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Konflikte

Aktuell: Scholz und Macron betonen Souveränität der Ukraine

9. Mai 2022

Kanzler Scholz stimmt sich mit dem französischen Präsidenten Macron ab. EU-Ratspräsident Michel muss sich während seines Besuchs in Odessa in Sicherheit bringen. Russland meldet mehr als 200 neue Angriffe. Ein Überblick.

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Frankreichs Präsident Macron trifft Bundeskanzler Scholz in Berlin
Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin Bild: Lisi Niesner/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Scholz empfängt den im Amt bestätigten französischen Präsidenten Macron
  • Raketenangriff auf Odessa während des Besuchs von Charles Michel
  • Moskau meldet nach Putin-Rede zahlreiche neue Attacken
  • UN-Generalsekretär Guterres besucht Republik Moldau 
  • SPD-Chef gesteht Fehler im Umgang mit Moskau ein
  • Roskosmos-Chef empört sich über Elon Musk

Bundekanzler Olaf Scholz hat den frisch wiedergewählten Präsidenten Frankreichs, Emmanuel Macron, mit militärischen Ehren im Kanzleramt in Berlin empfangen. Im Mittelpunkt ihres Gesprächs standen der Ukraine-Krieg und die deutsch-französische Zusammenarbeit in Europa.

Macron sagte anschließend vor Journalisten, es gelte unbedingt zu verhindern, dass der russische Angriffskrieg sich in Europa ausweite. Es gelte, die Demokratie zu schützen. "Was wir erreichen wollen, ist ein Waffenstillstand, so schnell wie möglich." 

Scholz erklärte, man müsse schnell vorankommen, den Krieg zu beenden. Russland müsse seine Truppen aus der Ukraine wieder zurückziehen. Es sei nicht vorstellbar, dass die Ukraine einen Diktatfrieden akzeptieren werde. Beide Politiker unterstrichen die Souveränität des angegriffenen Landes. 

Deutsch-französische Freundschaft

Der Kanzler betonte zugleich die deutsch-französische Freundschaft und hob hervor, sie sei als Motor wichtiger denn je. Es gehe um "neuen Schwung" für Europa. Der "entsetzliche Angriffskrieg" Russlands schweiße die europäischen Partner zusammen. Es gelte auch, zusammen zu handeln. Der Kanzler betonte: "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie."

Raketenangriffe beim Besuch des EU-Ratspräsidenten in Odessa

EU-Ratspräsident Charles Michel hat sich während seines Besuchs in der ukrainischen Hafenstadt Odessa vor Raketenangriffen in Sicherheit bringen müssen. Michel habe ein Gespräch mit dem ukrainischen Regierungschef Denys Schmyhal unterbrochen, "um Schutz zu suchen, als erneut Raketen in der Region Odessa einschlugen", sagte ein EU-Vertreter. 

Charles Michel und Denys Schmyhal in Odessa
EU-Ratspräsident Charles Michel (l.) und der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal (M.) in OdessaBild: Ukrainian Governmental Press Service/REUTERS

Michel erklärte im Onlinedienst Twitter, Anlass seines Besuchs in der südukrainischen Stadt sei der Europatag, den die EU alljährlich am 9. Mai begeht. "Ihr seid nicht allein. Die EU steht an eurer Seite", versicherte der Ratspräsident und verurteilte die "russische Aggression" gegen die Ukraine. 


Michel beklagte in Odessa auch die Auswirkungen des russischen Krieges auf die globalen  Lieferketten, insbesondere im Hinblick auf Getreidelieferungen, die wegen der "russischen Blockade des Schwarzen Meers im Hafen festsitzen". Diese Blockade schade nicht nur der ukrainischen Wirtschaft, sondern gefährde auch "die globale Ernährungssicherheit". 

Mehr als 200 Angriffe auf Ziele in der Ukraine

Kurz nach der Rede von Kremlchef Wladimir Putin auf dem Roten Platz in Moskau hat Russlands Verteidigungsministerium mehr als 200 Angriffe gemeldet. Mit Raketen und Artillerie seien unter anderem Kommandoposten und Lager mit militärischer Ausrüstung beschossen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Bei den Angriffen seien insgesamt 350 ukrainische Soldaten getötet worden, behauptete er. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. 

Konaschenkow sprach darüber hinaus von der Zerstörung eines Flugabwehrraketensystems vom Typ S-300 im ostukrainischen Gebiet Charkiw. 

Berichte über Sturm auf das Stahlwerk in Mariupol

Die russischen Streitkräfte versuchen nach ukrainischen Angaben, das belagerte Stahlwerk in der Hafenstadt Mariupol zu stürmen, in dem sich die letzten Verteidiger der Stadt verschanzt haben. Es würden Einsätze zur Erstürmung des weitläufigen Industriekomplexes mit Panzern und Artillerie geführt, sagt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Olexsandr Motusjanyk. Einzelheiten nannte er nicht. 

Ukraine | Mariupol - umkämpftes Stahlwerk
Das umkämpfte Stahlwerk in MariupolBild: Peter Kovalev/TASS]/dpa/picture alliance

Guterres fordert Finanzhilfen für Moldau

UN-Generalsekretär António Guterres hat mehr internationale Finanzhilfen für die Republik Moldau bei der Versorgung Hunderttausender Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gefordert. Mit fast einer halben Million Flüchtlinge habe das einkommensschwache Land pro Kopf seiner Bevölkerung mehr Menschen aus der Ukraine aufgenommen als alle anderen Länder der Region, sagte Guterres in der Hauptstadt Chisinau. 

Die frühere Sowjetrepublik hat 2,6 Millionen Einwohner. Zuletzt wuchs dort die Sorge, der Krieg in der Ukraine könne auf das Nachbarland übergreifen. Als potenzieller Krisenherd gilt vor allem die pro-russische Separatistenregion Transnistrien im Osten des Landes. Russland hat dort etwa 1500 Soldaten stationiert.

Zuvor hatte sich der UN-Generalsekretär "entsetzt" über den russischen Luftangriff auf eine Schule im Dorf Bilohoriwka in der ostukrainischen Region Luhansk gezeigt. Zivilisten und zivile Infrastruktur dürften in Kriegszeiten nicht angegriffen werden, erklärte Guterres. Nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurden in der Schule etwa 60 Menschen getötet. Sie hätten dort Unterschlupf gesucht. 

Russischer Raketenangriff auf Schule in Bilohoriwka
Die Trümmer der Dorfschule in Bilohoriwka Bild: Ukrainian State Emergency Service/AFP

Friedensgespräche "aus der Ferne"

Die Friedensgespräche mit der Ukraine gehen nach russischer Darstellung weiter. Sie seien nicht beendet worden, sondern würden aus der Ferne fortgesetzt, sagte der russische Chefunterhändler Wladimir Medinsky der Nachrichtenagentur Interfax. Die russische Regierung hatte der Ukraine vorgeworfen, die Gespräche ins Stocken gebracht zu haben und mit Berichten über Gräueltaten russischer Soldaten die Beratungen zu untergraben. Russland bestreitet, in der Ukraine die Zivilbevölkerung anzugreifen.

Kann Raffinerie in Schwedt gerettet werden?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht trotz der Sanktionen gegen russisches Öl eine Zukunft für die Raffinerie PCK im ostdeutschen Schwedt. Mit Öl aus anderen Ländern und einem vollen staatlichen Zugriff auf die Raffinerie könne man Schwedt retten und mittelfristig sogar zu einem "Leuchtturmprojekt" für Wasserstoff machen, sagte der Grünen-Politiker dem deutschen Fernsehsender "Welt". Man komme aber nicht weiter, solange sich der russische Ölkonzern Rosneft querstelle.

Die Raffinerie versorgt den Großraum Berlin-Brandenburg und Teile Polens und gehört mehrheitlich Rosneft. Dort wird russisches Öl über eine Pipeline angeliefert. Habeck will an diesem Montag persönlich nach Schwedt reisen.

Schwedt PCK-Raffinerie
PCK-Raffinerie in Schwedt (Brandenburg)Bild: Hardy Graupner/DW

"Leider nicht viel Neues" in Scholz-Rede

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat sich von der Fernsehansprache von Bundeskanzler Olaf Scholz zum Jahrestag des Weltkriegsendes in Europa enttäuscht gezeigt. Man hätte sich auch in der Rede "viel mehr Konkretes" dazu gewünscht, wie der Bundestagsbeschluss zur Lieferung schwerer Waffen umgesetzt werden solle, sagte Melnyk in der ARD-Talksendung "Anne Will". "Da haben wir leider nicht viel Neues gehört." 

Die Zusage der Bundesregierung, sieben Panzerhaubitzen - moderne Artilleriesysteme - an die Ukraine zu liefern, nannte Melnyk eine "gute Entscheidung". Zugleich machte er deutlich, dass er deutlich mehr erwarte. Wenn der Bundeskanzler sage, Russland dürfe nicht gewinnen, dann bedeute dies, "dass man alles, wirklich alles unternehmen sollte, (...) um uns zu helfen in dieser schwierigen Situation, in diesem Krieg - der schlimmste Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg", forderte der Diplomat.

Lesen Sie dazu auch: Meinung: Der Kanzler will nicht länger zögern

"Hätten anders mit Russland umgehen müssen"

Der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokraten, Lars Klingbeil, hat Fehler im Umgang mit Russland eingestanden. "Wir hatten immer einen politisch-gesellschaftlichen Konsens in diesem Land, dass wir eng an der Seite Russlands stehen wollen, dass wir die Nähe zu Russland suchen", sagte der SPD-Chef dem TV-Sender Phoenix.

Aus heutiger Sicht müsse man sagen, dass dies ein Fehler gewesen sei. "Wir hätten eher abbiegen müssen - 2014 die Annexion der Krim, Nawalny, Tiergarten-Mord - das waren alles Zeichen dafür, dass wir politisch anders hätten mit Russland umgehen müssen."

Deutschland | Lars Klingbeil
SPD-Chef Lars Klingbeil (Archiv)Bild: Hannibal Hanschke/REUTERS

Aus diesen Fehlern müssten für die Zukunft Rückschlüsse gezogen werden, forderte Klingbeil. "Wenn es zum Beispiel um den Umgang mit China geht, dann müssen wir heute anders auftreten und kritischer sein." 

Schwedische Sozialdemokraten klären am Sonntag ihre Haltung zur NATO

Die in Schweden regierenden Sozialdemokraten werden am 15. Mai entscheiden, ob sie ihre jahrzehntelange Ablehnung eines NATO-Beitritts aufgeben. Wenn die Partei eine NATO-Mitgliedschaft befürwortet, würde Schweden mit ziemlicher Sicherheit beantragen, in das Militärbündnis aufgenommen zu werden. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat in Schweden wie auch in Finnland zu einem Umdenken in der Sicherheitspolitik geführt.

Minensuchhund erhält Orden von Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen Minensuchhund mit einer Medaille ausgezeichnet. Der kleine Jack Russell Terrier "Patron" bekam den Orden "Für selbstlosen Dienst" verliehen. Angeblich soll der zweieinhalb Jahre alte Hund sich das Minensuchen selbst beigebracht haben. Im nordukrainischen Gebiet Tschernihiw habe er bereits auf mehr als 100 todbringende Gegenstände aufmerksam gemacht, heißt es. Die Ukraine gilt seit dem Ausbruch des Konflikts in der Ostukraine 2014 und dem russischen Überfall vom 24. Februar dieses Jahres als eines der am stärksten verminten Länder der Welt.

Ukraine Kiew Besuch PM Trudeau mit Präsident Selenskyj
Präsident Selenskyj mit Kanadas Premier Trudeau (l.) und Hund "Patron"Bild: Oleksandr Sawitskiy/DW

Roskosmos-Chef droht Elon Musk

Der Chef der russischen Raumfahrt-Behörde, Dmitri Rogosin, hat dem Tech-Milliardär Elon Musk für dessen Unterstützung der Ukraine mit Konsequenzen gedroht. Musks Raumfahrtfirma SpaceX hat dem von Russland angegriffenen Land das Starlink-Satellitennetz zur Verfügung gestellt. Damit können ukrainische Behörden und Truppen auf schnelles Internet aus dem All zurückgreifen, wenn Mobilfunk und lokales Internet ausfallen.

Dmitri Olegowitsch Rogosin ist Chef der russischen Raumfahrtorganisation Roskosmos
Dmitri Olegowitsch Rogosin leitet seit 2018 die russische Raumfahrtorganisation Roskosmos Bild: Pavel Pavlov/AA/picture alliance

Roskosmos-Chef Rogosin schrieb nun beim Chatdienst Telegram, Musk versorge "faschistische Kräfte in der Ukraine mit Mitteln militärischer Kommunikation" und werde sich dafür "wie ein Erwachsener" verantworten müssen. Rogosin vertritt rechtsnationale und fremdenfeindliche Positionen. Der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident ist ein vehementer Unterstützer des russischen Angriffs auf die Ukraine. 

se/uh/nob/rb/wa/fw (phoenix, afp, ap, dpa, rtr, epd)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.