Ukraine-Krieg: Welche Waffen liefert Deutschland?
Veröffentlicht 18. Oktober 2022Zuletzt aktualisiert 1. September 2023Lange zögerte Deutschland mit der Lieferung wichtiger Waffensysteme wie Kampfpanzer. Doch die schickt Deutschland jetzt ebenso wie anderes Kriegsgerät, das sich die Ukraine wünscht. Was weiterhin fehlt, sind Kampfflugzeuge und Marschflugkörper aus Deutschland. Hier eine Auswahl der gelieferten Waffensysteme nach einer Liste des Auswärtigen Amtes vom 30. August 2023:
Kampfpanzer Leopard 2A6
Die Ukraine hat bisher 18 Stück dieses Modells aus Deutschland bekommen. Auch andere Leopard-2-Nutzerstaaten haben der Ukraine den Panzer überlassen. Er wird seit 1978 in Serie gebaut und wurde seitdem vielfach verbessert. In der Bundeswehr ist eine Ablösung erst für 2030 vorgesehen. Durch den großen Exporterfolg des Panzers der Firma Krauss-Maffei Wegmann existieren sehr viele unterschiedliche Versionen, die jeweils an die besonderen Anforderungen der Käufer angepasst wurden. Es gibt auch Lizenzbauten im Ausland. Hauptzweck dieses Kampfpanzers ist die Abwehr feindlicher Panzerverbände.
Der Leopard 2 hat eine 120-mm-Kanone, mit der er auch während der Fahrt stehende oder bewegliche Ziele angreifen kann. Der 1500 PS starke und mehr als 60 km/h schnelle Panzer ist ein Schwergewicht. Seine mehr als 60 Tonnen sind immer wieder ein Problem für Brücken. In Einsätzen in Afghanistan hat sich der Leopard nach Darstellung der beteiligten kanadischen und dänischen Soldaten vor allem wegen seines hohen Schutzes gegen Angriffe bewährt.
Kampfpanzer Leopard 1A5
Die Ukraine hat inzwischen 20 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1A5 bekommen, des Vorgängers des Leopard 2. Geplant ist die Lieferung von mehr als 100 Fahrzeuge dieses Typs. Bei diesem Projekt hat Deutschland gemeinsam mit Dänemark die Federführung, beide Staaten gewährleisten auch die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte an dem Panzertyp, der bei der Bundeswehr seit 2003 nicht mehr im Einsatz ist.
Der Leopard 1 war der erste seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland entwickelte Kampfpanzer. Von den zwischen 1964 bis 1984 gebauten 4700 Stück wurden viele exportiert, und ein Teil von ihnen tut nach zahlreichen Modernisierungen weiterhin Dienst in diesen Ländern. Die jetzt an die Ukraine gelieferten Panzer stammen aus Industriebeständen und werden für den Kampfeinsatz gegen die russischen Invasoren modernisiert.
Schützenpanzer Marder
80 Schützenpanzer Marder hat die Ukraine inzwischen nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums von Deutschland bekommen. Schützenpanzer transportieren Infanterietruppen ins Gefecht, geben ihnen Feuerunterstützung, und Schützen feuern aus ihnen heraus. Er ist daher ein vielseitiges Waffensystem. Im Marder ist Platz für sechs bis sieben Schützen. Er besitzt eine 20-mm-Maschinenkanone und - optional - Lenkflugkörper vom Typ Milan gegen Boden- wie Luftziele.
Mit seiner Indienststellung 1971 ist der Marder ein besonders altes Modell und wird in Deutschland nach und nach durch das Nachfolgemodell Puma ersetzt. Trotzdem ist der Marder nach wie vor in der Bundeswehr und in einer Reihe anderer Armeen im Einsatz und hat sich auch im Kosovo und Afghanistan bewährt.
Flakpanzer Gepard
Zwei Monate nach Kriegsbeginn sagte die Bundesregierung mit dem Flugabwehrpanzer Gepard erstmals ein schweres Waffensystem zu. Inzwischen wurden 52 in die Ukraine geliefert. Der Gepard hat 35-mm-Zwillingskanonen. Er kann gegen Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber oder Drohnen in bis zu 3500 Metern Höhe, aber auch gegen leichtgepanzerte Bodenziele wie Schützen- und Transportpanzer eingesetzt werden.
Der Gepard wurde 1976 eingeführt und war lange ein Eckpfeiler der Flugabwehr des Heeres der Bundeswehr, aber auch des niederländischen und belgischen Heeres. Doch in diesen Ländern wurde der Gepard schon vor rund 20 Jahren ausgemustert, in Deutschland der letzte 2012. Daher mussten die Geparden für die Ukraine erst instandgesetzt werden. Die relativ komplizierte Technik und Bedienung des Flakpanzers stellte ein weiteres Problem dar, ukrainische Besatzungen wurden in Deutschland geschult.
Panzerhaubitze 2000
14 Exemplare wurden geliefert, und das bereits wenige Monate nach Kriegsbeginn. Bei der Haubitze 2000 handelt es sich um ein gepanzertes, selbstfahrendes Artilleriegeschütz des Kalibers 155 mm. Die Geschosse können mit einer Feuerrate von drei Schuss in zehn Sekunden abgefeuert, Ziele noch in 40 Kilometern Entfernung zerstört werden.
Die Firmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall lieferten die ersten Haubitzen 1998 an die Bundeswehr und stellen das Modell in weiterentwickelter Form nach wie vor her. Die Panzerhaubitze 2000 muss im Gegensatz zum Kampfpanzer Leopard zum Feuern stehen, sie ist daher einem Kampfpanzer im direkten Duell klar unterlegen. Sie kann aber nach dem Feuern sofort eine erneute Tarnstellung beziehen und damit Gegenfeuer ausweichen.
Mehrfachraketenwerfer MARS II
Es wurden bisher fünf mobile Mehrfachraketenwerfer vom Typ MARS II aus Bundeswehrbeständen geliefert. MARS ist die Abkürzung für Mittleres Artillerieraketensystem, die englische Bezeichnung ist MLRS oder Multiple Launch Rocket System. Zu der Lieferung gehören mehrere hundert Raketen mit einer Reichweite von gut 80 Kilometern.
Die USA, wo das System gebaut wird, haben die Ausbildung an dem Waffensystem übernommen. Das ursprüngliche System stammt aus den 1980er Jahren; verbessert wurde seitdem vor allem die Reichweite der Raketen und deren Treffgenauigkeit.
Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM
Das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM, von dem die Ukraine jetzt das dritte bekommen hat, kann zur Abwehr von anfliegenden Raketen, Marschflugkörpern, Drohnen, Flugzeugen und Hubschraubern in einer Höhe bis zu 20 Kilometern und in einer Entfernung von bis 40 Kilometern eingesetzt werden.
Die Bundeswehr selbst verfügt noch gar nicht über dieses System zum Stückpreis von rund 145 Millionen Euro, es ist eines der modernsten auf dem Markt.
Brückenlegepanzer Biber und Bergepanzer
Es wurden bisher zehn Brückenlegepanzer Biber und 17 Bergepanzer geliefert. Der Brückenlegepanzer Biber aus deutscher Produktion kann im Gefecht Gewässer und Schluchten bis zu einer Breite von 20 Metern überbrücken. Die Brücke ist 22 Meter lang, vier Meter breit und kann in wenigen Minuten ausgelegt werden. Die Brücke ist bis zu einem Gewicht von 55 Tonnen zugelassen.
Mit schweren Kampfpanzern wie dem Leopard 2, der über 60 Tonnen wiegt, wäre die Tragfähigkeit allerdings überschritten. Die Bundeswehr ist daher dabei, den Biber durch das Nachfolgemodell Leguan zu ersetzen, dessen Tragekapazität mehr als 70 Tonnen beträgt. Die Bergepanzer dienen dazu, beschädigte oder zerstörte Panzer und LKW zu bergen und abzuschleppen.
Aufklärungsdrohne Vector
Drohnen sind im Laufe des Krieges immer wichtiger geworden. Russland und die Ukraine setzen Kampfdrohnen ein. Deutschland liefert dagegen der Ukraine Aufklärungsdrohnen, bisher zum Beispiel 104 Aufklärungsdrohnen vom Typ Vector. Diese Drohne des deutschen Herstellers Quantum Systems ist ein Starrflügler mit knapp drei Metern Spannweite, drei Rotoren und einem Rumpf aus karbonfaserverstärktem Kunststoff.
Bis zu zwei Stunden kann die Aufklärungsdrohne in der Luft bleiben und dabei eine Fläche von von 700 Hektar abfotografieren.
Fliegerfaust Stinger
Nach Angaben der Bundesregierung hat Deutschland der Ukraine schon sehr früh nach Kriegsbeginn 500 Fliegerabwehrraketen vom Typ Stinger geliefert. Die Stinger ist eine schultergestützte, infrarotgelenkte Boden-Luft-Rakete, die seit 1980 in den USA von Raytheon, schon lange aber auch in Europa - darunter Deutschland - hergestellt wird.
Nach der Erfassung des Ziels - ein Kampfflugzeug oder -hubschrauber - und dem Abfeuern durch den Schützen verfolgt die Rakete ihr Ziel selbsttätig bis in eine Entfernung von rund 4000 Metern. Der Gefechtskopf explodiert leicht zeitverzögert nach dem Aufschlag, meist auf den Treibstofftank, und erhöht damit die Wirkung. Stingers haben sich als äußerst effektive wie einfach zu bedienende Waffen erwiesen. Während der sowjetischen Besetzung Afghanistans haben von den USA ausgerüstete afghanische Kämpfer zahlreiche sowjetische Flugzeuge und Hubschrauber abgeschossen.
Panzer- und Bunkerfaust
Ebenfalls schon kurz nach Kriegsbeginn hat Deutschland der Ukraine mehrere tausend Panzerfäuste geliefert. Bei der Bundeswehr und anderen nationalen Streitkräften wird die Standard-Panzerfaust 3 zur Panzerabwehr verwendet, hergestellt seit 1992 von der Firma Dynamit Nobel in Deutschland.
Sie wird von der Schulter gegen stehende Ziele bis zu 400 Metern und fahrende Ziele bis zu 300 Metern Entfernung abgefeuert. Sie kann bis zu 300 mm Panzerstahl durchdringen und, als Bunkerfaust mit anderer Munition, bis zu 240 mm Stahlbeton.
Bisher nur in Diskussion: Marschflugkörper Taurus
Der Druck auf Deutschland steigt, sie Kiew zur Verfügung zu stellen. Marschflugkörper haben durch ihre geringe Flughöhe den Vorteil gegenüber Raketen, dass sie vom feindlichen Radar nur schwer auszumachen sind. Der Taurus wird zwar von Kampfflugzeugen abgeworfen, fliegt dann aber in nur etwa 35 Metern Höhe weiter bis zu seinem zuvor eingegebenen Ziel am Boden, zum Beispiel Bunker und geschützte Gefechtsstände. Selbst mehrere Stahlbetonwände hintereinander kann der Lenkflugkörper mit einem Stückpreis von rund einer Million Euro durchdringen.
Die Reichweite beträgt bis zu 500 Kilometer. Damit könnte Taurus auch Ziele weit hinter der Front auf russischem Gebiet treffen. Falls Berlin die Waffe an die Ukraine liefert, könnte sie die Reichweite des Systems technisch begrenzen, um eine Eskalation mit Russland zu verhindern. Außerdem müssten die Marschflugkörper, die für NATO-Kampfflugzeuge vom Typ Tornado oder Eurofighter ausgelegt sind, an Maschinen der ukrainischen Luftwaffe angepasst werden.
Dieser Artikel wurde zum ersten Mal am 19.10.2022 veröffentlicht und wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 21.12.2023.