1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Helfer kochen vor Wut über Hotspots

22. März 2016

Es ist die häßliche Seite des EU-Türkei-Deals, die die UN-Organisation und Ärzte ohne Grenzen anprangern: Die Hotspots in Griechenland, vor allem das Lager Moria auf Lesbos, würden de facto zu Flüchtlingsgefängnissen.

https://p.dw.com/p/1IHZB
Flüchtlingslager Moria auf Lesbos (Fot: Reuters/A. Konstantinidis)
Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Aus Protest gegen den EU-Türkei-Pakt hat das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) seine Arbeit in mehreren Lagern in Griechenland eingestellt. Betroffen seien jene der als "Hotspots" bezeichneten Aufnahmelager, die aufgrund des Deals mit der Türkei seit dem Wochenende de facto in Internierungslager umgewandelt worden seien, erklärte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming in Genf. "Den Menschen wird nicht mehr erlaubt, die Lager zu verlassen, sie sind eingesperrt", sagte Fleming Reportern. "Das verstößt gegen Grundsätze des UNHCR."

Medizinische Versorgung geht - indirekt - weiter

Die UN-Organisation habe auch ihre Hilfe bei der Beförderung von Flüchtlingen eingestellt, die zum Auffanglager Moria auf Lesbos gebracht werden. Indirekt unterstütze man aber weiterhin die medizinische Versorgung. UNHCR-Mitarbeiter würden zudem vor Ort kontrollieren, ob Griechenland die Rechte von Asylbewerbern respektiert, so Fleming weiter.

Im Lager Moria auf Lesbos, einem ehemaligen Gefängnis, sollen Migranten bis zu den geplanten Rückführungen in die Türkei festgehalten werden. Die EU und die Türkei haben vereinbart, dass alle ab dem 20. März in Griechenland ankommenden Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden. Zuvor müssen diese registriert und ihre Asylanträge aufgenommen werden. Griechenland fehlt dafür aber auf den Inseln Infrastruktur und Personal. Die Rückführungen sollen planmäßig am 4. April starten.

Flüchtlinge warten im Lager Moria vor der Registrierungsstelle (Foto: Reuters/A. Konstantinidis)
Flüchtlinge warten im Lager Moria vor der RegistrierungsstelleBild: Reuters/A. Konstantinidis

"Wenn das keine Haftanstalt ist, was ist es dann?"

Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen will ihre Arbeit im Lager Moria noch an diesem Dienstag einstellen. "Frauen, Kinder, ganze Familien dürfen dort nun nicht mal mehr ihre Baracken verlassen. Wenn das keine Haftanstalt ist, was ist es dann?", fragte ein Sprecher der Organisation im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Bisher hatten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in dem Auffanglager die hygienische und medizinische Versorgung übernommen.

Derweil kritisierte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dass es im EU-Türkei-Flüchtlingspakt keine Aussagen zum Umgang mit Minderjährigen gebe. Auf der Fluchtroute nach Griechenland seien auch unbegleitete Kinder unterwegs, die versuchten, zu ihren Eltern zu gelangen, erklärte UNICEF-Sprecherin Sarah Crowe. Es könne nicht angehen, dass sie allein in die Türkei zurückgebracht werden.

Blick auf das Lager Moria, ein ehemaliger Gefängniskomplex (Foto: Reuters/A. Konstantinidis)
Blick auf das Lager Moria, ein ehemaliger GefängniskomplexBild: Reuters/A. Konstantinidis

Tsipras zu Merkel: Griechenland braucht Personal

Unterdessen bekräftigte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras, dass sein Land dringend Personal für die Umsetzung des Flüchtlingspaktes der EU mit der Türkei brauche. Entsprechend äußerte sich Tsipras in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie eine griechische Regierungssprecherin in Athen mitteilte. Zudem habe Tsipras betont, es müsse Druck auf die Türkei ausgeübt werden, den Schleusern das Handwerk zu legen. Auch der NATO-Einsatz in der Ägäis müsse verstärkt werden, hieß es.

Tsipras hatte in den vergangenen Tagen erklärt, dass Griechenland mindestens 2300 Experten brauche, darunter Dolmetscher, Sicherheitsleute und Asylexperten. Der Flüchtlingspakt sieht vor, dass in Griechenland aus der Türkei illegal eingereiste Migranten vom 4. April an zurück in die Türkei gebracht werden. Alle Asylsuchenden erhalten eine Einzelfallprüfung. Nur wer nachweisen kann, dass er in der Türkei verfolgt wird, darf in Griechenland bleiben. Nach dem 4. April soll auch die Umsiedelung von bis zu 72.000 syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen aus der Türkei nach Europa beginnen.

sti/se (afp, dpa, rtr)