UN-Mission im Kongo
29. Juni 2011Fragt man Madnodje Mounoubai, Sprecher der UN-Mission im Kongo, nach der schwierigen Situation im Osten des Landes, gerät er leicht ins Stocken und beginnt mit einer Rechtfertigung: "Sie können nicht erwarten, dass 20.000 Soldaten einer Bevölkerung von 10 Millionen Menschen, auf einem Gebiet, das zwei Mal so groß ist wie Frankreich, volle Sicherheit bieten." Und schnell ist Mounoubai bei den Errungenschaften der Mission: "Wir arbeiten mit der kongolesischen Regierung zusammen, die Sicherheitsorgane zu stärken. Wir unterstützen die kongolesische Armee, FARDC, und wir bilden die Polizei aus, damit sie besser in der Lage ist, den Menschen Schutz zu bieten."
Umfangreich und kostspielig
Um die Sicherheit der Zivilbevölkerung war auch die UNO bemüht als sie vor 12 Jahren die ersten Blauhelme nach Kinshasa schickte: ganze 500 Militärbeobachter. Heute ist die MONUSCO eine der größten und teuersten Friedensmission der Vereinten Nationen. Knapp 20.000 Soldaten und zivile Kräfte verschlingen jährlich 1,4 Milliarden US-Dollar.
Trotz ihrer Anwesenheit herrscht im Osten der Demokratischen Republik Kongo Krieg. "Besonders Frauen sind Ziel der Überfälle. Aber auch Kinder werden gefangen genommen, junge Mädchen von den bewaffneten Banden geraubt, Männer umgebracht", berichtet Lyn Lusi aus Goma. Die Britin ist Gründerin der Hilfsorganisation Heal Africa. Seit 15 Jahren betreibt sie hier, an der Grenze zu Rwanda, ein Krankenhaus, behandelt Vergewaltigungsopfer und Kriegstraumatisierte. “Ständig kommt es zu Überfällen. Die Menschen sind permanent auf der Flucht.“
Häufig unter Beschuss: der Osten
Die drei Provinzen Nord- und Südkivu und Maniema sind chronische Unruheherde. Mai-Mai-Kämpfer und ruandisch-stämmige FDLR-Milizen halten sich versteckt in dem unwegsamen Gelände. 95 Prozent ihrer Streitkräfte haben die Vereinten Nationen hier stationiert. Und trotzdem bekommen sie die Lage nicht unter Kontrolle. Wo liegen die Probleme? Zum einen in der Geografie, sagt Jean-Paul Dietrich. Von 2008 bis 2010 war er der militärische Sprecher der UN-Mission, heute ist er Oberst bei der Schweizer Armee. "Die ortsansässigen Milizen haben weit bessere Ortskenntnisse als die Streitkräfte. Die Rebellen sind in sehr unwägbarem Gelände tätig. Und weder die UNO noch die Streitkräfte haben genügend Mobilität, um wirksam gegen diese Truppen vorzugehen und sie ein für alle mal zur Aufgabe zu zwingen."
Die Waffe diktiert das Verhalten
Dennoch habe die Mission Erfolge zu verzeichnen, meint Dietrich. Zum Beispiel seien Tausende ehemaliger Rebellen in die kongolesische Armee integriert worden. Eine große Leistung der Demobilisierung, sagt Dietrich. Das heißt aber auch, die Kämpfer haben ihre Waffen als Rebellen abgelegt und als Soldaten wieder aufgenommen. Ein Sinneswandel findet somit allein noch nicht statt, meint Dietrich. "Bedingt durch die Integration von ehemaligen Rebellen in die kongolesische Armee ist das Bewusstsein von Menschenrechtsfragen oder auch für einen korrekten Umgang mit der Zivilbevölkerung bei vielen Angehörigen dieser Streitkräfte noch nicht gegeben. Ihnen unterlaufen leider sehr massive Verletzungen der Menschenrechte", berichtet Dietrich aus Erfahrung. Die Waffe diktiere das Verhalten.
Das Misstrauen wächst
In ihren Operationen sind die Blauhelme auf die Unterstützung der Zivilbevölkerung angewiesen. Doch die ist zunehmend verängstigt. Zu oft haben UN und kongolesische Armee das Vertrauen der Menschen verspielt. UN-Soldaten, die Lebensmittel für Sex verkaufen oder Fälle von Massenvergewaltigungen der FDLR, bei denen die UN nicht eingriff. Zwischenfälle, die auf das Schärfste verurteilt und geahndet werden müssen, versichert Dietrich und setzt nach: "Militärisch hat sich vielleicht einiges verbessert, aber die Zivilbevölkerung hat einen relativ hohen Preis dafür bezahlt".
Autorin: Stefanie Duckstein
Redaktion: Katrin Ogunsade