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Konflikte

Zehntausende Zivilisten in Syrien verschleppt

1. März 2021

Zehn Jahre nach dem Beginn des Syrienkriegs haben die Vereinten Nationen in einem Bericht "unvorstellbares Leiden" tausender inhaftierter Zivilisten angeprangert.

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Syrien | Adra Gefängnis in Damaskus
Das Adra-Gefängnis in Damaskus (Archivbild)Bild: imago stock&people

Der Verbleib zehntausender Menschen, die durch Sicherheitskräfte des Regimes von Präsident Baschar al-Assad verschleppt worden seien, sei weiterhin ungeklärt, heißt es in einem Bericht der UN-Ermittlungskommission zu Syrien. Das Regime halte noch immer Zehntausende Zivilisten willkürlich und unter schlimmsten Bedingungen gefangen. Viele Menschen seien in der Haft getötet worden oder schon seit Beginn des Syrien-Konflikts vor gut zehn Jahren eingesperrt.

Die Regierung Assad habe sich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht, schreiben die Autoren. Auch Rebellen und die von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) hätten Kriegsverbrechen begangen. Der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) wirft der Bericht unter anderem Völkermord an der religiösen Minderheit der Jesiden vor.

Erinnern an Syriens Verschleppte

Für den Bericht führten die UN-Ermittler Gespräche mit mehr als 2500 Menschen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dabei wurden die Angaben zu Haftbedingungen in mehr als hundert Gefängnissen ausgewertet. Viele der vermissten Häftlinge seien mittlerweile gestorben oder hingerichtet worden, heißt es in dem Bericht. Die Gewalt sei "mit Wissen und Duldung" der verschiedenen Parteien geschehen. Betroffen seien Männer und Frauen, aber auch Kinder.

20 Foltermethoden

Mindestens 20 "entsetzliche Foltermethoden" der syrischen Regierungsbehörden führen die Autoren des Berichts auf. Die Opfer wurden demnach Elektroschocks und Scheinrichtungen ausgesetzt, ihnen wurden Nägel gezogen oder schwere Brandwunden zugefügt oder sie wurden über längere Zeit "an ein oder zwei Gliedmaßen" aufgehängt und dabei zumeist noch heftig geschlagen.

Alle Verschleppungen und alle Verbrechen müssten aufgeklärt werden, verlangte der Vorsitzende der UN-Kommission, Paulo Sérgio Pinheiro. Hunderttausende Familienmitglieder hätten ein Recht zu erfahren, was mit ihren Angehörigen geschehen sei. Doch nur in wenigen Fällen hätten Ermittlungen stattgefunden. Verschleppungen und Verhaftungen seien Instrumente, um Angst und Schrecken in der Bevölkerung zu verbreiten.

"Nationales Trauma"

Die Autoren sprechen von einem "nationalen Trauma", auf das eine schnelle Reaktion der Bürgerkriegsparteien sowie der internationalen Gemeinschaft folgen müsse. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen in zehn Tagen dem UN-Menschenrechtsrat vorgestellt werden.

Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Dessen Sicherheitskräfte gingen damals mit Gewalt gegen die Demonstrationen vor. Daraus entwickelte sich ein Bürgerkrieg. Rebellen und Terrorgruppen eroberten weite Teile des Landes. Mit Hilfe Russlands und des Irans gewann Assad jedoch die meisten Gebiete zurück. In die Kämpfe griffen auch die USA, die Türkei und weitere Länder ein.

Der UN-Menschenrechtsrat setzte 2011 die Untersuchungskommission zu Syrien ein, um Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen internationales Recht zu dokumentieren. Das Assad-Regime verweigert die Kooperation mit den Ermittlern.

kle/ack (afp, epd, dpa)