Ukraine rollt alte Ermittlungen neu auf
4. Oktober 2019Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft will nach Vorwürfen von US-Präsident Donald Trump gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden alte Akten überprüfen. Konkret geht es auch um die 2016 eingestellten Ermittlungen gegen die Gasholding Burisma. Hunter Biden, der Sohn des Präsidentschaftsbewerbers, saß im Aufsichtsrat des Unternehmens. Biden senior war als US-Vizepräsident häufig in der Ukraine.
"Wir sehen gerade alle Verfahren durch, die eingestellt oder aufgespalten wurden", sagte Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka in Kiew. Zugleich wies er den Eindruck zurück, die ukrainischen Behörden würden nun auf Druck von außen tätig. "Die Generalstaatsanwaltschaft ist unabhängig vom Präsidentenbüro", sagte er. Bisher lägen keine Erkenntnisse über ein Fehlverhalten Hunter Bidens vor.
Druck aus Washington
Insgesamt würden etwa 15 Verfahren daraufhin geprüft, ob sie womöglich gesetzwidrig eingestellt wurden, sagte Rjaboschapka. Biden hatte sich 2018 gebrüstet, er habe 2016 in seiner damaligen Funktion als Stellvertreter des US-Präsidenten die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts Viktor Schokin beim Präsidenten in Kiew durchgesetzt. Nach eigener Darstellung hatte er Schokins Rauswurf auch zur Bedingung für die Freigabe eines Milliardenkredits an die Ukraine gemacht.
Schokin hatte damals gegen Burisma auch wegen Steuerhinterziehung und Korruption ermittelt. Er hatte Biden senior vorgeworfen, seine eigene Entlassung habe dem Zweck gedient, Bidens Sohn Hunter zu schützen. Biden senior weist diese Anschuldigung zurück.
US-Präsident Trump hatte den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen Biden und dessen Sohn Hunter aufgefordert. Am Donnerstag richtete er einen solchen Appell auch an China. Die US-Demokraten werfen Trump deshalb Amtsmissbrauch vor: Der Präsident, so ihre Lesart, habe versucht, mit Druck Ermittlungen gegen Biden zu erwirken, um ihm im Wahlkampf zu schaden. Trump droht deshalb ein Amtsenthebungsverfahren.
Im Rahmen einer Untersuchung hierzu wurde - ebenfalls am Donnerstag - der frühere Ukraine-Sondergesandte Kurt Volker im Kongress befragt. Regierung und Opposition interpretierten dessen Aussagen danach sehr unterschiedlich. Der Demokrat Eric Swalwell sagte, es gebe nun "genügend Beweise" dafür, dass Selenskyj eine Überprüfung der Bidens veranlassen sollte, wenn er ein Treffen mit Trump haben wollte. Der Republikaner Lee Zeldin erklärte hingegen, es sei "glasklar", dass Behauptungen, wonach Trump versucht habe, "Selenskyj dazu zu bringen, die Bidens mit Dreck zu bewerfen", unwahr seien.
jj/gri (dpa, afp, rtr)