Ukraine: Kroatien sagt Getreideausfuhr über Häfen zu
1. August 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Kroatien öffnet seine Häfen für Exporte von ukrainischem Getreide
- Präsident Selenskyj verlangt nach Raketenattacken härtere Sanktionen gegen Moskau
- Drohnenangriffe auf russische Hauptstadt halten an
- Isländische Botschaft in Moskau stellt Betrieb ein
- USA wollen an Ukraine-Konferenz in Dschidda teilnehmen
Die Ukraine kann zur Ausfuhr ihres Getreides auf kroatische Häfen an der Donau und der Adria zurückgreifen. Darauf hätten sich die beiden Länder geeinigt, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nach einem Treffen mit seinem Kollegen Gordan Grlic Radman in Kiew. "Jetzt werden wir daran arbeiten, die effizientesten Routen zu diesen Häfen einzurichten." Kuleba fügte hinzu: "Jeder Beitrag zur Freigabe des Exports, jede geöffnete Tür ist ein echter, effektiver Beitrag zur Ernährungssicherheit in der Welt." Welche Mengen an Getreide ausgeführt werden können, wurde nicht mitgeteilt.
Die Ukraine ist derzeit auf die Exportrouten über den Landweg durch die Europäischen Union angewiesen sowie auf eine alternative Route über die Donau. Das russische Militär hatte Anfang dieses Monats die Infrastruktur entlang der Flussroute angegriffen. Russland war vor kurzem aus dem sogenannten Schwarzmeergetreideabkommen ausgestiegen, das die Vereinten Nationen vermittelt hatten. Damit nahm Moskau der Ukraine einen wichtigen Weg, um ihre landwirtschaftlichen Produkte während des Krieges sicher zu exportieren.
Nach jüngsten Raketenangriffen: Selenskyj fordert härtere Sanktionen
Nach den schweren Raketenangriffen unter anderem auf seine Heimatstadt Krywyj Rih hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut schärfere Strafmaßnahmen gegen die Führung in Moskau gefordert. "Der weltweite Sanktionsdruck gegen Russland verdient eine deutliche Steigerung", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Insbesondere müssten Sanktionslücken geschlossen werden, mithilfe derer Russland die Waffenproduktion am Laufen halte. Ferner pochte der Staatschef der Ukraine einmal mehr auf Raketen mit größerer Reichweite für sein Land. Dies sei nötig, "damit wir diese terroristische Bedrohung beseitigen können, die Russland gegen unser Volk, gegen unsere Kinder erschafft", sagte er.
Russland hatte zuvor im Süden der Ukraine neben Krywyj Rih auch die Stadt Cherson angegriffen. In Krywyj Rih schlugen zwei russische Raketen in ein neunstöckiges Wohnhaus und ein Gebäude der Universität ein. Zuletzt war von sechs Toten und 75 Verletzten die Rede, darunter auch mehrere Kinder. In Cherson kamen offiziellen Angaben zufolge vier Zivilisten ums Leben, 17 weitere wurden verletzt.
Moskau erneut Ziel von Drohnenattacke
Russlands Hauptstadt Moskau ist erneut Ziel eines Drohnenangriffs geworden. Die russische Flugabwehr habe eine Reihe von Drohnen abgeschossen, teilte der Bürgermeister der Hauptstadt, Sergej Sobjanin, mit. Eine Drohne habe jedoch denselben Büroturm des Moskwa-City-Komplexes getroffen, der bereits am Sonntag attackiert worden war. Dabei sei die Fassade im 21. Stock beschädigt sowie die Verglasung auf einer Fläche von 150 Quadratmetern zerstört worden. Es gebe bislang keine Berichte über Opfer, so Sobjanin weiter. Andere unbemannte Flugsysteme konnten offenbar abgeschossen werden. Laut dem russischen Verteidigungsministerium habe es sich um ukrainische Drohnen gehandelt, berichtete die Nachrichtenagentur TASS. Der Verkehr am internationalen Flughafen Wnukowo wurde für kurze Zeit eingestellt.
Moskau liegt rund 500 Kilometer von der Grenze Russlands zur Ukraine entfernt. Das Stadtgebiet und das Umland waren seit dem Beginn des Krieges zunächst nur selten ins Visier geraten. Zuletzt aber gab es mehrere Drohnenattacken gegen die Hauptstadt, für die russische Behörden Kiew verantwortlich machten. Der Kreml nannte die Angriffe einen "Akt der Verzweiflung" der Ukraine, weil diese Rückschläge auf dem Schlachtfeld hinnehmen müsse.
Das russische Verteidigungsministerium teilte ferner mit, dass die Schwarzmeerflotte drei Attacken auf ihre Schiffe abgewehrt habe. Die Ukraine habe versucht, die russischen Patrouillenschiffe "Sergej Kotow" und "Wassili Bykow" mit unbemannten, ferngesteuerten Sprengbooten - sogenannten Seedrohnen - anzugreifen. Die drei Objekte seien jedoch durch die Bordwaffen der beiden Korvetten vernichtet worden, hieß es aus dem Ministerium. Die Spannungen im Schwarzen Meer haben seit Russlands Aufkündigung des Abkommens zur Verschiffung von Getreide aus den ukrainischen Häfen zugenommen.
Isländische Botschaft in Moskau stellt Betrieb ein
Die Botschaft Islands in Moskau hat an diesem Dienstag einstweilig ihren Betrieb eingestellt. Das teilte die Regierung des kleinen Inselstaats mit. Die Vertretung in der russischen Hauptstadt hatte die Interessen Islands auch gegenüber mehreren Ländern im Kaukasus und in Zentralasien wahrgenommen. Das werde nun direkt vom Außenministerium in Reykjavik übernommen. Damit sei jedoch keine Einstellung der diplomatischen Beziehungen verbunden, betonte das Außenministerium. Sobald die Bedingungen es erlaubten, könne die Entscheidung wieder rückgängig gemacht werden.
Die vorübergehende Schließung der isländischen Botschaft war bereits im Juni angekündigt worden. Begründet hatte Außenministerin Thórdís Kolbrún Gylfadóttir das mit einem historischen Tiefstand der Beziehungen zu Russland. Die Aufrechterhaltung des Botschaftsbetriebs lasse sich daher nicht länger rechtfertigen. Außerdem forderte Gylfadóttir Russland auf, seinen Botschaftsbetrieb in der isländischen Hauptstadt Reykjavik einzuschränken.
FDP-Verteidigungsexperte: Gegenschlag ist keine Eskalation
Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Alexander Müller, hat unterstrichen, dass allein der russische Präsident Wladimir Putin die Verantwortung für die jüngsten Drohnenangriffe auf Moskau trage. Obwohl sich die Ukraine nicht offiziell zu den Drohnenangriffen bekannt hat, sagte Müller der Deutschen Welle: "Das ist eine Reaktion auf das, was sie provoziert haben." Der FDP-Politiker erklärte weiter: "Wenn man jemandem ins Gesicht schlägt und einen Schlag zurückbekommt, ist das keine Eskalation."
Die Drohnenangriffe sollten als Zeichen gesehen werden. "Es ist ein Zeichen an das russische Volk, um ihm zu sagen: Ihr seid nicht sicher, und dies ist keine Sicherheitsoperation in einem fernen Land, sondern dies ist ein Krieg zwischen unseren beiden Ländern." Müller betonte, die deutsche Regierung habe sich zwar nicht offiziell zu den Drohnenangriffen geäußert, "aber wir bezeichnen das nicht als Eskalation oder als etwas Falsches, weil es zu erwarten war". Deutsche und andere westliche Waffen dürften dürfe jedoch nicht für Angriffe auf russisches Territorium verwendet werden. Bei einem Verstoß gegen diese Beschränkungen "wird es ein Problem zwischen dem Westen und der Ukraine geben".
USA sagen Teilnahme an Konferenz in Dschidda zu
Die Vereinigten Staaten werden an einer von Saudi-Arabien organisierten Ukraine-Friedenskonferenz teilnehmen. Das kündigte ein Sprecher des Außenministeriums in Washington an, ohne Einzelheiten zu nennen. Derzeit bereiten Vertreter mehrerer Länder nach ukrainischen Angaben das Treffen in Saudi-Arabien vor. Dabei soll es um den Friedensplan von Präsident Wolodymyr Selenskyj gehen, der den Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine vorsehe, teilte der Leiter des Präsidialamtes, Andrij Jermak, mit. Der Plan werde in drei Phasen diskutiert, die in ein Treffen der Staats- und Regierungschefs münden sollen. Die Konferenz in Saudi-Arabien soll am 5. und 6. August in Dschidda stattfinden.
Eine Teilnahme Russlands ist nicht vorgesehen. Die Führung im Moskau äußerte sich bislang zurückhaltend. Man müsse erst verstehen, was die Ziele der geplanten Gespräche seien und was besprochen werden solle, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.
Ukrainische Jugend informiert in Lissabon über Krieg
Am Weltjugendtag der katholischen Kirche, der an diesem Dienstag in Lissabon beginnt, werden auch fast 500 junge Menschen aus der Ukraine teilnehmen. Das stellte Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk in einer Videobotschaft in Aussicht. Die ukrainischen Jugendlichen wollten ihren Altersgenossen und der ganzen Welt bei der Veranstaltung von dem Leid berichten, das der Krieg in ihrem Land verursacht.
Schewtschuk rief die Weltöffentlichkeit und die Kirche auf, der ukrainischen Jugend zuzuhören: "Der Weltjugendtag soll der Moment sein, in dem wir 'Nein' zur russischen Aggression sagen, in dem wir die Tötung unschuldiger Zivilisten in der Ukraine verurteilen, in dem wir für die entführten Kinder beten und gemeinsam Gott um einen gerechten Frieden für die Ukraine und die Welt bitten."
Die Bürde des Krieges laste vor allem auf den Schultern der jungen Menschen in der Ukraine, so das Oberhaupt der mit Rom verbundenen griechisch-katholischen Kirche. Die Jugend beschütze das Heimatland und kümmere sich in einer großen Freiwilligenbewegung um Bedürftige. "Das Teilen des Schmerzes wird ein Moment der Heilung für unsere Mädchen und Jungen sein", ergänzte Schewtschuk.
sti/AR/kle/rb/jj/hf (dpa, afp, rtr, kna)
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