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Politik

Aktuell: Neue russische Drohnen-Angriffswelle

29. Dezember 2022

Die Ukraine meldet neue Raketenangriffe. Im ganzen Land wurde Luftalarm ausgelöst. Präsident Selenskyj appelliert an seine Landsleute und Russland nennt Bedingungen für einen Friedensplan. Ein Überblick.

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Zerstörung in Kiew durch die jüngsten russischen Angriffe
Zerstörung in Kiew durch die jüngsten russischen AngriffeBild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Neue russische Angriffswelle mit Kamikaze-Drohnen und Raketen
  • Ukrainischer Botschafter fordert mehr Unterstützung vom Westen
  • Selenskyj appelliert an Menschlichkeit der Ukrainer
  • Kreml nennt Bedingungen für Friedensplan
  • Habeck sieht Russland auf Weg zur Niederlage

Russische Militärs haben nach ukrainischen Meldungen am Mittwochabend eine neue Angriffswelle mit sogenannten Kamikaze-Drohnen und Raketen gestartet. Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben 54 von 69 von Russland gestarteten Raketen und Marschflugkörpern abgeschossen. Das teilte der ranghöchste General Walery Saluschny auf Telegram mit. Russland habe Marschflugkörper aus der Luft und von See aus abgefeuert, zudem mit landgestützten Raketen vom Typ S-300 wichtige Teile der Versorgungs-Infrastruktur treffen wollen.

Der Einflug von Drohnen in mehreren Gruppen wurde aus der Region Donezk, Saporischschja, Charkiw und der Hauptstadt Kiew gemeldet. Beobachter berichteten zudem von Flügen in Richtung Odessa. Präsidialamtsberater Olexij Arestowytsch teilte auf Facebook mit, im ganzen Land sei Luftalarm ausgelöst worden.

Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von mehreren Explosionen in der Hauptstadt, ohne Details zu nennen. Nach den neuen russischen Raketenangriffen sind 40 Prozent der Verbraucher in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Angaben Klitschkos ohne Strom. Die Energieversorger hätten wegen des Luftalarms Sicherheitsvorkehrungen getroffen; sie arbeiteten nun daran, die Stromversorgung wieder herzustellen. Die Wärme- und Wasserversorgung funktioniere normal. 

Nach einem russischen Angriff auf einem Vorort der ukrainischen Stadt Bachmut an verschiedenen Stellen Rauch auf
Nach einem russischen Angriff auf einen Vorort der ukrainischen Stadt Bachmut steigt an verschiedenen Stellen Rauch aufBild: Libkos/AP/picture alliance

Zuletzt hatte das russische Militär bei seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine sogenannte Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion gegen die energetische Infrastruktur der Ukraine eingesetzt. Dabei wurde die Wasser- und Stromversorgung landesweit stark beschädigt.

Belarus meldet Fund ukrainischer Rakete

In Belarus ist nach Angaben der dortigen Behörden eine ukrainische Flugabwehrrakete abgestürzt. Die von einem Luftabwehrsystem vom Typ S300 "von ukrainischem Territorium aus" abgefeuerte Rakete sei am Morgen auf belarussischem Gebiet niedergegangen, erklärte das Verteidigungsministerium in Minsk. Es gebe zwei mögliche Erklärungen: Entweder sei die Rakete vom Kurs abgekommen und versehentlich auf dem Gebiet von Belarus eingeschlagen - oder sie sei von der belarussischen Luftabwehr abgeschossen worden.

Die ehemalige Sowjetrepublik Belarus steht an der Seite Russlands und unterstützt dessen Offensive in der Ukraine. Im November hatte der Absturz einer Raketeauf ein Dorf in Polen mit zwei Toten die Befürchtung ausgelöst, dass der Bündnisfall eintreten und die NATO in den Konflikt hineingezogen werden könnte. 

Ukrainischer Botschafter fordert mehr Unterstützung vom Westen

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hat Forderungen seines Landes nach weiterer Unterstützung im Krieg gegen Russland bekräftigt. "Der Frieden fällt nicht vom Himmel. Er muss erkämpft werden. Und das machen wir Ukrainer stellvertretend für alle Europäer", sagte Makeiev den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Ukrainer wünschten sich "mehr Mut und Entschlossenheit von unseren Alliierten und Partnern".

Oleksii Makeiev, ukraninischer Botschafter in Deutschland, sitzt auf einem Sessel vor einer ukrainischen Flagge
Oleksii Makeiev ist seit Oktober Botschafter der Ukraine in DeutschlandBild: Murat Kaynak/AA/picture alliance

Als Ziele für das Jahr 2023 nannte Makeiev die "komplette Befreiung unseres Landes von russischen Okkupanten, die Wiederherstellung der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine, die Rückkehr unserer Landsleute nach Hause, der Wiederaufbau unseres Landes und weitere Fortschritte bei der Integration in EU und NATO". 

Der Botschafter bekräftigte zudem seine Forderung nach weiteren Waffenlieferungen. Angesichts der russischen Raketenangriffe auf die zivile Infrastruktur und des Artilleriebeschusses ukrainischer Städte müsse diese Hilfe "in den nächsten Monaten intensiviert und verstärkt werden, damit noch mehr Zivilisten in der Ukraine gerettet werden", so Makeiev. Die Ukraine benötige außerdem Hilfe bei der Reparatur der zerstörten Infrastruktur und dem Wiederaufbau des Landes, der schon jetzt beginne.

Selenskyj appelliert an Menschlichkeit der Ukrainer

In einer ungewöhnlich unpolitischen Videobotschaft hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an die Menschlichkeit und Gefühle seiner Landsleute appelliert. "Egal, was passiert und was euch beschäftigt, unterstützt euch gegenseitig, unbedingt", bat Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache. "Bitte nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Nächsten freundliche Worte zu sagen." Er rief die Ukrainer auf, sich in Notlagen zu helfen und sich gegenseitig Wertschätzung und Zuneigung zu zeigen. "Wir haben unsere Menschlichkeit nicht verloren, obwohl wir schreckliche Monate durchgestanden haben. Und wir werden sie nicht verlieren, obwohl wir ein schwieriges Jahr vor uns haben", sagte Selenskyj.

Kreml nennt Bedingungen für Friedensplan

Ein möglicher Friedensplan für die Ukraine muss aus Sicht des Kreml Russlands Annexion der vier Gebiete im Osten und Süden des Landes anerkennen. "Es kann keinen Friedensplan für die Ukraine geben, der nicht die heutigen Realitäten auf dem russischen Territorium berücksichtigt", zitierte die russischen Nachrichtenagentur Interfax Kremlsprecher Dmitri Peskow. Er reagierte damit auf den Zehn-Schritte-Plan des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, dessen Kernforderungen der Abzug russischer Truppen und Reparationszahlungen sind.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexij Danilow, wies die Forderungen des Kremlsprechers umgehend zurück. Es gebe keine Realität, in der neue Gebiete "im Verband der Russischen Föderation sind", schrieb Danilow bei Twitter. "Die Realitäten der Russischen Föderation sind: Schande, Niederlage und ihr Zusammenbruch."

Habeck sieht Russland auf Weg zur Niederlage

Im Krieg gegen die Ukraine sieht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Russland auf dem Weg zur militärischen Niederlage. "Niemand hätte gedacht, dass das Jahr 2022 so endet", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Putin verliert diesen Krieg auf dem Schlachtfeld", sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das liege daran, dass die ukrainische Armee Waffen von Europa, den NATO-Ländern und den USA bekommt und sie diese Waffen "geschickt und strategisch, klug und heldenhaft" einsetze.

"Ich bin dafür, dass Deutschland zusammen mit den Alliierten die Ukraine so unterstützt, dass sie diesen Krieg gewinnen kann", sagte Habeck, der sich schon vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine für Waffenlieferungen an das Land eingesetzt hatte. "Es wird sicherlich immer wieder neue Systeme, weitere Unterstützung geben, aber sie müssen immer im Verbund mit den Alliierten abgesprochen werden."

ww/ack/qu/sti (dpa, AFP, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.