Ungarn verschärft sein Asylrecht
6. Juli 2015Die Regierungskoalition aus der Fidesz-Partei, den Christdemokraten und der Rechtsaußenpartei Jobbik ließ sich durch die Kritik der Vereinten Nationen und von Menschenrechtsaktivisten nicht beirren und stimmte der verschärften Neuregelung zur Aufnahme von Flüchtlingen zu. Das Gesetz bildet die rechtliche Grundlage für die Errichtung eines 175 Kilometer langen Zauns an der südlichen Grenze zu Serbien. Der Zaun soll helfen, die illegale Einwanderung zu stoppen. Zudem erlaubt es der Regierung in Budapest, Asylanträge von Flüchtlingen abzulehnen, die über andere sichere Länder nach Ungarn eingereist sind. Ferner schränkt die Novelle den Zeitraum zur Überprüfung von Asylansprüchen ein. Demnach dürfen die zuständigen Behörden Asylanträge künftig ablehnen, wenn ein Antragsteller die zugewiesene Unterkunft länger als 48 Stunden ohne Genehmigung verlassen hat.
Die Vereinten Nationen und der Europarat hatten die Gesetzespläne mit der Begründung gerügt, sie schränkten den Schutz von Flüchtlingen ein. Erst am Freitag hatte der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muiznieks, hat die ungarischen Pläne scharf kritisiert. Die Novelle wäre ein "schwerer Schlag" gegen den Flüchtlingsschutz, der "eine der wichtigsten Errungenschaften demokratischer Gesellschaften" sei, postete Muiznieks auf Facebook. Diese Flüchtlinge seien vor Krieg und Verfolgung geflohen und bräuchten Solidarität statt Ablehnung. Muiznieks hatte zuletzt auch die Ankündigung der rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban verurteilt, an der Grenze zu Serbien einen vier Meter hohen Zaun gegen Asylsuchende zu errichten.
Acht Millionen Euro Hilfe
Angesichts der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen in Ungarn sagte die EU-Kommission Ungarn Ende Juni finanzielle Hilfe und die Entsendung von Experten zu. Der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, sagte in Budapest, dafür seien knapp acht Millionen Euro vorgesehen. Avramopoulos betonte nach einem Treffen mit Außenminister Peter Szijjarto, Ungarn sei ein "Frontstaat", der ebenso unter Druck stehe wie Italien und Griechenland. Europa werde Mitgliedsländer, die als Frontstaaten gelten, "immer unterstützen".
Ungarn sieht sich seit einiger Zeit mit der Ankunft zehntausender Flüchtlinge konfrontiert. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, aber auch aus dem Kosovo. Sie erreichen Ungarn meist über das Nachbarland Serbien und wollen anschließend oft weiter nach Deutschland, Österreich oder in nordeuropäische Länder. Während 2012 rund 2000 Flüchtlinge nach Ungarn kamen, waren es nach amtlichen Angaben zwischen dem 1. Januar und dem 22. Juni 2015 mehr als 60.000 Menschen.
kle/uh (rtr, ape, kna, dpa, afp)