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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Russische Reservisten beklagen Missstände

12. März 2023

Ein Videoappell aus dem Kriegsgebiet richtet sich direkt an Kremlchef Putin. Der ukrainische Präsident Selenskyj prangert "brutale Terrorangriffe" Russlands an. Nachrichten im Überblick.

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Screenshot Russische Soldaten Protest
Auf Telegram veröffentlicht: Russische Reservisten in einem VideoBild: @news_sirena/Telegram

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Russische Reservisten richten Appell an Putin
  • Selenskyj: Russland steht als "Synonym für Terror"
  • Heizungs- und Stromversorgung in Kiew wieder intakt
  • Kuleba: Ukraine gibt Bachmut nicht auf

 

In einem neuen Videoappell haben russische Reservisten im Kriegsgebiet in der Ostukraine Missstände in der Truppe beklagt und Kremlchef Wladimir Putin um Hilfe gerufen. Als Oberkommandierender der Streitkräfte solle sich Putin darum kümmern, dass die Kommandeure ihre Arbeit machten, sagte ein vermummter Sprecher in dem Appell, der im Nachrichtenkanal Telegram verbreitet wurde. Putin solle sich nicht nur auf dem Papier, sondern vor Ort über die Lage informieren. Der russische Präsident hat bisher die Truppen im Kriegsgebiet nicht besucht - anders als der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj.

Der Sprecher der Gruppe beklagt insbesondere fehlende Ausrüstung und mangelnde Führung durch die Befehlshaber. Diese würden einfach das Dekret des Präsidenten ignorieren und unvorbereitete Einheiten in den Sturmtrupps einsetzen. "Die Führung unseres Regiments führt keinen Dialog mit uns, schüchtert uns ein und droht uns mit Inhaftierung, wenn wir uns den Kampfhandlungen verweigern und nicht an die erste Frontlinie vorrücken." Wegen fehlender Unterstützung durch eine Aufklärung und mangelnde Kommunikation mit anderen Einheiten würden sinnlos Reservisten sterben und verletzt.

Wladimir Putin
Ist auch Oberkommandierender der russischen Armee: Wladimir Putin Bild: Mikhail Metzel/Sputnik/AP/picture alliance

"Wir weigern uns nicht, die Aufgaben der Gebietsverteidigung zu erfüllen. Wir lehnen es ab, ein ungerechtfertigtes Risiko einzugehen - mit Maschinengewehren gegen Panzer, gegen Mörser und Scharfschützen", betont der vermummte Sprecher. Insgesamt sind ein Dutzend Uniformierte auf dem Video zu sehen - ebenfalls ohne erkennbare Gesichter. Auch andere russische Kämpfer sowie Ehefrauen, Mütter und Schwestern von Soldaten hatten bereits in öffentlichen Botschaften Missstände beklagt.

Selenskyj: Russland steht als "Synonym für Terror"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat neue "brutale Terrorangriffe" Russlands auf Städte und Gemeinden in seinem Land angeprangert. Tag und Nacht gebe es diese Attacken. "Raketen und Artillerie, Drohnen und Mörser - der bösartige Staat nutzt eine Vielfalt an Waffen mit dem einen Ziel, Leben zu zerstören und nichts Menschliches zurückzulassen", erklärte Selenskyj.

Russland sei "zu einem Synonym für Terror geworden und wird ein Beispiel sein für Niederlage und gerechte Bestrafung für seinen Terror", führte der Staatschef weiter aus. "Der Kreml kann die Bestrafung nicht stoppen", meinte er.

Wolodymyr Selenskyj
Richtet tagtäglich Videobotschaften an sein Volk und die Welt: Wolodymyr SelenskyjBild: president.gov.ua

In seiner Videobotschaft vom Samstagabend informierte Selenskyj auch über ein neues von ihm unterzeichnetes Dekret, das Sanktionen gegen mehr als 280 Unternehmen und 120 Personen vorsieht. Diese hätten mit Hilfe von Glückspielgeschäften der Ukraine geschadet und aus dem Staat Mittel abgezogen, die dann russischen Strukturen zugeflossen seien. Details nannte Selenskyj nicht.

Heizungs- und Stromversorgung in Kiew wieder intakt

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew funktioniert die Heizungs- und Stromversorgung nach einem russischen Angriff mit einer Hyperschallrakete vom Typ Kinschal (Dolch) nach Angaben der Behörden wieder. "Strom und Wasser fließen wieder in allen Stadtteilen. Die Infrastruktur der Stadt arbeitet im normalen Zustand", teilte die Militärverwaltung mit. Zuvor hatte Bürgermeister Vitali Klitschko bereits gesagt, das Heizungssystem sei komplett wiederhergestellt.

Ukraine Kiew Luftangriffe durch Russland
Nach einem russischen Raketenangriff steht eine große Rauchwolke über KiewBild: Eugen Kotenko/Ukrinform/IMAGO

Am Donnerstag hatte Russland mit neuen massiven Raketenangriffen - darunter erstmals in größerer Zahl Kinschal-Waffen – die Energie-Infrastruktur in der Ukraine angegriffen und teils erheblich beschädigt. Betroffen waren mehrere Regionen. Allein Kiew brauchte Tage, um die Folgen des schweren Angriffs zu beseitigen. Insgesamt hatten die russischen Streitkräfte nach Angaben aus Kiew mehr als 80 Raketen und acht sogenannte Kamikaze-Drohnen abgefeuert. Nur gut die Hälfte konnte demnach von der Flugabwehr abgefangen werden.

Kuleba: Ukraine wird Bachmut nicht aufgeben

Die Ukraine wird nach den Worten von Außenminister Dmytro Kuleba die Stadt Bachmut weiter entschieden verteidigen - trotz schwerer Verluste. Je länger man Bachmut verteidige, desto größer sei "die Wahrscheinlichkeit, dass andere Städte nicht das gleiche Schicksal erleiden", sagte Kuleba in einem Interview mit der Zeitung "Bild am Sonntag". Dies sei die einhellige Auffassung der militärischen und politischen Führung der Ukraine. Über die Frage, wie lange Bachmut noch gehalten werden könne, wollte Kuleba nicht spekulieren. Denn wenn jemand in das eigene Haus einbreche, frage man sich auch nicht, wie lange man sich gegen den Kerl wehren könne, "der versucht, dich und deine Familie zu töten und alles aus dem Haus zu rauben".

Ukraine Bachmut | Satellitenbilder der Firma Maxar | Zerstörungen in und bei Bachmut
Heftig umkämpft: Bachmut von einem Satelliten aus fotografiert (6. März 2023)Bild: Maxar Technology/Handout via REUTERS

Kuleba forderte auch mehr Munitionslieferungen. Der Mangel an Munition sei Problem "Nummer eins" im Kampf gegen die russischen Besatzer. "Deutschland könnte wirklich mehr bei der Munition helfen. Mit Artillerie-Munition", so der ukrainische Minister. Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie hätten ihm versichert, sie seien bereit zu liefern. Das Problem liege also bei der Regierung in Berlin.

In dem Interview machte Kuleba zudem deutlich, dass er in naher Zukunft nicht mit der Lieferung westlicher Kampfjets an sein Land rechnet. Dennoch sollte sich Deutschland dem Beispiel anderer Länder anschließen, "unsere Piloten auszubilden". Das wäre "eine klare Botschaft des politischen Engagements".

Landkreistag fordert Platz für Flüchtlinge

Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, hat dringend mehr Hilfe vom Bund und den Bundesländern für die Unterbringung von geflüchteten Menschen verlangt. "Geprüft werden sollte, ob Bund und Länder gemeinsam Unterkunftsmöglichkeiten finanzieren können, die vorrangig für Zwecke des Katastrophen- beziehungsweise Zivilschutzes errichtet werden", sagte Sager dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Diese könnten in der aktuellen Situation für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden.

Flüchtlingsunterkunft auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
Berlin: Flüchtlingsunterkunft auf dem Tempelhofer Feld (im Dezember)Bild: Jochen Eckel/picture alliance

"Wir benötigen zudem Entlastung durch die Rückführung derjenigen, die ausreisepflichtig sind. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Rückführungsoffensive muss sofort initiiert werden", betonte Sager. Damit bezog er sich auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Darin heißt es: "Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern."

Auch angesichts vieler Flüchtlinge aus der Ukraine hatten die Kommunen wiederholt an die Verantwortung des Bundes appelliert. Bei einem Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen im Februar war eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen vereinbart worden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte damals, über mögliche zusätzliche Finanzhilfen des Bundes zur Bewältigung der Aufgaben werde es um Ostern weitere Gespräche geben.

wa/ack (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.