo aus.

Bereits Ende August sollen russische Geheimdienste versucht haben, die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffensystemen in Deutschland auszuspähen. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) habe im Umfeld der Militärstandorte Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz und Grafenwöhr in Bayern verdächtige Fahrzeuge bemerkt, aus denen heraus vermutlich Zufahrten zu den Kasernen beobachtet worden seien, berichtete der "Spiegel" damals. In Idar-Oberstein bildete die Bundeswehr ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 aus, in Grafenwöhr trainierten die US-Streitkräfte Ukrainer an westlichen Artillerie-Systemen.

Bundesverteidigungsministerin Lambrecht in Odessa

Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat der Ukraine die rasche Lieferung einer ersten Einheit des bodengestützten Luftabwehrsystems Iris-T SLM zugesagt. Das System solle in wenigen Tagen für den Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland eintreffen, sagte die SPD-Politikerin bei einem Besuch in der Hafenstadt Odessa. Dort wurde sie von ihrem ukrainischen Kollegen Olexij Resnikow empfangen.

Lambrecht mit ukrainischen Kollegen vor einem Panzer
Verteidigungsministerin Lambrecht (Mitte) besichtigt mit ihrem ukrainischen Kollegen Resnikow (rechts) in Odessa einen Flugabwehrpanzer "Gepard" Bild: Jörg Blank/dpa/picture alliance

Deutschland will der Ukraine zunächst vier der jeweils 140 Millionen Euro teuren Systeme zur Verfügung stellen, die Finanzierung von drei weiteren ist gesichert. Ein System besteht aus vier Fahrzeugen - einem Feuerleitgerät und drei Raketenwerfern. Es soll eine mittlere Großstadt vor Angriffen aus der Luft schützen können.

Das Luftabwehrsystem kann nach Angaben des deutschen Herstellers Diehl Defence vor Angriffen durch Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen schützen. Kanzler Olaf Scholz zufolge ist es das modernste Flugabwehrsystem, über das die Bundesrepublik verfügt. Die Bundeswehr selbst nutzt das System noch nicht.

Zusätzlich finanzieren Deutschland, Dänemark und Norwegen gemeinsam die Produktion von 16 slowakischen Haubitzen für die Ukraine. Wie das Bundesverteidigungsministerium am Sonntag mitteilte, hat das Projekt einen Gesamtwert von 92 Millionen Euro. Die drei finanzierenden Länder teilen sich die Kosten demnach zu gleichen Teilen. Beschafft werden den Angaben zufolge 16 Radpanzerhaubitzen vom Typ Zuzana 2 aus slowakischer Produktion. "Mit der Lieferung an die Ukraine wird im Jahr 2023 begonnen", hieß es weiter. Das Vorhaben geht laut Bundesverteidigungsministerium auf Vereinbarungen auf der Kopenhagener Geberkonferenz für die Ukraine im August zurück.

Ministerin Lambrecht sagte in einem Fernsehinterview, nach ihren Eindrücken in der Ukraine "steht jetzt die Luftverteidigung im Vordergrund sowie die Artillerie". Sie habe erlebt, "wie mit Drohnen die Bevölkerung gequält wird". Zu den von Kiew geforderten Panzerlieferungen bekräftigte Lambrecht die Haltung der Bundesregierung, dass es keine Alleingänge Deutschlands geben werde. Moderne Panzer vom Typ Leopard und Marder, wie sie Kiew haben möchte, verweigert Berlin bislang. Die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Atomwaffen müssten ernst genommen werden, fügte Lambrecht hinzu. Sie rate jedem, "das nicht zu bagatellisieren". Es dürfe jedoch auch nicht dazu führen, "dass wir uns lähmen lassen".

Selenskyj will weitere Gebiete zurückerobern

Nach dem russischen Rückzug aus Lyman hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Rückeroberung weiterer von Russland kontrollierter Gebiete angekündigt. "Im Laufe der Woche wehten neue ukrainische Flaggen über dem Donbass", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. "In der kommenden Woche werden es noch mehr werden." Ukrainische Streitkräfte hatten zuvor einen Vorstoß in der strategisch wichtigen Stadt in der Ostukraine gemeldet, die seit dem Frühjahr von russischen Truppen besetzt war.

Ukraine | Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der UkraineBild: Ukrainian Presidential Press Office/Planet Pix/ZUMA Press Wire/picture alliance

Das Verteidigungsministerium in Kiew veröffentlichte bei Twitter ein Video von Soldaten, die eine ukrainische Flagge neben einem Schild mit dem Namen der Stadt hochhalten. "Die ukrainische Flagge weht bereits in Lyman im Gebiet Donezk", erklärte Selenskyj in seiner Videoansprache. In der Stadt werde zwar immer noch gekämpft, doch von dem "Pseudoreferendum" sei dort keine Spur mehr, sagte er.

Ukraine: Beschuss in befreiter Region

Moskau bestätigte kurz darauf den Rückzug seiner Truppen aus der Stadt wegen der "Gefahr" einer Einkesselung. Zuvor hatten ukrainische Armeesprecher erklärt, man habe tausende Soldaten in der Nähe von Lyman eingekesselt. Lyman liegt in der ostukrainischen Region Donezk, für die Russland am Freitag - ebenso wie für die drei weiteren russische kontrollierten Regionen Luhansk, Saporischschja und Cherson - die völkerrechtswidrige Annexion besiegelt hatte.

Wieder Explosionen auf der Krim

Auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim ist es offenbar erneut zu Explosionen auf einem Militärflughafen gekommen. Der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Stadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, schrieb auf Telegram: "Der Information der Rettungskräfte nach ist ein Flugzeug über die Landebahn hinausgeschossen und in Brand geraten." Die Feuerwehr sei im Einsatz. In sozialen Netzwerken kursierende Videos zeigten allerdings dicke Rauchwolken mit starken Explosionen. Beobachter vermuteten, dass ein Munitionslager in Brand geraten sein könnte.

Dem ukrainischen Militär sind bereits mehrere Schläge auf Stützpunkte der russischen Luftwaffe auf der Halbinsel gelungen. Im August wurde der Militärflughafen bei Saki auf der Krim angegriffen. Der Militärflughafen Belbek bei Sewastopol gilt als einer der wichtigsten für das russische Militär.

IAEA-Chef Grossi will nach Moskau und Kiew reisen

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, hat im Ukraine-Konflikt neue Reisepläne bekanntgegeben. Demnach möchte er in nächsten Woche Moskau und Kiew besuchen. Dort wolle er Gespräche über die Einrichtung einer Schutzzone rund um das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine führen. Das teilte seine Behörde mit. Grossi und die Ukraine dringen auf eine Schutzzone um das größte Kernkraftwerk Europas, das immer wieder unter Beschuss gerät.

Papst-Appell für Ende des Kriegs

Mit einem eindringlichen Appell hat Papst Franziskus zu einem Ende des Ukrainekriegs aufgerufen. Das katholische Kirchenoberhaupt forderte eine sofortige Waffenruhe. An die Präsidenten beider Länder gerichtet erklärt er, sie müssten einen Weg aus der Krise finden. Es sei "absurd", dass die Welt wegen der Ukraine mit einer atomaren Bedrohung konfrontiert sei. An den russischen Präsidenten Wladimir Putin gerichtet sagt Franziskus, dieser solle die "Spirale der Gewalt und des Todes" aus "Liebe für sein eigenes Volk" beenden. An den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj appellierte er, er möge jedem "ernsthaften Friedensvorschlag" offen gegenüberstehen.

EU berät über Sicherheit der Energie-Infrastruktur

Nach den Lecks an den beiden Nord-Stream-Pipelines wollen die EU-Staats- und Regierungschefs in der nächsten Woche über die Sicherheit der Infrastruktur beraten. "Die Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines ist eine Bedrohung für die EU. Wir sind entschlossen, unsere kritische Infrastruktur zu sichern. Die Staats- und Regierungschefs werden sich damit beim nächsten Treffen in Prag beschäftigen", schreibt EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter nach einem Gespräch mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Die informelle Tagung der EU-Staats- und Regierungschefs soll in der tschechischen Hauptstadt am 7. Oktober stattfinden.

Russland beschränkt Gastransport in Republik Moldau

Russland hat die Gaslieferungen in die zwischen Rumänien und der Ukraine liegende Ex-Sowjetrepublik Moldau gedrosselt und deren völlige Einstellung angedroht. Der russische Energiekonzern Gazprom machte für die Absenkung die Ukraine verantwortlich. Das Land weigere sich, "russisches Gas über die Verteilerstation Sochranowka zu leiten." Nach Gazprom-Angaben liegt die tägliche Liefermenge nun bei 5,7 Millionen Kubikmeter. Die einen EU-Beitritt anstrebende Republik Moldau hat 8,06 Millionen Kubikmeter täglich geordert.

Logo Gazprom
Das Logo des Konzerns Gazprom auf einer Anlage in St. PetersburgBild: dpa/picture alliance

Neben dem Ausfall eines Leitungsstrangs in der Ukraine, der allerdings schon seit Monaten bekannt ist, beruft sich Gazprom in seiner Begründung für die Lieferdrosselung auf offene Gasschulden der kleinen Republik. Moldau sei ständig mit seinen Gaszahlungen im Rückstand. Nach Angaben des Konzerns belaufen sich die Gasschulden der ehemaligen Sowjetrepublik mit Strafen auf 709 Millionen US-Dollar. Die Regierung in Chişinău bestreitet die Höhe der Summe und besteht auf einer Überprüfung.

kle/wa/fab/qu (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.