UN: Maduro für Verbrechen verantwortlich
16. September 2020Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen sieht Anhaltspunkte dafür, dass Präsident Nicolás Maduro und dessen Mitstreiter seit 2014 Menschenrechtsverletzungen geplant und ausgeführt haben. Verbrechen wie willkürliche Tötungen und systematische Folter seien "im Einklang mit der staatlichen Politik" verübt worden, sagte Marta Valinas. Sie leitet eine UN-Kommission, die 223 Fälle im Einzelnen prüfte und zusätzlich fast 2900 Vorkommnisse auf strukturelle Muster hin untersuchte.
Maduro sowie der Innen- und der Verteidigungsminister hätten von den Taten gewusst. "Sie gaben Befehle und koordinierten die Aktionen", erklärte Valinas. Führungskräfte von Armee, Polizei und Geheimdiensten sowie hohe Regierungsbeamte hätten davon Kenntnis gehabt oder selbst mitgeholfen. 48 solcher Verbrechen werden detailliert in dem 400-seitigen Report geschildert.
Vorgetäuschte Konfrontation
Unter Berufung auf staatliche Informanten und Zeugen schreibt die Kommission, es sei eine weit verbreitete Praxis gewesen, als Vorwand für Tötungen eine vorherige Konfrontation zu simulieren. In Trainingsvideos seien Einsatzkräfte aufgerufen worden, Kriminelle ohne jedes Mitleid zu töten. Aber auch Zivilisten zählten zu den Opfern. Einige seien verschwunden, manche gefoltert worden.
Der Bericht dokumentiert unter anderem mehrere Fälle willkürlicher Hinrichtungen. Solche außergerichtlichen Exekutionen seien "nicht einfach eine Folge von Disziplinlosigkeit der Sicherheitskräfte". Vielmehr erschienen die Täter als Teil einer Politik, die sich unerwünschter Mitglieder der Gesellschaft entledigen wolle. Strafrechtliche Verfolgung hätten die Akteure nicht zu fürchten.
"Muss in Den Haag auf den Tisch"
Die UN-Untersuchungskommission empfiehlt, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag solle sich zeitnah mit den Vorwürfen befassen. Einen Vorstoß zur gerichtlichen Untersuchung mehrerer Fälle hatten bereits 2018 sechs amerikanische Staaten unternommen.
Das ölreiche Venezuela steckt in einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise, die durch die Corona-Pandemie noch verschärft wurde. Vor eineinhalb Jahren erklärte sich Parlamentspräsident Juan Guaidó zum Übergangspräsidenten. Er forderte Maduro damit offen heraus und versucht seitdem, ihn aus dem Amt zu drängen. Die USA und die Europäische Union erkannten Guaidó als Interimsstaatschef an. Der größte Teil der Streitkräfte steht allerdings weiter hinter Maduro.
jj/fab (dpa, rtr)