1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gerettet: Wie Kunst aus Odessa nach Berlin kam

22. Januar 2025

Die Berliner Gemäldegalerie zeigt 60 Gemälde aus dem "Museum für Westliche und Östliche Kunst" in Odessa. Deutschland unterstützt so die von Russland überfallene Ukraine.

https://p.dw.com/p/4pRCW
Zwei Frauen in weißen Anzügen inspizieren ein Frauengemälde
Restauratorinnen der Berliner Gemäldegalerie empfangen im September 2023 die Werke aus Odessa Bild: Sabine Lata

Als die russische Invasion im Februar 2022 beginnt, gerät Odessa (ukrainische Schreibweise: Odesa) schon bald ins Visier der russischen Angreifer. Im Juli 2023 trifft dann eine Rakete den prachtvollen, blaugetünchten Museumspalast im historischen Zentrum der südukrainischen Hafenstadt. Glücklicherweise hat Museumsdirektor Igor Poronyk zuvor alle Bilder abhängen lassen. Die bedeutendsten schickt er nach Lwiw in der Westukraine. Damit nimmt ein bemerkenswertes deutsch-ukrainisches Kulturprojekt seinen Lauf.

Denn im Notlager in Lwiw sind die Arbeiten gar nicht gut aufgehoben: Tausende Kunstwerke stapeln sich in überfüllten Depots. Die Auslagerung erweist sich als Rückschlag - zunächst. "Erst viel später sah ich, unter welchen Bedingungen sie gelagert wurden", berichtet Museumschef Poronyk in einem Interview des Rundfunks Berlin Brandenburg (RBB), "die Bedingungen waren nicht optimal".

Tiere lagern in der Natur. Im Hintergrund stehen Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis - ein Bild des belgischen Malers Roelant Savery
"Paradies" des belgischen Malers Roelant Savery entstand um 1618/1628, hing zuletzt im Museum in Odessa und ist jetzt in Berlin zu bestaunenBild: Staatliche Museen zu Berlin/Museum für Westliche und Östliche Kunst Odesa/Christoph Schmidt

Die rettende Idee aus Deutschland

Da kommt Hilfe aus Deutschland: Denn Ralph Gleis, damaliger Direktor der Alten Nationalgalerie in Berlin, schlägt vor, die Werke an der Spree auszustellen. Im September 2023 schickt Poronyk die Gemälde tatsächlich per Lastwagen nach Berlin. Zusammen mit Direktorin Dagmar Hirschfelder von der Berliner Gemäldegalerie wird ein Ausstellungsprojekt aus der Taufe gehoben, das schnell auch die Unterstützung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth findet.

"Mir liegt es sehr am Herzen, den ukrainischen Kolleginnen und Kollegen zu helfen", erklärte die Direktorin der Gemäldegalerie gegenüber dem RBB. Hirschfelder nennt das Projekt ein "wichtiges Zeichen der Solidarität" mit der Ukraine. Es wird ganz aktiv Kulturgut, ukrainisches Kulturgut zerstört und vernichtet." Es sei wichtig, einen Beitrag zu leisten, um die Kunstschätze zu bewahren. Auf eine kleinere Auftaktpräsentation im letzten Frühjahr folgt nun die große Sonderausstellung "Von Odessa nach Berlin". Neben Kulturstaatsministerin Roth wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 23. Januar unter den Eröffnungsgästen sein.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth steht in einem Raum mit Säulen, an der Wand hängt ein Bild
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne)Bild: Simion Ciochina/DW

Es sind bedeutende Werke europäischer Malerei des 16. bis 19. Jahrhunderts, die den europäischen Charakter des Museums in Odessa unterstreichen.

Auch verfügt das Haus, das genauso gut in Mailand, Berlin oder Amsterdam stehen könnte, über eine der größten Kunstsammlungen der Ukraine. Dazu zählt etwa das Frühbarock-Gemälde "Ecce Homo" von Bernardo Strocci. Pontius Pilatus präsentiert mit ausladender Geste den gemarterten Jesus.

Ein Mann schlendert im Museum an zwei Gemälden vorbei
Zu sehen sind u.a. "Streit der Kutscher" von Jules-Alexis Muenier (l.) und "Licht, Anfang der 1870er Jahre" von Gabriel Cornelius von MaxBild: Jörg Carstensen/picture alliance/dpa

"Das Böse ist vergänglich, die Kunst bleibt"

Die thronende Madonna mit Kind und Johannes-Knaben ist Sujet eines Bildes von Francesco Granacci (1469-1543), einem Zeitgenossen und Freund Michelangelos. Roelant Savery (1576-1639) hingegen hat mit feinstem Pinselstrich eine phantastische Paradieslandschaft erschaffen. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man im Hintergrund Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis. Einen intimen Moment schließlich hat der italienische Porträtmaler Johann Baptist von Lampi (Der Ältere) eingefangen. Sein Bild zeigt seine Ehefrau beim Stillen.

Eine Besucherin betrachtet im Museum ein Gemälde
"Ecce homo" - ein Gemälde von Bernardo Strozzi (1581/2-1644)Bild: Jörg Carstensen/picture alliance/dpa

Die Sonderschau vereinigt unterschiedliche Stile und Genre, ganz so wie die Werke der Berliner Gemäldegalerie. Auch das zeigt die Verbundenheit der Ukraine und Westeuropas. "Es gibt uns Hoffnung, wenn Menschen ins Museum kommen und sehen, dass Papier und Leinwand so viele Jahre überdauert und so viel erlebt haben", sagt Odessas Museumsschef Poronyk. "Das Böse ist vergänglich, aber die Kunst bleibt für immer!"

Die Sonderausstellung mit Werken der Sammlung des "Museum für Westliche und Östliche Kunst" in Odessa dauert vom 24. Januar bis 22. Juni 2025. Danach wandert die Schau durch Europa, bevor sie eines Tages - wann, steht noch in den Sternen - wieder nach Odessa zurückkehrt.