UN-Resolution zum Libanon: Bewegung im Sicherheitsrat
10. August 2006US-Botschafter John Bolton sprach nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Jean-Marc de La Sablière am Donnerstag (10.8.) von Fortschritten. Es sei möglich, dass am Freitag (11.8.) über einen neuen Resolutionsentwurf abgestimmt werde. Man habe einige Differenzen mit den Franzosen beigelegt. Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy sagte in Paris, in den vergangenen 24 Stunden habe es sehr positive Entwicklungen gegeben.
Die britische Außenministerin Margaret Beckett reiste am Donnerstag nach New York ab, um die seit Wochen andauernden diplomatischen Bemühungen voranzubringen. "Wir müssen die Aufgabe nun beendens, erklärte sie und äußerte sich besorgt über die Situation der Menschen im Kampfgebiet. Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice hielt sich nach Angaben ihres Sprechers bereit, entweder zu einer Abstimmung oder, falls nötig, zur Ausarbeitung letzter Einzelheiten nach New York zu fahren.
Israel und Libanon sollen Resolution akzeptieren können
Die USA und Frankreich wollen sicherstellen, dass die Resolution sowohl für Israel als auch für den Libanon akzeptabel ist. Die Regierung in Beirut hatte den ersten amerikanisch-französischen Resolutionsentwurf abgelehnt. Frankreich unterstützte bislang die libanesische Forderung, dass Israel mit dem Rückzug beginnen soll, wenn die Kämpfe beendet und der Libanon 15.000 Soldaten im Süden stationiert. Die USA stützen dagegen die israelische Position, wonach zuvor auch eine internationale Schutztruppe stationiert werden müsse, was Wochen oder Monate dauern könnte.
Angesichts der internationalen Krisendiplomatie hat Israel die geplante Großoffensive der Bodentruppen im Libanon vorerst ausgesetzt. Die Ausweitung der Offensive habe "noch nicht begonnen", sagte Regierungssprecher Avi Pasner am Donnerstag in Jerusalem. Im Militärrundfunk war von einem Aufschub um "mindestens 48 Stunden" die Rede. Israel will damit offenbar den diplomatischen Bemühungen eine Chance geben. Die Kämpfe im Libanon gingen dennoch weiter, in der sieben Kilometer nördlich der Grenze gelegenen Ortschaft Mardschajun kam es zu heftigen Gefechten.
Israel hält 350 libanesische Soldaten fest
Israelische Streitkräfte haben am Donnerstag nach Angaben der Beiruter Regierung 350 libanesische Sicherheitskräfte in Mardschajun festgehalten. Innenminister Ahmed Fatfat sagte der Nachrichtenagentur AP, die Israelis seien am Nachmittag in die Garnison eingedrungen. Als die libanesischen Soldaten und Polizisten hätten abrücken wollen, sei ihnen das verwehrt worden. "Wir betrachten sie als Gefangene", sagte Fatfat. Derzeit liefen Verhandlungen über ihre Freilassung.
Israelische Panzer bezogen auch Stellung vor der Stadt Chiam und rückten gegen Klaiaa vor, eine Ortschaft an der Straße zwischen Mardschajun und Chiam. Chiam gilt als Hisbollah-Hochburg. Dort zerstörte die israelische Luftwaffe vor über zwei Wochen den Posten der UN-Beobachtermission UNIFIL, wobei vier Blauhelm-Soldaten getötet wurden.
Die israelische Luftwaffe forderte unterdessen die Bewohner schiitischer Stadtteile im Süden Beiruts in Flugblättern auf, ihre Häuser zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. "Die israelische Armee wird ihre Operationen in Beirut ausweiten", hieß es in den Flugblättern, die am Donnerstag von Flugzeugen über Beirut abgeworfen wurden. Zahlreiche Bewohner versuchten daraufhin, die Viertel zu verlassen. Die Behörden riefen sie über Lautsprecher auf, sich an Sammelpunkte zu begeben, wo sie von städtischen Autobussen abgeholt wurden.
UN-Koordinator Egeland fordert Zugang zum Südlibanon
Internationale Hilfsorganisationen haben am Donnerstag dringend Zugang zum Südlibanon gefordert. Über 100.000 Menschen seien dort abgeschnitten, sagte der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, in Genf. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), erklärte in Beirut, dass ein Zugang in die Region lebenswichtig sei. Egeland sagte, dass sich die Situation nur politisch lösen lasse. Deshalb hoffe er auf eine rasche Resolution des UN-Sicherheitsrats.
Israel habe die Küstenstraße nach Tyrus systematisch zerbombt und damit jeden Zugang zur Bevölkerung blockiert, sagte Egeland und bezeichnete die Straße als "Lebensader". "Das Recht ist sehr klar: Zivilisten müssen geschont werden. Und in diesem Konflikt werden sie es nicht", sagte er weiter. Größtes Problem in der Region sei der Treibstoffmangel. Schon vier Krankenhäuser hätten deswegen schließen müssen. Zwei von der UN gecharterte Tanker müssten weiterhin vor der Küste warten. (je)