Unglück in Soma: Trauer, Wut und Anteilnahme
Nach dem verheerenden Grubenunglück in der Türkei gibt es kaum noch Hoffnung, weitere Überlebende zu finden. Unterdessen wächst in der Bevölkerung die Wut auf die Minenbetreiber und die türkische Regierung.
Berater tritt zu
Am Rande des Besuchs des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Soma sorgte eine Szene für besondere Aufregung: Fotos zeigen, wie der persönliche Berater Erdogans, Yusuf Yerkel, auf einen am Boden liegenden Demonstranten eintritt. Eine Entschuldigung Yerkels gab es nicht. Stattdessen versuchte er, sein Verhalten zu rechtfertigen.
Erdogan beschwichtigt
Erdogan wurde an der Unglücksstelle mit Buhrufen empfangen. Seine Partei AKP soll im Parlament erst vor wenigen Wochen den Versuch der Opposition abgelehnt haben, Zwischenfälle in der Kohlegrube zu untersuchen. Für Empörung sorgen Äußerungen Erdogans, dass solche Unglücke im Bergbau üblich seien. Zudem gibt es Berichte, auch Erdogan selbst sei in Soma in Handgreiflichkeiten verwickelt gewesen.
Worte des Trostes
Gemäßigtere Töne traf der türkische Staatspräsident Abdullah Gül. Gemeinsam mit dem türkischen Parlamentspräsidenten Cemil Cicek besuchte er einen Überlebenden des Unglücks in einem Krankenhaus in Soma. Gül sprach von einem "großen Unglück" und sicherte eine Überprüfung der Sicherheitsbestimmungen zu, um weitere derartige Unfälle zu verhindern.
Massenproteste gegen die Regierung
In vielen Städten der Türkei gehen Menschen auf die Straße. Sie demonstrieren gegen die Regierung von Ministerpräsident Erdogan und die Betreiber der Kohlegrube. Die Gewerkschaften riefen nach dem Unglück zu landesweiten Streiks auf.
Die Polizei greift ein
Die Polizei geht teils massiv gegen die Demonstranten vor. Wie hier in Istanbul werden Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse gegen die aufgebrachte Menge eingesetzt.
Profit vor Sicherheit?
Das Bergwerk im Westen der Türkei gilt nach Angaben von Gewerkschaftern schon länger als unsicher. Sie werfen der Betreibergesellschaft Soma Kömür vor, die Sicherheit der Arbeiter dem Profit geopfert zu haben. Das Unglück sei kein Schicksal, sondern von Menschen verschuldet. Kani Beko, Vorsitzender des Gewerkschaftsdachverbandes Disk, spricht gar von "Massenmord".
Weniger Vermisste
Die türkische Regierung korrigierte die Anzahl der noch vermissten Männer inzwischen drastisch nach unten. Energieminister Taner Yildiz sprach am Freitag - drei Tage nach der Katastrophe - von nur noch 18 Vermissten. Zuvor war in offiziellen Angaben stets von mehr als 100 Bergleuten die Rede, nach denen noch gesucht werde.
Ohnmächtiger Schmerz
Bei den Angehörigen, die am Ort des Unglücks ausharren, mischt sich die Trauer um die Toten mit Wut auf die Betreibergesellschaft und die Politik. Für die noch eingeschlossenen Arbeiter gibt es kaum noch eine Überlebenschance.
Grab neben Grab
In Soma werden die ersten Todesopfer beerdigt. Viele Menschen versammeln sich zu den Trauerfeiern, die meist parallel stattfinden. Nach islamischem Glauben sollen Verstorbene innerhalb eines Tages bestattet werden. Das Gesicht der Toten weist dabei Richtung Mekka.
Weltweite Anteilnahme
Weltweit drücken Politiker ihre Anteilnahme aus. Die deutsche Kanzlerin etwa schreibt an den türkischen Regierungschef Erdogan: "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünschen wir eine rasche und vollständige Genesung." Deutschland stehe in diesen schweren Stunden eng an der Seite der Türkei.
Kumpel im Ruhrgebiet trauern
Das Ruhrgebiet im Westen Deutschlands war einst das Herz des deutschen Bergbaus. Heute gibt es hier aber nur noch zwei aktive Zechen. Viele der Kumpel "im Revier" haben türkische Wurzeln. "Unsere Gedanken sind bei den noch vermissten Bergarbeitern, bei den Verletzten und bei ihren Familien", teilten Vorstand und Betriebsrat der Betreibergesellschaft RAG mit.