UN-Ermittler: "Völkermord" an Rohingya geht weiter
25. Oktober 2018Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit Hunderttausende Rohingya wegen Gewalt und staatlicher Repressionen Myanmar verließen - und die Gewalt im Land hält laut einer UN-Untersuchungskommission an. Der Leiter des Gremiums, Marzuki Darusman, sagte am Mittwoch in New York, in Myanmar sei der "Völkermord immer noch im Gange".
Die Kriterien für einen Völkermord seien fast alle erfüllt: Dazu gehörten schwere Körperverletzungen, Maßnahmen, um Geburten zu verhindern, sowie grundsätzlich die Schaffung von Bedingungen, die darauf ausgelegt seien, die Rohingya zu vernichten, sagte er. Immer noch seien Tausende Rohingya auf der Flucht. Die im Land verbleibenden Angehörigen der muslimischen Minderheit - schätzungsweise 250.000 bis 400.000 Menschen - litten unter schwerwiegendsten Einschränkungen und Unterdrückung. Bereits im September hatte die Kommission einen umfassenden Bericht vorgelegt. Darin verurteilen die Ermittler das Vorgehen der Armee Myanmars gegen die Minderheit als "grob unverhältnismäßig".
Darusman rief den UN-Sicherheitsrat dazu auf, den Fall an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag zu verweisen oder ein gesondertes Tribunal zu schaffen. Dass der Sicherheitsrat den ICC anrufen wird, gilt als unwahrscheinlich, da mit Vetos von Russland und China gerechnet wird.
Myanmar weist Anschuldigungen zurück
Der UN-Botschafter Myanmars, Hau Do Suan, nannte die Ermittlungen "fehlerhaft, voreingenommen und politisch motiviert" und sagte, die Regierung weise den Vorwurf eines gezielten Völkermords kategorisch zurück. Auch Myanmars Verbündeter China nannte die Ermittlungen "nicht glaubwürdig". Die Internationale Gemeinschaft solle sich lieber mit der Rückführung der Flüchtlinge befassen. Diese Haltung vertritt auch Russland. Das hält die UN-Sonderberichterstatterin für Myanmar, Yanghee Lee, allerdings für ausgeschlossen. Eine Rückführung sei nicht möglich, solange es Repressionen gegen die Rohingya gebe. Lee sagte weiter, die von der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi geführte Regierung Myanmars zeige kein Interesse daran, eine funktionierende Demokratie mit gleichen Rechten für alle zu etablieren.
UN: 10.000 Tote durch Militärgewalt
Die Rohingya werden in Myanmar, dem ehemaligen Birma, seit Jahrzehnten unterdrückt und diskriminiert. Die Lage eskalierte im vergangenen Jahr, nachdem Rohingya-Rebellen bei Angriffen mehrere Grenzwächter töteten. Das Militär in dem mehrheitlich buddhistischen Land reagierte mit brutaler Gegengewalt. Dabei kamen nach "vorsichtigen Schätzungen" der UN mindestens 10.000 Menschen ums Leben.
Weite Teile der buddhistischen Mehrheit in Myanmar betrachten die Rohingya als illegale, staatenlose Einwanderer aus Bangladesch, obwohl viele von ihnen schon seit Generationen in Myanmar leben. Rund eine Million der 52 Millionen Einwohner des Vielvölkerstaates sind Rohingya. Die in bitterer Armut lebenden Muslime gelten als eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Welt.
cvo/mak (ap, dpa, afp)