Ukraine aktuell: Ukraine will mehr Schützenpanzer aus Polen
6. April 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Polen soll noch mehr Radschützenpanzer an die Ukraine liefern
- NATO -Übung mit scharfer Munition im Nordosten Polens
- Von der Leyen warnt China vor Waffenlieferungen an Moskau
- Tote und Verletzte nach Raketenangriff auf Donezk
- BDI: Ukraine wird wieder interessant für deutsche Investitionen
Die Ukraine möchte mehr Radschützenpanzer aus Polen erwerben, als bisher bekannt gegeben wurde. Dies kündigte der polnische Regierungssprecher Piotr Müller nach einer Meldung der Nachrichtenagentur PAP einen Tag nach dem Besuch von Präsident Wolodymyr Selenskyj in Warschau an. Die Panzer vom Typ KTO Rosomak sollen mit Finanzhilfen der USA und der EU erworben werden.
Bei dem Modell Rosomak (zu deutsch: Vielfraß) handelt es sich um eine polnische Lizenzversion auf Basis des finnischen Mehrzweckmilitärfahrzeugs Patria AMV. Der Radschützenpanzer verfügt über einen Allradantrieb und wiegt rund 22 Tonnen. Er bietet Platz für Fahrer, Kommandanten und Richtschützen sowie acht Infanteriesoldaten. Zur Bewaffnung zählt eine 30-Millimeter-Maschinenkanone.
Zudem gab die Ukraine den Bau von mehr als 50 selbstfahrenden Mörsern des Typs M120 Rak ("Krebs") in Auftrag. Geplant sei zudem die Lieferung von 100 Raketen für Kurzstrecken-Flugabwehrraketensystem. Der Gesamtwert der bisher aus Polen an die Ukraine gelieferten Rüstungsgüter beläuft sich nach Regierungsangaben aus Warschau auf 2,1 Milliarden Euro.
NATO -Übung mit scharfer Munition im Nordosten Polens
Mehrere hundert Soldaten aus sechs NATO-Staaten haben im Nordosten Polens an einer gemeinsamen Übung der Landstreitkräfte teilgenommen. Im Zuge von "Amber Lynx 23" (etwa: Bernsteinluchs 23) auf einem Truppenübungsplatz bei Orzysz in der Woiwodschaft Ermland-Masuren sollen auch Schussübungen mit scharfer Munition stattfinden. Dies sei eine Demonstration der Bereitschaft des Bündnisses, die Ostflanke zu verteidigen, schrieb Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak auf Twitter.
Organisiert wird das Training für den Ernstfall vom Multinationalen Korps Nord-Ost, das derzeit unter der Führung des deutschen Generalleutnants Jürgen-Joachim von Sandrart steht. Polen grenzt im Osten unter anderem an den russischen Verbündeten Belarus und an die Ukraine, die sich seit mehr als einem Jahr gegen eine russische Invasion wehrt. Polen ist seit März 1999 Mitglied der Militärallianz.
Von der Leyen warnt China vor Waffenlieferungen an Russland
Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte nach einem Treffen mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Peking, sie setze darauf, dass China Russland keine militärische Ausrüstung "direkt oder indirekt" zur Verfügung stelle. "Den Aggressor zu bewaffnen wäre gegen internationales Recht und es würde unsere Beziehungen erheblich schädigen."
Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat habe China eine große Verantwortung. "Wir erwarten, dass China seine Rolle spielt und einen gerechten Frieden unterstützt - einer, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektiert, einen der Eckpfeiler der UN-Charta." In ihren Gesprächen habe sie betont, dass sie fest hinter dem Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stehe. China habe eine große Verantwortung, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen. "Wir zählen auf China", betonte die CDU-Politikerin.
Tote und Verletzte nach Raketenangriff auf Donezk
Durch den Beschuss der russisch kontrollierten Großstadt Donezk in der Ostukraine sind offensichtlich mehrere Menschen getötet worden. Nach russischen Medienberichten wurden mindesten vier Zivilisten getötet. In anderen Berichten ist von neun Todesopfern die Rede. Der Angriff auf einen Fuhrpark sei mit US-amerikanischen durchgeführt worden. Videos zeigten beschädigte Fahrzeuge und mehrere Leichen.
Kurz zuvor hatte der von Moskau eingesetzte Gebietschef Denis Puschilin dem russischen Präsidenten Wladimir Putin berichtet, dass aufgrund des Einsatzes von Flugabwehrtechnik der ukrainische Raketenbeschuss halbiert werden konnte. Die ostukrainische Großstadt Donezk geriet 2014 unter Kontrolle prorussischer Separatisten. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor mehr als 13 Monaten annektierte Moskau das Gebiet Donezk zwar formell, kontrolliert aber nur etwas mehr als die Hälfte der Provinz.
BDI: Ukraine wird wieder interessant für deutsche Investitionen
Trotz des russischen Angriffskrieges entwickelt sich die Ukraine aus Sicht der deutschen Industrie wieder zu einem interessanten Standort für Investitionen. "Entscheidend dafür ist der unbedingte Wille in der Bevölkerung, das Land wieder aufzubauen, und die Entschlossenheit einer neuen Generation von Politikern, notwendige Reformen anzupacken", erklärte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Der Chef des Industrieverbandes leitete eine Wirtschaftsdelegation, die in dieser Woche mit Vizekanzler Robert Habeck in die ukrainische Hauptstadt Kiew reiste.
Außerdem beteiligt waren die Deutsche Industrie- und Handelskammer, der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, Vertreter deutscher Investoren in der Ukraine sowie Banken und Energieunternehmen. Trotz eines Einbruchs der ukrainischen Wirtschaft um 30 Prozent im Kriegsjahr 2022 seien alle deutschen Unternehmen in der Ukraine geblieben, betonte Russwurm. Sie setzten ihre Geschäfte auch erfolgreich in den vom Krieg nicht betroffenen Gebieten fort.
Selenskyj: "Polen und Ukraine sind Garanten der Freiheit"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer emotionalen Rede vor dem Königsschloss in Warschau das enge Bündnis mit Polen beschworen. "Die ukrainischen und polnischen Herzen schlagen für eine Freiheit, für die beiderseitige Unabhängigkeit unserer Staaten, für unser heimatliches Europa, unser gemeinsames Haus, und wir werden siegen!", sagte Selenskyj.
Er bezeichnete die beiden Länder als Eckstein bei der Befreiung der Länder Osteuropas vom russischem Imperialismus. "Wenn wir mit Euch zusammen frei sind, ist das die Garantie, dass die Freiheit stark sein wird bei allen unseren Nachbarländern, den Nachbarn der Europäischen Union - Rumänien, der Slowakei, Litauen und anderen Ländern des Baltikums", betonte Selenskyj.
Er erwähnte auch Städte wie Rzeszow und Lublin in Ostpolen nahe der Grenze. Sie seien erste Anlaufstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine und Drehscheibe für die ausländische Militärhilfe. Er danke jedem einzelnen Polen für diese Bruderschaft. "Es gibt keine Kraft mehr, welche die ukrainisch-polnische Freundschaft überwinden kann."
Lösung für Getreide-Importe gefunden
Polen und die Ukraine haben eine Lösung für ukrainische Getreide-Importe gefunden, die den polnischen Getreidemarkt unter Druck gesetzt haben. "Wir haben einen Ausweg gefunden", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskjy während seines Besuchs in Polen. In den kommenden Tagen werde alles endgültig geklärt.
"Zwischen so engen Partnern und echten Freunden wie Polen und der Ukraine darf es keine offenen Fragen und Komplikationen geben." Der polnische Landwirtschaftsminister war am Mittwoch wegen der Proteste von Bauern gegen fallende Getreidepreise durch die Importe zurückgetreten.
Macron weist China bedeutende Rolle zu
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat bei seinem Staatsbesuch in China auch über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gesprochen. Er wisse - so der französische Präsident - dass er auf China zählen könne, um Russland "zur Vernunft" und alle wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. China und Frankreich drängten die internationale Gemeinschaft, eine Eskalation der Ukraine-Krise zu vermeiden, sagte der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron.
Russland schließt Vermittlung Pekings derzeit aus
Der Kreml hat eine Vermittlung im Ukraine-Konflikt durch China derzeit ausgeschlossen. China verfüge zwar "zweifellos über ein sehr effektives und überragendes Vermittlungspotenzial", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Doch die Situation mit der Ukraine sei "komplex", sagte Peskow. "Bislang gibt es keine Aussichten auf eine politische Lösung." Derzeit sieht Moskau dem Kreml-Sprecher zufolge keine anderen Möglichkeiten als "die Fortsetzung der Spezialoperation".
Erbitterte Kämpfe um Bachmut
Russische Angreifer und ukrainische Verteidiger haben sich in der Stadt Bachmut erbitterte Häuserkämpfe geliefert. Eine Reihe von Angriffen russischer Soldaten in der Industriezone der ostukrainischen Stadt seien mit Unterstützung von Artillerie und Granatwerfern abgewehrt worden, teilte die Militärführung in Kiew mit. Trotz einer personellen Übermacht sei den russischen Einheiten kein Durchbruch gelungen, hieß es.
Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar schrieb auf Twitter, die Situation an der Front sei "völlig unter Kontrolle". Das Militär wehre täglich Dutzende Angriffe Russlands auf Bachmut und andere Städte im Osten des Landes ab.
Seit dem Spätsommer versuchen russische Truppen, die Stadt im Gebiet Donezk einzunehmen. Der Großteil der Stadt und Teile des Zentrums stehen bereits unter russischer Kontrolle. Im Westteil der Stadt mit ehemals insgesamt 70.000 Einwohnern leisten die ukrainischen Einheiten jedoch weiter hartnäckigen Widerstand.
Russische Kinderrechtsbeauftragte sorgt für Eklat
Aus Protest gegen Redebeiträge der per Haftbefehl gesuchten russischen Kinderbeauftragten Maria Lwowa-Belowa haben die Vertreter der USA und Großbritanniens ein informelles Treffen des UN-Sicherheitsrats verlassen. Als Lwowa-Belowa am Mittwoch bei der Sitzung in New York während einer Videokonferenz sprach, blieben die Stühle der beiden Länder leer - ebenso wie die von Albanien und Malta. Rund 40 weitere Staaten, darunter auch Deutschland, verurteilten den Redebeitrag von Lwowa-Belowa. Russland hat derzeit den turnusmäßigen Vorsitz des Gremiums inne.
Die Einladung von Lwowa-Belowa galt als Provokation, weil sie als eine Schlüsselfigur für die Zwangsdeportation von ukrainischen Kindern aus dem Kriegsgebiet nach Russland gilt. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat deshalb gegen Lwowa-Belowa wie auch gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Haftbefehl wegen dieser "Verschleppung" ausgestellt.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wirft Kiew immer wieder Moskau vor, ukrainische Kinder zu "deportieren". Zuletzt sprach Kiew von 19.514 betroffenen Kindern, unter ihnen 4390 Waisenkinder. Moskau bestreitet dies und spricht von Evakuierungen.
Lettland führt Wehrpflicht wieder ein
Das lettische Parlament hat für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht für junge Männer ab dem kommenden Jahr gestimmt. "Der staatliche Verteidigungsdienst ist unsere Antwort auf die neue geopolitische Bedrohung", sagte die lettische Verteidigungsministerin Inara Murniece vor der Abstimmung in Riga mit Blick auf den Angriffskrieg des Nachbarn Russland auf die Ukraine.
Lettland hatte die Wehrpflicht einige Jahre nach dem Beitritt des baltischen Staats in die NATO abgeschafft. Seit 2007 besteht das Militär des EU-Mitglieds aus Berufssoldaten und Freiwilligen.
Die Wehrpflicht soll für Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren gelten. Wer den Dienst an der Waffe aus religiösen oder anderen Gründen verweigert, kann einen "kampffreien" Zivildienst leisten. Damit die Wehrpflicht in Kraft treten kann, muss der lettische Präsident noch grünes Licht geben.
Mehr Straftaten durch junge ukrainische Flüchtlinge
In der Kriminalstatistik tauchen nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vermehrt tatverdächtige Kinder und Jugendliche aus der Ukraine auf. Ein Drittel der rund eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine sei unter 18 Jahre alt - und das werde auch in der Kriminalstatistik sichtbar: "Im letzten Jahr hatten wir mehr als 3700 tatverdächtige Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. 2021, vor Putins Krieg, waren es wenige Hundert", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Es sei wichtig, genau hinzuschauen und die Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu betreuen. Die Ministerin betonte, dass Menschen, die vor Krieg geflüchtet seien, "furchtbare Erfahrungen" mitbrächten. "Solche Gewalterfahrungen können nachwirken, gerade bei Kindern und Jugendlichen."
mak/wa/se/fab/kle/sti (dpa, afp, rtr)
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