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Politik

UN-Koordinator warnt vor Flüchtlingspakt

21. Februar 2017

Gerettete Bootsflüchtlinge sollen zurück nach Libyen - so wünschen es sich Deutschland und die EU. Der Libyen-Experte der UN, Martin Kobler, hält das Vorhaben für unrealistisch und berichtet von Folter in Lagern.

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Martin Kobler über Flüchtlinge in Libyen
Bild: picture alliance/dpa/M.Messara

Mit eindringlichen Worten warnt der UN-Koordinator für Libyen, Martin Kobler (Artikelbild), aus dem Mittelmeer gerettete Bootsflüchtlinge zurück nach Libyen zu bringen. "Die Lage vor Ort ist menschenunwürdig", sagte Kobler der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Die Zustände in den derzeit 21 Flüchtlingslagern seien "furchtbar, entsetzlich, grauenhaft". Menschen würden im Dunkeln eingepfercht, müssten in Schichten schlafen und litten an Unterernährung.

Zudem berichtet der Libyen-Experte von Lagern, die von Schleppern illegal betrieben würden und für UN-Vertreter nicht zugänglich seien. Flüchtlinge erzählten von Folter und Vergewaltigungen. "Es gibt zum Teil sogar Erschießungen, um Platz für Neuankömmlinge zu schaffen", sagte Kobler.

Verlässlicher Partner fehlt

Der UN-Koordinator hält das gesamte Vorhaben der Bundesregierung und der EU für unrealistisch, mit Libyen nach dem Vorbild des Türkei-Deals einen Flüchtlingspakt zu schließen. Libyen sei kein funktionierender Staat. "Mit welcher Regierung will man einen solchen Pakt schmieden? Deutschland unterhält bislang schließlich nicht einmal eine eigene Botschaft in dem Land." Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die Möglichkeit angesprochen, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Libyen zu bringen.

In dem nordafrikanischen Land herrscht seit dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos und Gewalt. Zwei Regierungen und mehrere Milizen konkurrieren um die Macht. Der Einfluss von Ministerpräsident Fajas Sarradsch, mit dem die EU verhandelt, nimmt seit seiner Ernennung Ende 2015 eher wieder ab.

Erneut Bootsunglück mit Toten

Derweil sind an der libyschen Küste erneut viele Leichen von verunglückten Migranten angespült worden. 74 Leichen seien gefunden worden, sagte der regionale Sprecher der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC), Stephen Ryan. Bei Twitter wurden Fotos von der Rettungsaktion veröffentlicht.

Nach Angaben des libyschen Roten Halbmondes wurden die Leichen in der Nähe der Stadt Zawija angespült. Im Umfeld sei ein zerrissenes Schlauchboot entdeckt worden, sagte ein Sprecher. In der Regel würden darin bis zu 120 Menschen transportiert. Es müsse deshalb mit noch mehr Leichen gerechnet werden. 

wo/stu (epd, dpa, ap)